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Masernschutzgesetz

Bundestag debattiert Impfpflicht

Das Masernschutzgesetz muss sich heute in erster Lesung den Abgeordneten im Bundestag stellen. Um Masern-Infektionen rigoros einzudämmen, soll eine Impfpflicht für Kinder in Gemeinschaftseinrichtungen kommen. Mediziner fordern zusätzliche Instrumente.
dpa
PZ
18.10.2019  12:08 Uhr

Die Kinderärzte unterstützen die geplante Impfpflicht gegen Masern in Kitas und Schulen, werben aber auch für weitere Maßnahmen. »Alle Kinder sollten gegen Masern geimpft werden, weil das ihr Leben schützt«, sagte Hans-Iko Huppertz, Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ), der Deutschen Presse-Agentur (dpa). »Dass künftig ein gewisser Zwang da ist, ist sicherlich gerechtfertigt.«

Auch der Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), Thomas Fischbach, begrüßt die Impfpflicht. »Das ist ein ganz wichtiges Werkzeug, um die Masern endlich auszurotten«, sagte er der »Neuen Osnabrücker Zeitung« (Freitag). »Beim Kampf gegen Masern sind wir bislang nicht vorangekommen«, so Fischbach. »Die Impfquoten liegen noch deutlich zu niedrig.« Er forderte, auch weitere Impfungen vorzuschreiben: »Eine Impfpflicht für andere ansteckende Krankheiten wie Keuchhusten würde helfen, gerade die kleinsten Kinder zu schützen.« Nötig sei zudem ein Informationssystem, das Eltern automatisch erinnere, ihre Kinder rechtzeitig impfen zu lassen - etwa wenn die Versichertenkarten beim Arztbesuch eingelesen werden oder über Apps.

Der Bundestag berät am Freitag erstmals über entsprechende Pläne von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Ab März 2020 müssen Eltern demnach vor Aufnahme ihrer Kinder in Kitas oder Schulen nachweisen, dass sie geimpft sind. Die Pflicht soll auch für Personal in Kitas und Schulen sowie für Beschäftigte in medizinischen Einrichtungen kommen. Bei Verstößen sollen Bußgelder bis zu 2500 Euro drohen.

»Die Erkrankung ist schwer, eines von 1000 erkrankten Kindern stirbt. Das kann man mit einer völlig harmlosen Maßnahme verhindern«, sagte Huppertz. »Alle Möglichkeiten der Überzeugung sollten weiterhin ausgeschöpft werden. Dazu gehört auch, Ärzte, die von Impfungen abraten, zur Verantwortung zu ziehen.« Huppertz betonte: »Wir wollen erreichen, dass keine Epidemien mehr auftreten und die Masern möglichst ausgerottet werden.« Dazu müsse man nicht nur Säuglinge und Kleinkinder impfen, sondern auch ältere Jugendliche und Erwachsene, die nach 1970 geboren wurden. Sie werden von den bisherigen Plänen aber nicht erfasst.

Spahn bekräftigte derweil im ARD-»Morgenmagazin«, er wolle einem fehlenden Impfschutz in Deutschland nicht nur bei Kindern, sondern auch bei Erwachsenen entgegenwirken. »Wir werden klarstellen, egal bei welchem Arzt sie sind, jeder darf sie impfen – auch der Kinderarzt«, betonte er. Spahn warb für eine Impfpflicht gegen Masern unter anderem in Kitas und Schulen. Aufklärung und mehr Informationen hätten in den vergangenen Jahren nicht gereicht, sagte er. Es ginge darum, gerade die kleinsten Kinder vor der gefährlichen Krankheit zu schützen. Dafür müssten Spahn zufolge aber auch Erwachsene ihren Impfschutz regelmäßig prüfen lassen. »Im Jahr 2019 sollte kein Kind und kein Erwachsener mehr an Masern erkranken.«

Mit dem Masernschutzgesetz könnten auch für die Apotheker wichtige Neuerungen kommen: Kurzfristig hatte der Minister sowohl die geplanten Modellversuche zu Grippeimpfungen in den Offizinen als auch die Wiederholungsverordnungen aus dem Apotheken-Stärkungsgesetz (VOASG) ausgelagert und will sie nun ins Masernschutzgesetz überführen. Über sein Vorhaben  berät heute der Bundestag. Derzeit liegt der Kabinettsentwurf des VOASG im Kanzleramt auf Eis. Es gilt als wahrscheinlich, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) es nicht in den Bundestag einbringen wird, bevor die EU-Kommission zu Spahns Vorhaben, das Rx-Boni-Verbot im Sozialrecht zu verankern, Stellung bezogen hat. Wie es mit der geplanten Apothekenreform weitergeht, ist momentan mehr als ungewiss.

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