Dünn, dünner, Diarrhö |
Stichwort »Spezifische Arzneimittel als Auslöser einer akuten Diarrhö«: Mehr als 500 Wirkstoffe kommen hier infrage, wobei die Antibiotika-assoziierte Diarrhö (AAD) zu den häufigsten Arzneimittel-induzierten Durchfällen zählt. Allein der Einsatz von Breitspektrum-Antibiotika wie Ampicillin, Amoxicillin, Cefuroxim oder Clindamycin geht in etwa 5 bis 25Prozent der Fälle mit einer akuten Diarrhö einher, da diese die Zusammensetzung der Darmflora verändern und so die Verdauung einzelner Nahrungsbestandteile stören. Die verminderte mikrobielle Fermentation der Kohlenhydrate führt zu einer durch Veränderung der Osmose bedingten wässrigen Diarrhö.
Auch ist die Gefahr der Entstehung einer inflammatorischen Diarrhö und Enterocolitis gegeben. Zudem kann es zu einem übermäßigen Wachstum pathogener Keime wie Clostridioides difficile als Ursache für circa 20 Prozent aller Antibiotika-assoziierten Durchfallerkrankungen kommen (15).
Klagt der Patient über Bauchkrämpfe und Durchfälle mit schleimig grünlich-wässrigem, übelriechendem Inhalt, so ist er umgehend an den Arzt zu verweisen, da sich ein toxisches Megakolon mit nicht selten letalem Verlauf entwickeln kann. Gegebenenfalls muss der Arzt einen Wechsel oder ein Pausieren der ursprünglich angesetzten Antibiotika erwägen. Zur Elimination des Keims Clostridioides difficile ist zumeist die adäquate Antibiose unter ärztlicher Aufsicht in der Klink erforderlich.
Dringender Handlungsbedarf besteht auch bei einer Chemotherapie-induzierten Diarrhö (CID), zum Beispiel infolge der Gabe klassischer (5-Fluorouracil et cetera) oder auch sogenannter gezielter Zytostatika (Tyrosinkinase-Inhibitoren et cetera). Erweist sich Loperamid auch in deutlich höheren Dosierungen als unzulänglich, kann die gleichzeitige Applikation von Octreotid sinnvoll sein.
Als kurzwirksames Somatostatin-Analogon verringert Octreotid die intestinale Mobilität und den Wasser- und Elektrolyttransport. Zugelassen ist der Wirkstoff zur symptomatischen Behandlung von Diarrhöen bei endokrin aktiven Tumoren, nicht jedoch zur Therapie der Chemotherapie-
induzierten Diarrhö. Hier kommt er off label zum Einsatz. Oftmals ist die intravenöse Rehydratation im Rahmen eines stationären Aufenthaltes unumgänglich (16).
Auch selektive Serotonin-Reuptake-Inhibitoren (SSRI) und hier vor allem Citalopram, Escitalopram, Fluoxetin, Paroxetin und Sertralin sowie zudem Lithium oder Carbamazepin führen sehr häufig zu einer akuten Diarrhö. Selbst in der Phase der Aufdosierung: Patienten, die schwere Durchfälle entwickeln, sollten die SSRI-Therapie keinesfalls selbstständig absetzen. Vielmehr muss neben der symptomorientierten Behandlung mit Loperamid und Elektrolytlösungen umgehend der behandelnde Arzt hinzugezogen werden, der eine entsprechende Umstellung oder Anpassung der SSRI-Therapie erwägen wird.
Zu anhaltendem Durchfall kann durch serotonerge Effekte und somit Malabsorptionen auch die Gabe von Metformin bei Diabetes mellitus Typ 2 und Übergewicht führen, von der 10 bis 53 Prozent der Patienten betroffen sind. Um einer Diarrhö vorzubeugen, sollte Metformin zunächst niedrig dosiert (500mg bis 850mg) zwei- bis dreimal pro Tag eingenommen werden. Eine Dosissteigerung sollte frühestens nach sieben bis zehn Tagen erfolgen. Ebenfalls verbessert dieEinnahme der Tabletten zu einer Mahlzeit die gastrointestinale Verträglichkeit.
Zu Durchfällen kann es insbesondere bei der Umstellung von einem Metformin-Präparat auf ein anderes (Generikum) aufgrund gegebenenfalls höherer Resorptionsraten des Wirkstoffs kommen. Eine rein symptomatisch ausgerichtete antidiarrhoische Therapie ist wenig zielführend. Ein Wechsel zum ursprünglich verordneten Präparat sichert die Adhärenz in der Metformin-Therapie und behebt meist die unerwünschten Effekte (16).
Last but not least ist zu bedenken, dass auch ein übermäßiger Gebrauch von Laxanzien oder Magnesium-Präparaten Ursache für einen unspezifischen Durchfall sein kann. Auch hier gilt es, Betroffene, die dem Irrglauben »viel hilft viel« unterliegen, entsprechend zu informieren und aufzuklären und für das richtige Maß zu sensibilisieren.
Es wurde bereits gesagt, soll jedoch noch einmal betont werden: Alter und Kindheit sind (Risiko-)Faktoren, die im Fall einer akuten Diarrhö besonderes Risikobewusstsein erfordern.