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Ernüchternde Daten

BA.4/5-adaptierte Impfstoffe zeigen mäßige spezifische Boostereffekte

Trotz der Zulassung der an die BA.4/5-Omikron-Varianten angepassten mRNA-Impfstoffe von Moderna und Biontech/Pfizer sind nach wie vor kaum Daten zu ihrer Wirksamkeit bekannt. Das könnte auch daran liegen, dass die Impfstoffe weniger gut wirken als erhofft.
Theo Dingermann
25.10.2022  16:30 Uhr

Mit Auftreten der Omikron-Subvarianten, die durch ihr enormes Immunfluchtpotenzial bis dahin einzigartig waren, begannen die Rennen um an diese Varianten angepasste Impfstoffe. Seit Mitte September sind derartige Impfstoffe verfügbar. Allerdings ist die Datenlage zur Wirksamkeit dieser Vakzinen nach wie vor unbefriedigend. Das schürt Gerüchte, die Wirksamkeit könnte schlechter sein, als dies allgemein erhofft wurde. Tatsächlich deuten erste Daten, die bisher nur in Form eines Preprints auf dem Server »Biorxiv« publiziert wurden, darauf hin, dass diese Vermutungen stimmen könnten.

Eine Forschergruppe um Dr. Qian Wang von der Columbia University in New York untersuchten Seren verschiedener klinischer Kohorten, die nach drei Impfungen eine vierte Dosis der ursprünglichen monovalenten mRNA-Impfstoffe oder eine Dosis der neuen bivalenten Impfstoffe erhalten hatten. Zudem schauten sich die Forschenden auch Seren von Personen an, die an einer BA.4/5-Durchbruchinfektion erkrankt waren.

Mithilfe von Pseudovirus-Neutralisationstests bestimmten die Wissenschaftler das Neutralisierungspotenzial der Seren gegen den SARS-CoV-2-Wildtyp-nahen Stamm D614G, gegen mehrere Omikron-Sublinien (BA.1, BA.2, BA.4/BA.5, BA.4.6, BA.2.75 und BA.2.75.2) und gegen einige verwandte Sarbecoviren (SARS-CoV, PCoV-GD, PCoV-GX und WIV1). Die Seren waren den Probanden etwa drei bis fünf Wochen nach der Auffrischungsimpfung mit einem bivalenten mRNA-Impfstoff entnommen worden.

Keine höheren Antikörpertiter

Die Autoren konnten keine signifikant höheren Titer an neutralisierenden Antikörpern als Reaktion auf eine Auffrischimpfung mit einem angepassten Impfstoff zeigen als bei Probanden, die als Auffrischimpfung einen monovalenten mRNA-Impfstoff erhalten hatten. Das galt für alle getesteten Varianten, einschließlich BA.4/BA.5.

Diejenigen, die eine monovalente Auffrischimpfung erhalten hatten, zeigten leicht höhere Titer an neutralisierenden Antikörpern gegen die mit SARS-CoV-2 verwandten Sarbecoviren als diejenigen, die mit dem angepassten Impfstoff geimpft worden waren.

So lautet das ernüchternde Fazit der Autoren, dass ein als Auffrischimpfung verabreichter bivalenter, an Omikron BA.4/BA.5 adaptierter mRNA-Impfstoff unter den Testbedingungen beim Menschen keine besseren neutralisierenden Antikörperreaktionen auslöste als eine Auffrischimpfung mit dem ursprünglichen monovalenten Impfstoff. Diese Ergebnisse könnten, so die Autoren, auf eine immunologische Prägung hindeuten.

Allerdings räumen die Autoren ein, dass dieses Bild kein abschließendes Urteil erlaubt. Es seien Folgestudien erforderlich, um festzustellen, ob sich die Antikörperreaktionen im Verlauf anders darstellen, wenn das Immunsystem mehr Zeit hatte, um auf den Antigenkontakt zu reagieren.

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