Ein gar nicht so neues Antidepressivum |
Brigitte M. Gensthaler |
12.09.2022 07:00 Uhr |
Venlafaxin ist ein alter Bekannter in der antidepressiven Therapie. Für Erwachsene mit schwerer Depression ist seit Kurzem auch Desvenlafaxin auf dem Markt. / Foto: Adobe Stock/Paolese
Desvenlafaxin (Desveneurax® 50 oder 100 mg Retardtabletten, Neuraxpharm) enthält eine Methylgruppe weniger als die Muttersubstanz. Indiziert ist O-Desmethylvenlafaxin zur Behandlung der Major Depression bei Erwachsenen. Venlaxafin hingegen besetzt noch weitere Indikationen wie die Rezidivprophylaxe der schweren Depression und die Behandlung von generalisierten und sozialen Angststörungen sowie von Panikstörungen.
Die therapeutische Dosis beträgt 50 bis 200 mg Desvenlafaxin einmal täglich, mit oder unabhängig von einer Mahlzeit. Wenn klinisch erforderlich, wird die Dosis schrittweise in Intervallen von mindestens sieben Tagen erhöht. Der Patient soll die Retardtabletten etwa zur gleichen Tageszeit im Ganzen mit Flüssigkeit einnehmen und darf sie nicht teilen, kauen oder auflösen. Bei Patienten mit schwer eingeschränkter Nierenfunktion oder terminaler Niereninsuffizienz wird eine Anfangsdosis von 50 mg jeden zweiten Tag empfohlen.
Zum Vergleich: Die empfohlene Anfangsdosis für Venlafaxin retard beträgt einmal täglich 75 mg; die Maximaldosis 375 mg/Tag.
In der Regel erfordern akute Episoden einer Depression eine mehrmonatige Behandlung. Ein abruptes Absetzen der Medikation ist zu vermeiden, da Absetzsymptome auftreten können. Vielmehr soll die Dosis über eine bis zwei Wochen schrittweise reduziert werden. Soll der Patient von anderen Antidepressiva einschließlich Venlafaxin auf Desvenlafaxin umgestellt werden, kann ebenfalls eine schrittweise Dosisreduktion des zuvor angewendeten Antidepressivums erforderlich sein.
Desvenlafaxin ist ein selektiver Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (sSNRI). Vermutlich hängt die Wirksamkeit mit einer Erhöhung der Aktivität der Neurotransmitter Serotonin und Noradrenalin im Zentralnervensystem zusammen.
Die Zulassung basiert auf Studien mit 7785 erwachsenen Patienten mit Major Depression. In vier randomisierten, doppelblinden placebokontrollierten Kurzzeitstudien über acht Wochen und zwei Studien zur Rezidivprophylaxe wurden Tagesdosen von 50 bis 400 mg eingesetzt. Dabei war Desvenlafaxin Placebo überlegen, gemessen an der Verbesserung der Werte auf etablierten Skalen (HAM-D und CGI-I).
Die Fachinformation verweist zudem auf zwei Studien zum Vergleich von Desvenlafaxin und Venlafaxin retard mit Placebo. In einer Studie zeigten weder Desvenlafaxin (200 bis 400 mg/Tag) noch Venlafaxin (75 bis 150 mg/Tag) Unterschiede zu Placebo. In der zweiten Studie wurden mit retardiertem Venlafaxin (150 bis 225 mg/Tag) bessere Ergebnisse als mit Placebo erzielt, während Desvenlafaxin (200 bis 400 mg/Tag) keinen Unterschied zu Placebo ergab. In einer weiteren Studie wurden Desvenlafaxin (50 bis 100 mg/Tag) und Duloxetin (60 mg/Tag) mit Placebo verglichen. Der Neuling war mit 100 mg/Tag ähnlich wirksam wie Duloxetin und Placebo überlegen; bei einer Dosis von 50 mg/Tag unterschied er sich nicht von Placebo.
Zu den häufigsten Nebenwirkungen (mehr als jeder zehnte Patient) zählen Schlaflosigkeit, Schwindel, Kopfschmerzen, Übelkeit, Mundtrockenheit, Verstopfung und Hyperhidrose. Bei Männern kam es häufig zu erektiler Dysfunktion und verzögerter Ejakulation.