Der Druck muss runter |
Eine antihypertensive Therapie ist zumeist lebenslang nötig. Patienten verändern sich jedoch auch. Das Gewicht nimmt oft ab und die Gebrechlichkeit zu; die Medikation wirkt stärker, eventuell auch durch verminderte Ausscheidung. Daher ist es sinnvoll, die Notwendigkeit und Intensität der Blutdruckmedikation zu evaluieren.
Hierzu eignet sich hervorragend die pharmazeutische Dienstleistung »Standardisierte Risikoerfassung hoher Blutdruck«. Hier werden nicht nur zu hohe, sondern eventuell auch zu niedrige Werte erfasst, für die kein Nutzen belegt ist. Auch Subgruppen mit erhöhtem kardiovaskulären Risiko (Diabetes, chronische Niereninsuffizienz) profitieren nicht von sehr niedrigen Werten. Bei geriatrischen Patienten stieg in einer Untersuchung bei einem systolischen Blutdruck unter 110 mmHg beziehungsweise bei einem diastolischen Blutdruck unter 65 mmHg die Mortalität kurzfristig um 300 Prozent und langfristig um 280 Prozent an (27, 28). Absetzstrategien und das Vorgehen beim Deprescribing von Antihypertensiva findet man zum Beispiel beim Versorgungsforschungsprojekt COFRAIL (www.cofrail.com).
Apothekerinnen und Apotheker haben eine wichtige Funktion bei der Betreuung von Patienten mit Hypertonie. Ganz an der Spitze stehen die Aufklärung über die Erkrankung und ihre Folgen, über den Nutzen der einzelnen Antihypertensiva sowie fortlaufende Adhärenzschulungen. Informationen zur korrekten Einnahme, zu Therapiekontrolle, Aufbewahrung und Nebenwirkungen ergänzen das Beratungsgespräch. Mit der »Erweiterten Medikationsberatung Polymedikation« und der »Standardisierten Risikoerfassung hoher Blutdruck« stehen bezahlte und sinnvolle pharmazeutische Dienstleistungen zur Verfügung, um dem »silent killer« Hypertonie effektiv zu begegnen.
Isabell Waltering studierte Pharmazie an der Universität Münster und erwarb 2008 den Titel Doctor of Pharmacy, University of Florida. Die Fachapothekerin für Arzneimittelinformation, geriatrische Pharmazie und Infektiologie ist seit 2012 ATHINA-Koordinatorin an der Universität Münster und in öffentlichen Apotheken, Krankenhausapotheken und PTA-Schulen tätig. 2020 wurde sie promoviert. Dr. Waltering forscht im Bereich Medikationsanalyse, Arzneimitteltherapiesicherheit und Patientensicherheit im Arbeitskreis von Professor Dr. Hempel, Universität Münster. Sie ist Referentin für Apotheker- und Ärztekammern sowie verschiedene Fachgesellschaften und seit 2019 erste Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Klinische Pharmazie.