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Astra-Zeneca-Impfstoff

»Durcheinander bei den klinischen Studien«

Kommt er oder kommt er nicht? In wenigen Tagen entscheidet die EMA über die Zulassung des Vektorimpfstoffs von Astra-Zeneca gegen das SARS-Coronavirus-2 in der EU. Doch die klinischen Studien wurden schlampig gemacht, rügt Professor Dr. Theo Dingermann und spricht von einem »heillosen Durcheinander«.
Brigitte M. Gensthaler
27.01.2021  17:00 Uhr

»Ich finde die Zulassungsunterlagen der britischen Zulassungsbehörde erschreckend«, sagte Dingermann beim gestrigen 10. PZ-Pharma4u-Webcast und zitierte etliche Passagen aus dem Zulassungsdokument (Public Assessment Report) der Medicines & Healthcare products Regulatory Agency (MHRA). Angesichts grober Mängel hoffe er jedoch, dass der Impfstoff in der EU nicht oder nur mit großen Einschränkungen zugelassen wird. »Eventuell läuft der Antrag bei der EMA nicht so glatt durch wie bei der britischen Zulassungsbehörde«, meinte PZ-Senior Editor Dingermann.

Zur Erinnerung: In Großbritannien ist die »COVID-19 Vaccine AstraZeneca« für den vorübergehenden Einsatz seit 29. Dezember 2020 zugelassen zur aktiven Immunisierung von Personen ab 18 Jahren zur Prävention der Covid-19-Erkrankung. Es gibt keine Altersbegrenzung nach oben. Die Vakzine wird zweimal intramuskulär injiziert, und zwar nach dem ursprünglichen Schema, also mit gleicher Prime- und Boost-Dosis (jeweils 0,5 ml mit 5 x 1010 viralen Partikeln) im Abstand von 28 Tagen.

In den vergangenen Tagen haben Medienberichte über eine angeblich geringe Wirksamkeit der Adenovektor-basierten Vakzine AZD1222 bei älteren Menschen für viel Wirbel gesorgt. Der britisch-schwedische Pharmahersteller Astra-Zeneca wehrte sich energisch und auch das Bundesministerium für Gesundheit wies diese Berichte mit dem Hinweis auf eine Verwechslung von Daten zurück.

Auch Dingermann kritisierte die Fehlinformationen in einigen großen Medien, nahm diese jedoch zum Anlass, die MHRA-Dokumentation genauer unter die Lupe zu nehmen, wie er beim Webcast berichtete. »Viel relevanter ist: In den klinischen Studien ist ein brutaler Fehler passiert!«

Wie die PZ Ende November 2020 berichtete, gab es in zwei Studien, die in Großbritannien und in Brasilien gelaufen sind, eine peinliche Panne. In der britischen Studie wurde als Prime-Dosis irrtümlich nur die halbe Dosis (LD) der Vakzine AZD1222 gegeben, während die Studiengruppe in Brasilien protokollgemäß die Standarddosis (SD) bekam. Die Boost-Impfung verlief jeweils korrekt.

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