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Hochbetagt zur Operation

Dauermedikation prüfen und anpassen

Immer öfter müssen sich geriatrische Patienten operativen Eingriffen unterziehen. Um Arzneimittelinteraktionen und unerwünschte Wirkungen zu vermeiden, ist die möglichst interdisziplinäre Beurteilung der Medikation vor einer geplanten Operation unerlässlich.
Kirsten Dahse
Rainer Kiefmann
22.10.2020  11:00 Uhr

Auf die Blutgerinnung achten

Vitamin-K-Antagonisten (VKA) sind bei Patienten mit biologischen Herzklappen meist in den ersten drei Monaten nach der Herzklappen-Operation indiziert. Bei Patienten mit mechanischem Klappenersatz sind sie sogar obligat. Weitere relevante Indikationen für VKA sind die postthrombotische Therapie sowie das Vorhofflimmern (VHF).

In jedem Einzelfall muss das Risiko für Thromboembolien bei perioperativer Unterbrechung der Antikoagulation mit VKA gegen das Blutungsrisiko abgewogen werden. Bei VHF-Patienten verhindert das perioperative Bridging (Ersetzen von VKA durch niedermolekulare Heparine, NMH) nicht das Auftreten von arteriellen Thromboembolien, erhöht jedoch das Risiko für schwere Blutungen (von 1,3 auf 3,2 Prozent) und die Letalität. Für Patienten mit VHF und mechanischen Herzklappen lassen sich aus der Datenlage jedoch keine evidenzbasierten Empfehlungen ableiten.

Bei Patienten mit VHF und hohem Thromboembolie-Risiko (CHA2DS2-VASc-Score ≥ 4) wird das Bridging meist als indiziert angesehen (letzte Gabe mindestens zwölf Stunden vor der OP, bei Störungen der Nierenfunktion entsprechend länger) (22).

Neue orale Antikoagulanzien (NOAK) sollten bei Erwachsenen mit mittlerem Blutungsrisiko zwei bis drei Plasmahalbwertszeiten (Abklingzeit) vor elektiven Operationen abgesetzt werden (Tabelle 4). In der klinischen Routine stellen 48 Stunden ein sicheres Intervall dar, außer bei Gabe von Dabigatran bei gleichzeitiger Niereninsuffizienz. Im Notfall stehen die spezifischen Antidota Idarucizumab (Dabigatran) und Andexanet alfa (Apixaban, Rivaroxaban) zur Verfügung. Edoxaban ist das einzige NOAK, für das derzeit kein Antidot zugelassen ist. Ob ein NOAK präoperativ belassen, entsprechend der Abklingzeit vor der Operation abgesetzt oder auf NMH umgestellt werden sollte, hängt von der Art der Operation, dem Blutungsrisiko und der Indikation für die Antikoagulation ab (22).

Substanz Angriffspunkt Plasmahalbwertszeit (Stunden) Abklingzeit (Stunden)
NOAK
Rivaroxaban Xa 11 bis 13 22 bis 65
Apixaban Xa 10 bis 15 26 bis 75
Edoxaban Xa 10 bis 14 40 bis 60
Dabigatran IIa 14 bis 17, bei Niereninsuffizienz auch länger 28 bis 58, bei Niereninsuffizienz auch länger
Vitamin-K-Antagonisten
Phenprocoumon Tage / INR < 1,4
Thrombozytenaggregationshemmer
ASS COX-1, COX-2 Lebensdauer der Thrombozyten/
7 bis 10 Tage
Clopidogrel P2Y12 Lebensdauer der Thrombozyten/
7 bis 10 Tage
Prasugrel P2Y12 Lebensdauer der Thrombozyten/
7 bis 10 Tage
Ticagrelor P2Y12 7 bis 8,5
(cave: aktiver Metabolit 5 Tage)
5 Tage
Tabelle 4: Plasmahalbwertszeiten und Abklingzeiten ausgewählter NOAK, Vitamin-K-Antagonisten und Thrombozytenaggregationshemmer bei rückenmarksnaher Regionalanästhesie; modifiziert nach (31). 

Patienten mit KHK erhalten in der Regel eine Dauermedikation mit ASS, häufig in Kombination mit einem P2Y12-Hemmer wie Clopidogrel. Für Patienten nach koronarer Revaskularisierung, zum Beispiel mittels Stent, aber auch bei einem akuten Koronarsyndrom ist der Nutzen einer zeitlich begrenzten dualen Thrombozytenaggregationshemmung belegt. Nach derzeitigem Stand sollten P2Y12-Hemmer deshalb nur vor großen Operationen mit hohem Blutungsrisiko sowie bei Hochrisikopatienten nach Rücksprache mit dem Kardiologen pausiert werden. Zwingend erforderlich ist ein Absetzen vor Eingriffen in geschlossenen Höhlen (Augenhinterkammer, intraspinalen und intrazerebralen Eingriffen) und vor rückenmarksnaher Regionalanästhesie.

Auch die perioperative Therapiefortführung von ASS muss im Einzelfall abgewogen werden. Bei koronaren Hochrisikopatienten (rezidivierende Angina pectoris, Zustand nach akutem Koronarsyndrom, Stent) sollte eine Therapie mit ASS nur bei absoluter Kontraindikation, zum Beispiel bei einem neurochirurgischen Eingriff, unterbrochen werden.

Wichtig ist, dass die Therapie mit Antikoagulanzien auch im Kontext mit der zu wählenden Narkoseform betrachtet werden sollte. Bei älteren Patienten ist zur Vermeidung von Opioiden – auch in der postoperativen Schmerztherapie – möglichst eine Regionalanästhesie zu wählen. Dies ist vor allem bei der rückenmarksnahen Regionalanästhesie nur unter normwertiger Gerinnung möglich.

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