Die Leiden der jungen Frau |
Carolin Lang |
12.12.2021 08:00 Uhr |
Zu Therapie von Hirsutismus, Alopezie und Akne finden primär KOK Anwendung. Auch die Antiandrogene Spironolacton, Finasterid und Flutamid können off Label in der Erstlinientherapie verwendet werden. Aufgrund ihrer Teratogenität muss dann eine sichere Kontrazeption gewährleistet sein. Bei Flutamid ist außerdem die potenzielle Hepatotoxizität zu berücksichtigen. Antiandrogene sind vergleichbar wirksam wie hormonelle Kontrazeptiva. Die beiden Wirkstoffklassen können auch kombiniert werden.
Zu guter Letzt stehen Lokaltherapeutika zur Verfügung. Eflornithin ist zugelassen zur Therapie des Hirsutismus im Gesicht. Es hemmt irreversibel die Ornithin-Decarboxylase, die an der Bildung des Haarschafts durch den Haarfollikel beteiligt ist. Somit wird das Haarwachstum verlangsamt.
Bei androgenetischer Alopezie kann Minoxidil das Keratinozyten- und Haarwachstum stimulieren. Der Wirkmechanismus ist nicht genau bekannt.
Privatdozentin Dr. Susanne Reger-Tan ist Leiterin des Diabeteszentrums der Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Stoffwechsel am Universitätsklinikum Essen. Als Spezialistin für PCOS koordiniert sie die geplante Leitlinie PCOS. Im Gespräch mit der PZ beantwortet sie Fragen rund um die Schwangerschaft bei PCOS.
PZ: Wie wahrscheinlich ist es, mit PCOS schwanger zu werden?
Reger-Tan: Unterm Strich ist es für Frauen mit PCOS genauso wahrscheinlich, ein Kind zu bekommen, wie für gesunde Frauen. Sie haben es aber leider schwerer, schwanger zu werden. Dazu müssen sie mehr Zeit einplanen und häufiger medizinische Hilfe in Anspruch nehmen.
PZ: Zu welchen nicht medikamentösen Maßnahmen können Apotheker bei unerfülltem Kinderwunsch raten?
Privatdozentin Dr. Susanne Reger-Tan / Foto: Songyi Han
Reger-Tan: Der erste Schritt ist, den Partner abzuklären! Denn häufig wird vergessen: Nur weil bei der Frau eine möglicherweise die Fertilität einschränkende Erkrankung vorliegt, sollte man nicht den falschen Schluss ziehen, dass beim Partner alles in Ordnung ist und gegebenenfalls wertvolle Zeit verlieren. Bei etwa 50 Prozent der Paare mit unerfülltem Kinderwunsch liegt eine Fertilitätseinschränkung beider Partner vor. Zweitens ist es ratsam, Stressfaktoren im Alltag zu identifizieren und möglichst zu meiden. Zu guter Letzt ist die Optimierung von Lebensgewohnheiten eine sinnvolle Basismaßnahme.
PZ: Gibt es besondere Risiken für schwangere PCOS-Patientinnen?
Reger-Tan: Ja, das Risiko für Schwangerschaftsdiabetes, Hypertonie und Präeklampsie ist erhöht. Ein Diabetes-Screening ist hier frühzeitiger als gewöhnlich, nämlich schon zu Beginn der Schwangerschaft zu empfehlen. Darauf sollten Apotheker hinweisen. Ansonsten gelten tendenziell die gleichen Vorsorge-Empfehlungen wie für alle Schwangeren.
PZ: Welchen Einfluss nimmt die Schwangerschaft auf den Krankheitsverlauf?
Reger-Tan: Akne und Haarausfall nehmen während der Schwangerschaft tendenziell ab, der Körperhaarwuchs stagniert. Das liegt am steigenden Estrogenspiegel, der die Effekte der männlichen Hormone konterkariert. Nach der Entbindung kommen die Beschwerden leider zurück. Erfahrungsgemäß ist in der Zeit nach der Entbindung aber ein gutes Zeitfenster, um erneut schwanger zu werden. Langfristig hat eine Schwangerschaft aber keinen Einfluss auf den Krankheitsverlauf.
Carolin Lang hat in Marburg Pharmazie studiert und ist seit dem Jahr 2019 approbierte Apothekerin. Nach ihrem anderthalbjährigen Volontariat bei der Pharmazeutischen Zeitung ist sie seit Juli als Redakteurin Teil des PZ-Teams.