Ein Symptom, viele Ursachen |
Flohsamen dienen als Basistherapie zur Stuhlerweichung. / Foto: Adobe Stock/Stefan_Weis
Wichtige Basistherapie eines Hämorrhoidalleidens, aber auch der meisten Hautprobleme im Analbereich ist die verbesserte Stuhlregulation, Defäkation und Hygiene in der Analregion. Für einen weichen, aber geformten Stuhl ist eine ausreichende Trinkmenge von täglich zwei bis drei Litern erforderlich (cave: Patienten mit Herz- oder Nierenproblemen) sowie eine ballaststoffreiche Ernährung ergänzt durch Quellmittel wie Flohsamen, Trockenfrüchte oder Sauermilchprodukte. Die Defäkation sollte ohne Pressen möglich sein. Ebenso sollte der Patient zu langes Sitzen bei der Stuhlentleerung vermeiden (keine Zeitungslektüre).
Übertriebene Hygiene durch mehrfach tägliches Waschen sowie die Verwendung von feuchtem oder duft- oder farbstoffhaltigem Toilettenpapier stört die Hautbarriere und provoziert Irritationen. Besser geeignet ist einmal tägliches Waschen mit klarem Wasser, pH-neutralem Reinigungsmittel und Abtrocknen mit weichem Papier.
Kommt es bei Verstopfung zu hartem Stuhl und Pressen bei der Defäkation oder aufgrund ständiger Irritation oder Überfeuchtung zum Elastizitätsverlust der Haut, kann die Analschleimhaut einreißen: Es bilden sich Analfissuren. Typisch sind ein heller stechender Schmerz, Brennen nach der Stuhlentleerung, reflektorischer Krampf des Schließmuskels, Juckreiz und vereinzelt hellrote Blutauflagerung.
Verschwinden die Beschwerden sehr schnell, vermeidet der Patient in der Regel den Arztbesuch. Trotzdem kann der Hämorrhoidalplexus geschädigt sein. Entzündungen, Marisken oder Hämorrhoidalleiden sind die Folge.
Die Basistherapie der akuten Analfissur umfasst Sitzbäder, zum Beispiel mit Kamille oder synthetischen Gerbstoffen, und die Stuhlregulierung (Tabelle). Stickstoffmonoxid und Calciumantagonisten (Nifedipin, Diltiazem) in topischer Anwendung entspannen den Schließmuskelring und verbessern die Durchblutung, Lokalanästhetika (Lidocain, Procain) nehmen den Schmerz. Da der Behandlungserfolg umso höher ist, je eher damit begonnen wird, sollte das Apothekenpersonal beim Kauf von Hämorrhoidalia sensibel die Grenzen der Selbstmedikation abklären.
Analer Juckreiz | Therapie (Wirkstoffbeispiele) | Ursache |
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Hämorrhoidalleiden | Proktologika, Lokalanästhetika (Lidocain, Procain), Operation | Veränderung des Hämorrhoidalplexus |
Analfissuren | Sitzbäder (Kamille, Gerbstoffe), Topika mit Nifedipin oder Diltiazem, Lokalanästhetika (Lidocain, Procain), Operation | Obstipation, Pressen bei der Defäkation, Elastizitätsverlust der Analschleimhaut durch Irritation und Überfeuchtung |
sekundäre Marisken | Sitzbäder (Gerbstoffe, Kamille), weiche Zinksalbe, Lokalanästhetika | chronische Analfissur |
irritatives Analekzem | Corticoid-haltige Topika (Hydrocortisonacetat, Prednisolonacetat, Triamcinolonacetonid, Hydrocortisonbutyrat, Fluprednidenacetat)weiche Zinksalbe,Sitzbäder (Meersalz, Gerbstoffe) | mechanische und/oder chemische Reizung, Hämorrhoidalleiden |
atopisches Analekzem | Corticoid-haltige Topika (Triamcinolonacetonid, Hydrocortisonbutyrat, Fluprednidenacetat, Prednicarbat, Betamethasonvalerat, Fluocinolonacetonid, Fluocinonid)Calcineurin-Inhibitoren (Pimecrolimus, Tacrolimus) | IgE-vermittelten Allergie vom Soforttyp, erhöhte Disposition bei atopischer Dermatitis, Heuschnupfen |
