Drittes Bevölkerungsschutzgesetz verabschiedet |
Am heutigen Mittwoch stimmten Bundestag und Bundesrat für das Dritte Bevölkerungsschutzgesetz. Vor dem Bundestag in Berlin protestierten mehrere Tausend Teilnehmer gegen das Gesetz. / Foto: picture alliance/dpa | Christoph Soeder
Bundestag und Bundesrat haben am Mittwoch den Weg für die von der großen Koalition geplanten Änderungen im Infektionsschutzgesetz freigemacht. Im Bundestag stimmten am Mittwoch 415 Abgeordnete für die Reform, um die Corona-Maßnahmen künftig auf eine genauere rechtliche Grundlage zu stellen. 236 stimmten dagegen, 8 enthielten sich bei der namentlichen Abstimmung. Anschließend gab es in einer Sondersitzung des Bundesrates auch von der Mehrheit der Bundesländer die Zustimmung zum sogenannten dritten Bevölkerungsschutzgesetz. Nach der Ausfertigung durch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt kann es in Kraft treten.
Das Gesetz sieht vor, dass Apotheken eine weitere wichtige Rolle in der Pandemie bekommen. Sie sollen Masken kostenlos an Risikogruppen verteilen. Versicherte sollen demnach einen Anspruch auf die Masken haben, »wenn sie zu einer in der Rechtsverordnung festzulegenden Risikogruppe mit einem signifikant erhöhten Risiko für einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf nach einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 gehören«. Bezahlt werden die Masken aus Steuermitteln, erklärte das Bundesgesundheitsministerium (BMG) auf Anfrage der PZ. Seit vergangener Woche geben Apotheken in Bremen als erstes Bundesland FFP2-Masken kostenlos an Personen aus, die älter als 65 Jahre sind.
Bei Protesten mehrerer Tausend Teilnehmer gegen die Gesetzesänderung und die staatliche Corona-Politik in der Nähe des Bundestages kam es am Mittwoch parallel zur Debatte im Parlament zu Auseinandersetzungen mit der Polizei und auch zum Einsatz von Wasserwerfern. Die Polizei sprach zudem von mehr als 100 Festnahmen.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn verteidigte in der Debatte die Corona-Beschränkungen und warb um weiteres Vertrauen in das Krisenmanagement. Steigende Infektionszahlen führten früher oder später zu steigendem Leid auf den Intensivstationen und zu einem Kontrollverlust, sagte der CDU-Politiker. Auch im Bundesrat warb Spahn für das Gesetz. Die SPD-Gesundheitspolitikerin Bärbel Bas wies im Bundestag Befürchtungen zurück, dass mit der Reform des Infektionsschutzgesetzes Befugnisse für Bundes- und Landesregierungen ausgeweitet würden. «Genau das Gegenteil ist der Fall», sagte sie.
Zum Auftakt der Debatte hatte die AfD zunächst versucht, das Thema wieder von der Tagesordnung zu nehmen, scheiterte damit aber am geschlossenen Widerstand der anderen Fraktionen. Der parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion, Bernd Baumann, sagte: «Die heutige Gesetzesvorlage ist eine Ermächtigung der Regierung, wie es das seit geschichtlichen Zeiten nicht mehr gab». Abgeordnete der anderen Fraktionen wiesen die Vorwürfe zurück. Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Carsten Schneider sagte, die AfD spiele mit dem Vergleich mit dem Ermächtigungsgesetz von 1933. «Sie diskreditieren nicht nur unsere Demokratie, sondern sie machen sie verächtlich», betonte er.
Redner von FDP, Grünen und Linkspartei kritisierten die Reform des Infektionsschutzgesetzes dennoch. Die geplanten Neuregelungen gäben den Regierungen keine Leitplanken vor, sondern stellten ihnen «einen Freifahrtschein» aus, sagte FDP-Fraktionschef Christian Lindner. Es sei eine demokratische Grundsatzfrage, dass niemals Regierungen über solche massiven Eingriffe in Grund- und Freiheitsrechte entscheiden dürften, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der Linken, Jan Korte.
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