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Hypertonie

Der Druck muss runter

Bluthochdruck ist noch immer die Volkskrankheit Nummer 1. Trotz antihypertensiver Medikamente gelingt es vielfach nicht, die Werte adäquat einzustellen. Wer wird mit welchen Antihypertensiva und welchen weiteren Maßnahmen sein Blutdruckziel erreichen?
Isabel Waltering
04.08.2024  08:00 Uhr

Betablocker

Betablocker sind kompetitive Antagonisten, die Catecholamine wie Adrenalin und Noradrenalin von β-Adrenorezeptoren verdrängen. Daraus ergibt sich eine negativ inotrope, dromotrope, chronotrope und bathmotrope Wirkung.

Für die Blutdrucksenkung relevant ist auch eine verminderte Renin-Freisetzung. Daraus resultieren eine reduzierte Angiotensin-II-Freisetzung, die zur Vasodilatation führt, und eine verminderte Aldosteron-Menge, die die Diurese abschwächt. Das erklärt auch, warum eine Kombination von Betablockern mit RAAS-Hemmern zur reinen Blutdrucksenkung nicht optimal ist.

Insgesamt ist die Wirksamkeit von Betablockern für die Indikation Blutdruck nicht optimal. Weder für die Gesamtmortalität noch für die koronare Herzkrankheit gibt es signifikante relative Effekte und verglichen mit Diuretika ist das Risiko für ein Absetzen aufgrund von Nebenwirkungen fast doppelt so hoch (14).

Zudem treten unter Betablockern bis zu 30 Prozent mehr Diabetes-Diagnosen auf; einzig Nebivolol hat wenig bis keine metabolischen Probleme. Zur Blutdrucksenkung zeigt Carvedilol gewisse Vorteile, da es zusätzlich noch α1-Rezeptoren blockiert.

Maßnahmen bei schlecht einstellbarem Blutdruck

Werden die definierten Zielwerte mit einer Kombination von Diuretika, RAAS-Hemmern und Calciumkanalblockern nicht ausreichend erreicht, sind laut NVL verschiedene Maßnahmen möglich (7):

  • Ansetzen von Spironolacton (wenn Kalium unter 4,5 mmol/L, geschätzte glomeruläre Filtrationsrate, eGFR, über 35 ml/min/1,73 m²),
  • Hinzunahme von Bisoprolol,
  • Umstellung von HCT oder Chlorthalidon auf Indapamid,
  • Ansetzen von Doxazosin 4 mg retardiert zur Nacht.

Es bestehen weitere Kombinationsmöglichkeiten, zum Beispiel mit Clonidin, Moxonidin oder Minoxidil. Jedoch haben diese Substanzen keinen positiven Einfluss auf kardiovaskuläre Endpunkte und Mortalität, aber ein hohes Nebenwirkungspotenzial (24). Es sollten möglichst unterschiedliche Angriffspunkte miteinander kombiniert und bei älteren Patienten Arzneimittel der PRISCUS-Liste, zum Beispiel Moxonidin, vermieden werden.

Neu zugelassen wurde im April 2024 Aprocitentan (Jeraygo®) für die Behandlung des therapieresistenten Bluthochdrucks. Das Besondere an Aprocitentan ist sein neuartiger Wirkmechanismus. Die Blutdrucksenkung erfolgt über Behinderung der Bindung des Peptids Endothelin-1 (ET-1) an ETA- und ETB-Rezeptoren. ET-1 wird in verschiedenen Zellen und Geweben produziert (Endothelzellen, glatte Muskulatur, Makrophagen, renale Medulla) und führt nach Rezeptorbindung zu Vasokonstriktion, Fibrose, Zellproliferation, Inflammation und Aldosteron-Anstieg. Aprocitentan ist als Add-on-Therapie zugelassen, wenn eine Kombination von drei weiteren Blutdrucksenkern nicht zum gewünschten Zielblutdruck führt. Stand Juli 2024 ist noch kein Fertigpräparat in Deutschland auf dem Markt verfügbar.

Bevor man jedoch die Therapie ändert oder erweitert, ist zuerst immer die Adhärenz zu überprüfen. Dann sollte geprüft werden, ob die Dosis noch zu steigern ist, wie die Blutdruckmessung erfolgt, ob Lebensstilanpassungen möglich sind und eingehalten werden und welche Komedikation angewendet wird.

