Bundesrat billigt TSVG – und kritisiert Grippeimpfstoff-Regelung |
Patienten sollen schneller einen Termin bekommen und besser mit Grippeimpfstoffen versorgt werden. Ob letzteres mit dem TSVG erreicht werden kann, bezweifelt der Bundesrat – hat das Gesetz aber trotzdem durchgewunken. / Foto: Fotolia/fovito
Für Kassenpatienten in Deutschland soll es leichter werden, schneller an Arzttermine zu kommen - durch mehr Sprechstunden und neue Vermittlungsangebote. Praxisärzte sollen demnach künftig mindestens 25 statt 20 Stunden in der Woche für gesetzlich Versicherte anbieten müssen. Bei Augenärzten, Frauenärzten und Hals-Nasen-Ohren-Ärzten muss es mindestens fünf Stunden als offene Sprechstunde ohne feste Termine geben.
Die telefonische Vermittlung über Terminservicestellen, die in den Ländern bisher unterschiedlich arbeiten, soll stark ausgebaut werden. Ab Anfang 2020 sollen sie nicht nur zu Fachärzten vermitteln, sondern auch zu Haus- und Kinderärzten. Zudem sollen sie bundesweit unter der Telefonnummer 116 117 täglich rund um die Uhr erreichbar sein – und auch online oder über eine App für Smartphones.
Im TSVG steckt auch einiges Apothekenrelevantes: Menschen mit erhöhtem HIV-Risiko sollen sich auf Kassenkosten per Medikament vor einer Ansteckung schützen können, indem die Präexpositionsprophylaxe (PrEP) erstattet wird. Ausschreibungen für Hilfsmittel wie Inkontinenzartikel werden abgeschafft. Die Versorgung mit Grippe-Impfstoffen soll verbessert werden, indem Exklusiv-Lieferverträge verboten und die Apothekenvergütung neu geregelt wird. Der Bundesrat kritisierte allerdings, dass nicht alle Bedarfe berücksichtigt worden seien und die neuen Regelungen keine ausreichende und flächendeckende Versorgung garantieren würden.
Konkret bemängelt der Bundesrat, dass den Herstellern der Grippeimpfstoffe keinerlei Vorgaben zu Menge und Preis gemacht werden. Entscheidende und für die Versorgungssicherheit zentrale Fragen würden so dem freien Spiel der Kräfte überlassen. Nicht konstruktiv im Sinne einer ausreichenden Versorgung sei auch, dass die Vergütung der Apotheken für die Ausgabe des Impfstoffes an Praxen künftig gedeckelt ist. Ab einer bestimmten Menge müssten sie deshalb künftig umsonst arbeiten, was angesichts des sonstigen Aufwands nicht mehr wirtschaftlich sei. Ob die Apotheken bereit sind, dieses Risiko zu tragen, sei ungewiss, warnt der Bundesrat. Die Bundesregierung fordert er auf, die Regeln zur Versorgung mit dem Grippeimpfstoffen zu überprüfen und gegebenenfalls korrigieren.
Vorgesehen sind zudem mehr Geld für Ärzte, aber auch für Physiotherapeuten und Logopäden. Festzuschüsse der Kassen für Zahnersatz sollen zum 1. Oktober 2020 von 50 auf 60 Prozent steigen. Junge Erwachsene sollen es bezahlt bekommen, wenn sie Ei- und Samenzellen konservieren lassen, um nach einer Krebsbehandlung Kinder bekommen zu können.
In der Pflege sollen ab 1. Mai 2019 reine Betreuungsdienste zugelassen werden, die etwa beim Putzen oder Einkaufen helfen. Ebenfalls im TSVG geregelt: Bis 2021 sollen alle Krankenkassen digitale Patientenakten anbieten.