Dünn, dünner, Diarrhö |
In der symptomatischen Behandlung von akuten Durchfällen ist der synthetische Opioidrezeptoragonist Loperamid die Nummer 1 unter den Antidiarrhoika. Loperamid bindet an Opioidrezeptoren in der Darmwand und hemmt so die Freisetzung von Acetylcholin und Prostaglandinen. Durch die damit verbundene Minderung der propulsiven Peristaltik wird die Resorption von Wasser und Elektrolyten begünstigt, die Stuhlfrequenz verringert und die Stuhlkonsistenz erhöht. Zudem werden durch eine Steigerung des Analsphinktertonus Stuhlinkontinenz und Stuhldrang verringert (6).
Im Erwachsenenalter haben sich gemäß Fachinformationen der Hersteller zu Beginn der Behandlung 4mg Loperamidhydrochlorid und dann nach jedem ungeformten Stuhl 2mg bewährt. Die Tageshöchstdosis beträgt 12mg.
Für Kinder älter als acht Jahre werden bei akuten Durchfällen zu Beginn der Behandlung und nach jedem ungeformten Stuhl 2mg Loperamidhydrochlorid als geeignet genannt. Die tägliche Dosis von 8mg sollte nicht überschritten werden. Bei Kindern zwischen zwei und acht Jahren beträgt die empfohlene Dosierung 0,04mg Loperamidhydrochlorid pro kg Körpergewicht täglich. Bei Kindern unter zwei Jahren gilt Loperamid als kontraindiziert. Für die Selbstmedikation kommen nur Patienten ab zwölf Jahren infrage.
Stets ist bei der Abgabe von Loperamid auf die Möglichkeit von Wechselwirkungen mit Arzneistoffen wie Chinidin und Ritonavir, Itraconazol, Gemfibrozil oder Ketoconazol zu verweisen, die Einfluss auf das p-Glykoprotein beziehungsweise den p-Glykoprotein-Transporter haben. Bei gleichzeitiger Einnahme zum Beispiel von Verapamil, Doxepin oder Ketoconazol kann Loperamid verstärkt die Blut-Hirn-Schranke überwinden und zentralnervöse Wirkungen wie Übelkeit, Atemdepression und Euphorie auslösen.
Auch hohes Fieber und Darmerkrankungen wie Ileus oder ein (toxisches) Megakolon, also eine mit chronischer Verstopfung einhergehende Erweiterung des Dickdarms, zum Beispiel als Begleiterscheinung von Clostridioides-difficile-Infektionen, stellen Kontraindikationen für den Einsatz von Loperamid dar. Bei bakteriellen Darminfektionen unter anderem durch Salmonellen, Shigellen und Campylobacter wird Loperamid nicht uneingeschränkt empfohlen (7).
Falls in der Schwangerschaft aufgrund einer akuten Diarrhö eine medikamentöse Hemmung der Darmmotilität indiziert ist, kann kurzfristig Loperamid zum Einsatz kommen. / Foto: Adobe Stock/Pormezz
In der Schwangerschaft und Stillzeit macht eine akute Diarrhö gemäß des Pharmakovigilanz- und Beratungszentrums für Embryonaltoxikologie der Charité Universitätsmedizin Berlin (www.embryotox.de) nur selten eine Behandlung erforderlich, die über diätetische Maßnahmen hinausgeht. Falls tatsächlich eine medikamentöse Hemmung der Darmmotilität indiziert ist, kann Loperamid zum Einsatz kommen. Eine Langzeittherapie sollte während der Schwangerschaft vermieden werden (8).
Als sogenanntes Prodrug, das im Körper durch hydrolytische Spaltung zu Thiorphan umgewandelt wird, das wiederum als Enkephalinase-Hemmer in die Flüssigkeitsregulierung des Darms eingreift, ist Racecadotril als »Durchfallstopper« bekannt.
Enkephalinasen sind Enzyme, die als Neurotransmitter im Magen-Darm-Trakt wirkende Enkephalin-Opioidpeptide abbauen. Sie aktivieren Delta-Opioidrezeptoren mit der Konsequenz, dass der cAMP-Spiegel sinkt und die Sekretion von Wasser und Elektrolyten gemindert wird. Werden diese Enzyme gehemmt, bleibt der antisekretorische Effekt der Enkephaline in der Darmschleimhaut länger bestehen und der Stuhl dickt ein. Racecadotril ist mit 100mg pro Kapsel zur Selbstmedikation nur für Erwachsene erhältlich (9).
Gilt diese Dosierung für Säuglinge, Kinder und Jugendliche als zu hoch, so stehen für kleine und junge Patienten spezielle Formulierungen wie niedriger dosierte Granulate zur Herstellung einer Suspension zum Einnehmen oder auch spezielle Filmtabletten zur Verfügung. Sie können für Kinder ab drei Monaten verwendet werden, unterliegen aber zum Teil der Verschreibungspflicht. Für Kinder ab dem vollendeten 12. Lebensjahr und mindestens 27kg Körpergewicht wurde Racecadotril im März 2016 aus der Verschreibungspflicht entlassen. Allerdings gibt es bis heute kein Präparat zur Abgabe an die jungen Patienten ohne Rezept in der Apotheke.
Zwar haben tierexperimentelle Untersuchungen laut Hersteller keine Hinweise auf schädliche Auswirkungen auf Schwangerschaft, Fertilität, Entwicklung des Embryos, Geburt oder postnatale Entwicklung gezeigt. Da jedoch keine klinischen Studien verfügbar sind, sollte Racecadotril bei Schwangeren nicht angewendet werden. Informationen zum Übergang in die Muttermilch fehlen, der Hersteller rät vom Einsatz in der Stillzeit ab (10).