Lupus-Wirkstoff könnte bei schwerem Covid-19 helfen |
Sven Siebenand |
26.10.2020 16:53 Uhr |
Beim systemischen Lupus erythematodes werden Immunzellen aktiviert und verschiedenen Autoantikörper gebildet, die körpereigene Strukturen angreifen. Beim schweren Verlauf von Covid-19 liegt laut Forschern der gleiche Pathomechanismus vor. / Foto: Adobe Stock/tashatuvango
Der systemische Lupus erythematodes (SLE) ist eine chronisch-entzündliche Autoimmunerkrankung mit teilweise lebensbedrohlichen Verläufen. Es kommt zu Manifestationen an verschiedenen Organen, sehr oft auch an den Nieren. Viele SLE-Patienten werden somit auch von einem Nephrologen betreut und es verwundert daher nicht, dass sich die Deutsche Gesellschaft für Nephrologie zu einer Publikation im Fachjournal »Nature Immunology« äußert.
Darin stellt ein Forscherteam um Dr. Matthew C. Woodruff von der Emory-University in Atlanta die Hypothese auf, dass es bei schweren Covid-19-Verläufen zur gleichen Aktivierung von B-Zellen und Autoantikörper-Bildung wie bei SLE-Patienten mit akuten Schüben kommt. Genauer gesagt ist in der Publikation von den sogenannten extrafollikulären CD19+-B-Zellen die Rede sowie deren Aktivierung zu Antikörper-sezernierenden Zellen. Die Daten zeigen in der Zusammenfassung, dass es sowohl bei Covid-19 als auch bei SLE zu einer mangelhaften B-Zell-Toleranz kommt, was in einem Anstieg von autoreaktiven Autoantikörpern resultiert. Welche Rolle diese Autoantikörper bei Covid-19 haben, muss weiter untersucht werden.
Dass diese Autoantikörper relevant sein können, zeigen Daten, die unter anderen eine Korrelation zwischen der Schwere der Covid-19-Erkrankung und Antiphospholipid-Antikörpern zeigen konnten. Auch klinisch gibt es Parallelen: Eine Studie aus Deutschland deutete darauf hin, dass eine frühe Nierenbeteiligung bei Covid-19 prognosebestimmend sein könnte, bei SLE ist die Nierenentzündung ebenfalls prognosebestimmend.
Laut Professor Dr. Julia Weinmann-Menke von der Universitätsmedizin Mainz stellt sich die Frage, ob zielgerichtete immunmodulatorische Therapien, die bei SLE eingesetzt werden, erfolgversprechend sein könnten. Die Medizinerin verweist zum Beispiel auf den Antikörper Belimumab (Benlysta®), der zur Behandlung von SLE zugelassen ist.
Belimumab ist ein humaner monoklonaler Antikörper mit Spezifität für das lösliche humane B-Lymphozyten-Stimulator-Protein (BLyS). Es blockiert die Bindung von löslichem BLyS an seinen Rezeptor auf den B-Zellen. Belimumab bindet nicht direkt an B-Zellen, sondern hemmt durch Bindung an BLyS das Überleben dieser Zellen, einschließlich der autoreaktiven B-Zellen, und reduziert die Ausdifferenzierung von B-Zellen zu Immunglobulin-bildenden Plasmazellen. Patienten mit SLE weisen erhöhte BLyS-Spiegel auf.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.