Eine Reihe von Arzneimitteln kann den Blutdruck sowohl systolisch als auch diastolisch als auch bei beiden Werten erhöhen. Nicht immer ist ein Absetzen möglich, aber eine Erklärung der erhöhten Blutdruckwerte ist häufig möglich. Folgende Arzneimittel können den Blutdruck steigern (25):

  • Kontrazeptiva,
  • nicht-steroidale Antirheumatika, inklusive Paracetamol täglich,
  • abschwellende orale Arzneimittel,
  • Ciclosporin, Erythropoetin,
  • Steroide,
  • orale Antitumormittel, zum Beispiel Tyrosinkinase-Inhibitoren,
  • SNRI, Trizyklika,
  • pflanzliche Arzneimittel, zum Beispiel Ginseng, Ginkgo und Johanniskraut.

Ein gesunder Lebensstil ist nicht erst bei der Diagnose eines Bluthochdrucks sinnvoll, denn mit gezielten Maßnahmen lassen sich das Auftreten von Hypertonie herauszögern, zukünftige kardiovaskuläre Risiken reduzieren und bei Hypertonie Grad 1 eventuell sogar eine pharmakologische Therapie vermeiden. Tabelle 4 gibt einen Überblick über die Maßnahmen und ihre blutdrucksenkende Wirkung. Wichtig ist, dass sich die Auswirkungen jeder einzelnen Maßnahme addieren. Lebensstilmodifikationen sollte das Apothekenteam daher bei jedem Patientenkontakt ansprechen.

Ebenso sollte es auf die Blutdruckmessung hinweisen, denn nicht nur bei der Diagnosestellung, sondern auch bei der Therapieüberwachung hat die häusliche Blutdruckmessung einen höheren Stellenwert bekommen. Dazu ist es von großer Bedeutung, dass die Patienten korrekt in der Durchführung der Messung geschult werden (Kasten) und ein halbautomatisches validiertes Oberarmgerät mit passender Manschette verwenden.

Lebensstilmodifikation Empfehlung Geschätzter Effekt (mmHg) auf systolischen Blutdruck Geschätzter Effekt (mmHg) auf diastolischen Blutdruck
Alkohol nicht mehr als 14 Einheiten pro Woche (1 Einheit = 125 ml Wein oder 250 ml Bier) –4,0 –2,5
Koffein >4 Tassen Kaffee/Tag Effekt unklar, erhöhter Kaffeekonsum ist mit erhöhter kardiovaskulärer Mortalität assoziiert, kein Problem bei Hypertonie Grad 1 Effekt unklar, erhöhter Kaffeekonsum ist mit erhöhter kardiovaskulärer Mortalität assoziiert, kein Problem bei Hypertonie Grad 2
ausgewogene Ernährung viel Obst, Gemüse, fettarme Milchprodukte, reduzierte Salz- und Transfett-Aufnahme –11,0 –5,5
gesundes Gewicht Gewichtsreduktion von 3 bis 9 Prozent bei Patienten mit Übergewicht oder Adipositas –3 bis –8
jedes Kilo Gewichtsverlust ist mit einer durchschnittlichen Senkung von 1 bis 2,4 mmHg assoziiert
–2,4
Bewegung Aktivierung aller großen Muskelgruppen an mindestens zwei Tagen/Woche
mindestens 150 Minuten moderate bis intensive Aktivität oder 75 Minuten hohe Intensität pro Woche
regelmäßig an vier bis fünf Tagen oder täglich
wenig Sitzen, Liegen oder lange Zeiten von Inaktivität
–5,0
Effekt von Bewegung im Ausmaß wie eine antihypertensive Medikation möglich
–4,0
Kalium-Aufnahme Erhöhung der täglichen Kalium-Aufnahme auf 3,5 bis 5,0 g (Tomatensaft, Bananen, Kartoffeln, Spinat, Lachs, Ei…)
Cave: reduzierte Nierenfunktion, Herzinsuffizienz, Diabetes
–3,5 –2,0
Rauchen Rauchverzicht –5,0 –3,1
Tabelle 4: Effekt von Lebensstilmodifikationen; modifiziert nach (26)
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