allergisches Analekzem | weiche Zinkpaste | T-Zell-Lymphozyten vermittelte Kontaktallergie vom Spättyp (Typ-IV-Allergie) durch Externa (Intimpflegemittel, Proktologika, Waschmittel) |
Psoriasis inversa | weiche Zinkpaste über sechs Wochen, Calcipotriol-haltige Topika, systemische Therapie im Off-label-Use, Corticoid-haltige Topika (Prednicarbat, Betamethasonvalerat, Fluocinolonacetonid, Fluocinonid) | Reibung, Überfeuchtung |
Herpesinfektion | topische und/oder orale Virustatika | Herpes-simplex-Virus HSV1 und -2 |
Mykose | Antimykotika (Clotrimazol) | Candida albicans |
Parasitose | Anthelminthika (Mebendazol, Pyrantel, Pyrvinium), weiche Zinkpaste | Oxyuren |
ErythrasmaStreptokokken-Dermatitis | Erythromycin lokal oder systemischsystemisch Penicillin V, Erythromycin | Corynebakterium minutissimumß-hämolysierende Streptokokken |
Lichen sclerosus | Corticoid-haltige Topika (Clobetasolpropionat) oder Calcineurin-Inhibitoren (Tacrolimus und Pimecrolimus) | autoimmunologischer Prozess |
Lichen ruber planus | Corticoid-haltige Topika (Prednicarbat, Betamethasonvalerat, Fluocinolonacetonid, Fluocinonid) | Autoimmunreaktion gegen Keratinozyten |
Heilt eine akute Analfissur unzureichend ab, kommt es zur Chronifizierung. Chronische Analfissuren, die hohen Leidensdruck erzeugen, können operativ entfernt werden. Allerdings birgt jede Operation im Analbereich ein Risiko an Folgeschäden am Hämorrhoidalplexus. Als Folge der ständigen Reizung verdickt sich das Gewebe am Rande einer chronischen Analfissur, man spricht von einer sekundären Mariske.
Marisken sind meist weiche, seltener derbe Hautlappen rund um den Afterrand. Sie kommen in unterschiedlicher Anzahl und Form vor. Für die Entstehung primärer Marisken ist keine Ursache bekannt. In der Regel ohne Symptome können bei zu derber Ausbildung der Hautfalten Jucken, Brennen und schmerzhaftes Einreißen mit kleineren Blutungen vorkommen. Die Behandlung erfolgt mit Gerbstoff-haltigen Sitzbädern, weicher Zinksalbe und bei Schmerzen mit Lokalanästhetika. Marisken müssen selten operativ entfernt werden.
Sowohl bei Analfissuren als auch bei Marisken sind bakterielle Sekundärinfektionen möglich. Da auch andere schwerwiegende Erkrankungen des Darms, zum Beispiel ein kolorektales Karzinom, mit Blutungen oder Veränderung des Stuhlgangs einhergehen, erfordern diese Symptome ebenso wie erstmals auftretende oder häufigere Beschwerden eine Differenzialdiagnose beim Arzt.
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Bei länger anhaltendem Juckreiz und wiederholt auftretenden Blutungen im Analbereich sollte differenzialdiagnostisch und histologisch an eine Präkanzerose gedacht werden. Kunden, die immer wieder eine Hämorrhoidensalbe benötigen, sollten hierfür in der Apotheke sensibilisiert werden.
Morbus Bowen ist eine bösartige Hautveränderung, die oberhalb der Basalmembran gelegen noch keine Metastasen bildet. Erst mit Durchbruch der Basalmembran kommt es nach einigen Jahren zur Bildung eines Plattenepithelkarzinoms. Auch an ein Analkarzinom ist zu denken.
Zur Früherkennung des kolorektalen Karzinoms ist die Koloskopie eine der wichtigsten Vorsorgeuntersuchungen, die ab dem 50. Lebensjahr im Zehn-Jahres-Rhythmus empfohlen wird. Kleinere Darmpolypen sind Vorstufen des Karzinoms und werden bei der Koloskopie entfernt.