Dünn, dünner, Diarrhö |
Zur Selbstmedikation einer akuten unspezifischen Diarrhö sind des Weiteren als Adsorbenzien medizinische Kohle und Heilerde beziehungsweise Präparate mit den Wirkstoffen Tanninalbuminat und Ethacridinlactat-Monohydrat oder auch – gerade für Kinder ab zwei Jahren – mit Pektin aus Äpfeln und Kamillenblüten-Extrakt zugelassen (11).
Hat medizinische Kohle adsorbierende Eigenschaften, so bindet sie verschiedene organische und anorganische Stoffe, Bakterien, Bakterientoxine und Gifte und führt diese über den Stuhl der Ausscheidung zu. Die Datenlage zur Anwendung in hohen Dosierungen als Antidot, zum Beispiel bei Intoxikationen mit Schwermetallen und zur Entgiftung bei diversen Intoxikationen (Opiate, Salicylate, Anticholinergika, Paracetamol, Acetylcystein etcetera), ist belegt. Darauf beruht die Aufnahme von medizinischer Kohle in das Notfalldepot einer jeden Apotheke (12).
Die Studienlage zum Einsatz medizinischer Kohle bei akuter Diarrhö bei Erwachsenen ist jedoch widersprüchlich und von mangelnder Qualität gekennzeichnet. Zur Behandlung der unspezifischen Diarrhö wird medizinische Kohle von der WHO nicht empfohlen, weil deren alleinige Anwendung die Dauer der Erkrankung nicht nennenswert reduziere und die Dehydrierung und den Elekrolytverlust nicht verhindere.
Gleiches gilt für Heilerde. Auch hier wird die Studienlage von Experten als mangelhaft umschrieben. So oder so: Vorsicht sei beim Einsatz von Adsorbenzien dennoch angesichts der Tatsache angebracht, dass von etwaigen Adsorptionseffekten auch Arzneistoffe wie Herzglykoside oder Antibiotika betroffen sind und es zu Interaktionen kommen könnte. Daher sollte stets ein zweistündiger Einnahmeabstand eingehalten werden.
Trinken, trinken, trinken, also Flüssigkeitszufuhr gegebenenfalls auch in Form von Kamillen-, Pfefferminz- oder Fencheltee ist Haupt-Parole. / Foto: Imago Images/Westend61
Bei leichten Formen von Durchfallerkrankungen setzen manche Patienten zudem auf Präparate auf der Basis traditioneller Heilpflanzen wie Uzarawurzel mit den Cardenolid-Glykosiden Uzarin und Xysmalorin, denen eine spasmolytische und motilitätshemmende Wirkung zugeschrieben wird, sowie auf gerbstoffhaltige und somit adstringierende Produkte und Teedrogen auf der Basis von Heidelbeer- und Brombeerblättern, teils ebenfalls in Kombination mit Ethacridinlactat.
Wenn die Studienlage auch hier widersprüchlich ist und gesicherte Wirksamkeitsnachweise nicht existieren: Es gilt die Devise »Wer heilt, hat recht«. Keinesfalls jedoch dürfen Uzarawurzel-haltige Präparate bei Senioren zum Einsatz kommen, die Chinidin, Digitalisglykoside, Glucocorticoide oder auch Calcium in Nahrungsergänzungsmitteln einnehmen.
Wie der rote Fingerhut enthalten auch Extrakte aus der Uzarawurzel der in Südafrika heimischen Staude Xysmalobium undulatum herzwirksame Glykoside, zum Beispiel Uzarigenindiglucosid. Bei paralleler Gabe kann es zu unerwünschten Wirkungen, unter anderem zu Übelkeit und Erbrechen, beziehungsweise zu einer Steigerung der herzwirksamen Arzneimittelwirkungen kommen.
Die Einnahme von Probiotika (Lactobacillus rhamnosus GG, Saccharomyces boulardii et cetera) bewirkt studiengemäß eine Verkürzung der Krankheitsdauer von etwa einem Tag und kann in Erwägung gezogen werden. Erschwert wird eine eindeutige Empfehlung durch die hohe Diversität der eingesetzten Bakterienstämme und die Inhomogenität der Studien. Trotz der geringen Evidenz empfiehlt die »European Society for Paediatric Gastroenterology Hepatology and Nutrition« in ihrer Leitlinie die Gabe von Lactobacillus rhamnosus GG und Saccharomyces boulardii (14).
Diätetische Maßnahmen wie die Zufuhr von leicht gesüßtem Kamillen-, Pfefferminz- oder Fencheltee sowie von leicht verdaulicher, fettarmer Nahrung oder von Salzgebäck, geriebenem Apfel oder Bananenbrei können hilfreich sein. Zur Flüssigkeitszufuhr sind stille Mineralwässer oder auch Leitungswasser geeignet.
Um eine Übertragung der auslösenden Keime auf andere Personen zu verhindern, sollten sich Patienten nach jedem Toilettengang die Hände ausgiebig mit Wasser und Seife waschen. Ebenfalls sollte, wenn möglich, das Handtuch zum Abtrocknen der Hände nur von einer Person genutzt werden. Zum Schutz von Angehörigen sollten in gemeinsamen Haushalten konsequent auch die Türklinken desinfiziert werden, um eine Verbreitung der krank machenden Keime zu verhindern.