Pharmazeutische Zeitung online Avoxa
whatsApp instagram facebook bluesky linkedin xign
Durchfall

Dünn, dünner, Diarrhö

Ob Säuglinge, Kinder, Erwachsene oder Senioren: Jedes Jahr sind in Deutschland etwa 65 Millionen Menschen von einer akuten Diarrhö betroffen. Der Apotheker muss nicht nur mögliche Ursachen, sondern auch die Grenzen der Selbstmedikation (er-)kennen, um evidenzbasierte Therapieoptionen aufzeigen zu können sowie – wenn angezeigt – an den Arzt zu verweisen.
AutorKontaktDaniel Finke
Datum 08.09.2022  08:00 Uhr

Einsatz von Adsorbenzien

Zur Selbstmedikation einer akuten unspezifischen Diarrhö sind des Weiteren als Adsorbenzien medizinische Kohle und Heilerde beziehungsweise Präparate mit den Wirkstoffen Tanninalbuminat und Ethacridinlactat-Monohydrat oder auch – gerade für Kinder ab zwei Jahren – mit Pektin aus Äpfeln und Kamillenblüten-Extrakt zugelassen (11).

Hat medizinische Kohle adsorbierende Eigenschaften, so bindet sie verschiedene organische und anorganische Stoffe, Bakterien, Bakterientoxine und Gifte und führt diese über den Stuhl der Ausscheidung zu. Die Datenlage zur Anwendung in hohen Dosierungen als Antidot, zum Beispiel bei Intoxikationen mit Schwermetallen und zur Entgiftung bei diversen Intoxikationen (Opiate, Salicylate, Anticholinergika, Paracetamol, Acetylcystein etcetera), ist belegt. Darauf beruht die Aufnahme von medizinischer Kohle in das Notfalldepot einer jeden Apotheke (12).

Die Studienlage zum Einsatz medizinischer Kohle bei akuter Diarrhö bei Erwachsenen ist jedoch widersprüchlich und von mangelnder Qualität gekennzeichnet. Zur Behandlung der unspezifischen Diarrhö wird medizinische Kohle von der WHO nicht empfohlen, weil deren alleinige Anwendung die Dauer der Erkrankung nicht nennenswert reduziere und die Dehydrierung und den Elekrolytverlust nicht verhindere.

Gleiches gilt für Heilerde. Auch hier wird die Studienlage von Experten als mangelhaft umschrieben. So oder so: Vorsicht sei beim Einsatz von Adsorbenzien dennoch angesichts der Tatsache angebracht, dass von etwaigen Adsorptionseffekten auch Arzneistoffe wie Herzglykoside oder Antibiotika betroffen sind und es zu Interaktionen kommen könnte. Daher sollte stets ein zweistündiger Einnahmeabstand eingehalten werden.

Bei leichten Formen von Durchfallerkrankungen setzen manche Patienten zudem auf Präparate auf der Basis traditioneller Heilpflanzen wie Uzarawurzel mit den Cardenolid-Glykosiden Uzarin und Xysmalorin, denen eine spasmolytische und motilitätshemmende Wirkung zugeschrieben wird, sowie auf gerbstoffhaltige und somit adstringierende Produkte und Teedrogen auf der Basis von Heidelbeer- und Brombeerblättern, teils ebenfalls in Kombination mit Ethacridinlactat.

Wenn die Studienlage auch hier widersprüchlich ist und gesicherte Wirksamkeitsnachweise nicht existieren: Es gilt die Devise »Wer heilt, hat recht«. Keinesfalls jedoch dürfen Uzarawurzel-haltige Präparate bei Senioren zum Einsatz kommen, die Chinidin, Digitalisglykoside, Glucocorticoide oder auch Calcium in Nahrungsergänzungsmitteln einnehmen.

Wie der rote Fingerhut enthalten auch Extrakte aus der Uzarawurzel der in Südafrika heimischen Staude Xysmalobium undulatum herzwirksame Glykoside, zum Beispiel Uzarigenindiglucosid. Bei paralleler Gabe kann es zu unerwünschten Wirkungen, unter anderem zu Übelkeit und Erbrechen, beziehungsweise zu einer Steigerung der herzwirksamen Arzneimittelwirkungen kommen.

Die Einnahme von Probiotika (Lactobacillus rhamnosus GG, Saccharomyces boulardii et cetera) bewirkt studiengemäß eine Verkürzung der Krankheitsdauer von etwa einem Tag und kann in Erwägung gezogen werden. Erschwert wird eine eindeutige Empfehlung durch die hohe Diversität der eingesetzten Bakterienstämme und die Inhomogenität der Studien. Trotz der geringen Evidenz empfiehlt die »European Society for Paediatric Gastroenterology Hepatology and Nutrition« in ihrer Leitlinie die Gabe von Lactobacillus rhamnosus GG und Saccharomyces boulardii (14).

Diätetische Maßnahmen wie die Zufuhr von leicht gesüßtem Kamillen-, Pfefferminz- oder Fencheltee sowie von leicht verdaulicher, fettarmer Nahrung oder von Salzgebäck, geriebenem Apfel oder Bananenbrei können hilfreich sein. Zur Flüssigkeitszufuhr sind stille Mineralwässer oder auch Leitungswasser geeignet.

Oberstes Gebot ist das ausgiebige Waschen der Hände nach jedem Toilettengang, um die Ansteckungsgefahr für andere Personen zu mindern. / Foto: Adobe Stock/carbondale
Auch die Desinfektion von Türklinken zum Schutz von Menschen in gemeinsamen Haushalten kann sinnvoll sein. / Foto: Adobe Stock/Maksim

Um eine Übertragung der auslösenden Keime auf andere Personen zu verhindern, sollten sich Patienten nach jedem Toilettengang die Hände ausgiebig mit Wasser und Seife waschen. Ebenfalls sollte, wenn möglich, das Handtuch zum Abtrocknen der Hände nur von einer Person genutzt werden. Zum Schutz von Angehörigen sollten in gemeinsamen Haushalten konsequent auch die Türklinken desinfiziert werden, um eine Verbreitung der krank machenden Keime zu verhindern.

Frag die KI
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
BETA
Menü
Zeit
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
Zeit
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
Senden
SENDEN
KI
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
KI
KI
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.

Mehr von Avoxa