Der südkoreanische Verkaufsweg |
Sven Siebenand |
07.04.2020 16:22 Uhr |
Menschen warten in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul außerhalb einer Apotheke, um Schutzmasken zu kaufen. Ein einzuhaltender Mindestabstand ist nicht erkennbar – oder er beträgt nur wenige Zentimeter. / Foto: Alamy Stock Photo/ Aflo Co. Ltd.
Wie verschiedene südkoreanische Medien berichten, hat sich die Regierung Südkoreas angesichts der schlechten Verfügbarkeit und der exorbitanten Preise schon frühzeitig dazu entschlossen, in die Produktion und den Vertrieb von Schutzmasken von staatlicher Seite einzugreifen und die Apotheken des Landes in die Verteilung einzubinden. Südkoreanische Produktionsfirmen wurden dazu verpflichtet, Masken zu einem bestimmten Preis an die Regierung zu verkaufen und weiterzuproduzieren. Ein großer Teil dieser Ware wird an die Apotheken des Landes verschickt, die die Masken an die Bevölkerung verkaufen sollen, dabei aber auch so gut wie keinen Gewinn machen.
Der Run auf die Masken ist immens. Vor den Apotheken bilden sich oft lange Schlangen, viele Kunden gehen dennoch leer aus. Maximal dürfen die Südkoreaner zwei Masken pro Woche erwerben. Der Tag, an dem das möglich ist, richtet sich dabei nach dem Geburtsjahr des Käufers. Montags können Personen, deren Geburtsjahr mit der Ziffer 1 oder 6 endet, Masken kaufen. Dienstag sind diejenigen mit einer 2 oder 7 an der Reihe. Mittwochs dürfen sich Personen mit einer 3 oder 8 am Ende des Geburtsjahres anstellen. Donnerstags lauten die Gewinnzahlen 4 und 9 und freitags 0 und 5. Der Erwerb für eine andere Person ist grundsätzlich nicht möglich, was zum Beispiel bei älteren oder kranken Menschen beziehungsweise deren Angehörigen für Unverständnis und Ärger sorgt. Ebenso ist es zwecklos, mehr als zwei Masken pro Person und Woche in unterschiedlichen Apotheken ergattern zu wollen. Beim Kauf ist der Personalausweis vorzulegen und die Apotheken sind angehalten, auf der ID-Karte den Wocheneinkauf zu registrieren.
Ein ähnliches Verteilsystem für Schutzmasken über Apotheken gibt es auch in Taiwan. Dort entscheidet die letzte Ziffer der Krankenversicherungskarte über den Zeitpunkt, an dem der Einzelne zum Maskenkauf in einer Apotheke vorbeischauen kann. Maximal eine zweite Versichertenkarte darf ein Kunde mit sich führen, um für jemand anderen einzukaufen.
In Südkorea hat Präsident Moon Jae-in laut »New York Times« übrigens direkt an die Apotheker des Landes eine Textnachricht geschrieben, um sie über den neuen Verkaufsweg für Schutzmasken zu informieren. Noch muss hierzulande keiner den Posteingang des Smartphones checken. Traurigerweise fehlen noch immer Kontingente an Schutzmasken. Für eine WhatsApp-Nachricht von der Kanzlerin oder einem gewissen Herrn Spahn gibt es also leider keinen Anlass.
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