Die Schattenseite des Immunsystems |
Autoimmunerkrankungen sind eine bekannte Nebenwirkung von Checkpoint-Inhibitoren. Aufgabe dieser sehr wirksamen Biologicals ist die Aktivierung von T-Zellen, um Tumorzellen zu bekämpfen. Dabei können jedoch auch T-Zellen aktiviert werden, die Selbstantigene erkennen.
Derzeit sind etwa 100 Arzneistoffe bekannt, die Autoimmunerkrankungen induzieren können. / Foto: Adobe Stock/Graphicroyalty
Aber auch von anderen Arzneistoffen ist bekannt, dass sie Autoimmunerkrankungen induzieren. Etwa 10 Prozent der SLE-Fälle gelten als arzneimittelinduziert. Als erste auslösende Substanz wurde bereits im Jahr 1945 Sulfadiazin erkannt. Mittlerweile sind mehr als 100 Wirkstoffe bekannt, die mehr als zehn Kategorien zuzuordnen sind und die relativ häufig SLE, aber auch RA oder eine autoimmun-hämolytische Anämie hervorrufen können.
Neben TNF-Inhibitoren wie Adalimumab oder Etanercept gehören etwa auch einige Statine, Antiinfektiva und viele mehr dazu. Wie die wirkstoffinduzierten Autoimmunerkrankungen entstehen, ist in den meisten Fällen nicht genau bekannt, was eine zielgerichtete Therapie erschwert. Diskutiert wird ein Zusammenhang mit Veränderungen der Mikrobiota.
Im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie waren autoimmune Reaktionen besonders auffällig, kam es doch bei schweren Krankheitsverläufen zu einem Zytokinsturm und massiven Gewebeschäden. Viele der hospitalisierten Patienten hatten Autoantikörper im Blut. Aber auch schon vor der Pandemie wurde beobachtet, dass bestimmte Virusinfektionen, insbesondere mit dem Epstein-Barr-Virus, mit schweren Autoimmunerkrankungen wie SLE, RA und MS assoziiert sind.
Neben anderen Mechanismen ist vor allem die sogenannte molekulare Mimikry für die überschießende Immunantwort verantwortlich. Das heißt, dass bestimmte Aminosäuresequenzen, die in einem viralen oder bakteriellen Protein vorkommen, auch im Menschen vorhanden sind. Beispielsweise ähnelt eine kurze Peptidsequenz des basischen Myelinproteins, das bei MS angegriffen wird, einer Aminosäureabfolge im Hämagglutinin von Influenza-Viren. Wurden nach einer Influenza-Infektion spezifische T-Zellen und Antikörper gebildet, können diese später eventuell auch gegen die Myelinscheide aktiv werden.