Chancen für die Apotheker |
10.12.2007 13:39 Uhr |
Chancen für die Apotheker
Von Uta Grossmann
Mit der jüngsten Gesundheitsreform ist es für Apotheker schwierig geworden, Hilfsmittel zu verkaufen. Sie sollten jedoch nicht resignieren, denn der Markt für Hilfsmittel hat Zukunft - nicht zuletzt, weil immer mehr Menschen immer älter werden.
Die Krankenkassen können neuerdings Hilfsmittel ausschreiben, das zum 1. April in Kraft getretene Wettbewerbsstärkungsgesetz der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) macht es möglich. Zwar sind die bisherigen Leistungserbringer, also auch die Apotheker, bis zum 31. Dezember 2008 zur Versorgung der Versicherten berechtigt (Paragraf 126 des Sozialgesetzbuches V). Sie dürfen jedoch Hilfsmittel nur noch zu den ausgehandelten Vertragspreisen abgeben. Wenn sie sich nicht an den Ausschreibungen beteiligen, werden sie spätestens 2009 in die Röhre gucken, denn dann haben sie keine Lieferberechtigung mehr.
Lukratives Geschäft mit Zukunft
Dabei ist die Hilfsmittelversorgung ein lukratives Geschäft mit guten Zukunftsaussichten. Jochen Piotrowsky, Berater im Gesundheitswesen mit 17 Jahren Erfahrung im Handel mit orthopädischen Hilfsmitteln, verwies bei der Euroforum-Konferenz »Hilfsmittel 2008« vorige Woche in Berlin auf die Chancen, die der Wachstumsmarkt Gesundheit für den Handel mit Hilfsmitteln bietet.
Die Gesellschaft altert und die Senioren werden zur wichtigsten Konsumentengruppe - eine Bevölkerungsgruppe, die einen hohen Bedarf an Hilfsmitteln aller Art hat und über vergleichsweise viel Geld verfügt. Der Essener Professor für Volkswirtschaft Dr. Reinhold Schnabel sagt voraus, dass der Markt für professionelle Pflege bis 2020 um 40 Prozent und bis 2030 um 75 Prozent auf dann 47 Milliarden Euro wächst.
Um Hilfsmittel erfolgreich zu verkaufen, bedarf es eines durchdachten Marketings. Berater Piotrowsky formuliert es so: »Es geht darum, Wants statt Needs zu verkaufen. Dinge, die die Leute sich wünschen, nicht solche, die sie notwendig brauchen.« Nur: Wie soll das funktionieren, wenn es um Gehwägelchen und Kompressionsstrümpfe geht? Ein Rollstuhl ist nun einmal keine Stereoanlage.
Piotrowsky gibt ein Beispiel, wie solche wenig »sexy« wirkenden Produkte werbewirksam vermarktet werden können. Wer Kompressionsstrümpfe verkauft, verkauft eben auch die Hoffnung auf schöne und gesunde Beine. Das klingt schon vielversprechender. Manchmal verliert ein Produkt, das ursprünglich für die Zielgruppe der Senioren entwickelt wurde, auch ganz von selbst das verstaubte Image. So geschehen beim Koffer-Trolley, den heute junge, dynamische Geschäftsleute durch die Flughäfen der Welt ziehen.
Der Hilfsmittelmarkt wird komplexer. Der Wettbewerb internationalisiert sich, der Preisdruck steigt. Neue Vertriebskanäle etablieren sich, der Einzelhandel ist längst eingestiegen. Aldi verkauft Bandagen und Blutdruck-Messgeräte, bei Fegro gibt es Rollatoren und bei Plus gar einen Defibrillator für 999,95 Euro. Der Pharmazeut und Sanitätshaus-Inhaber Christoph Oelrich von der Cura-San GmbH Duisburg brachte diese Beispiele von Discountern und Verbrauchermärkten in seinem Vortrag während der Euroforum-Konferenz über Hilfsmittel. Cura-San ist ein Leistungsverbund, in dem 170 Apotheken und 260 Sanitätshäuser aus ganz Deutschland Mitglied sind und der auch eine Internet-Apotheke betreibt.
Oelrich rechnet damit, dass die Drogeriemärkte ebenfalls ihren Teil vom Kuchen haben wollen. Er kann sich vorstellen, dass etwa dm mit seinen relativ großflächigen Filialen Reha-Ecken mit Hilfsmitteln einrichten wird.
Die Apotheken hatten 2005 nach Angaben des Statistischen Bundesamtes einen Anteil von 15,5 Prozent am Hilfsmittelmarkt. Den größten Brocken machen Inkontinenzhilfen (41 Prozent) und Applikationshilfen (16,9 Prozent) aus. Fast jedes dritte Blutdruck-Messgerät geht über den Handverkaufstisch einer Apotheke. In Verbrauchermärkten und Discounternwerden 14 Prozent dieser Geräte verkauft, in Sanitätshäusern acht Prozent und bei Kaffeeröstern drei Prozent.
Oelrich prognostiziert den Sanitätshäusern einen wachsenden Konkurrenzdruck auch von Apotheken, zum Beispiel bei Bandagen, Orthesen, Rehaprodukten und Kompressionshilfen. »Ausschreibungen werden die Marktanteile zukünftig dramatisch verschieben«, so Oelrich.
Die Beratung der Kunden kommt in Sanitätshäusern manchmal zu kurz, und auch an Diskretion mangelt es nicht selten, wie die Stiftung Warentest in einem im August veröffentlichten Test herausfand. Beratung und Diskretion sind Felder, auf denen die Apotheker gegenüber Sanitätshäusern und Discountern punkten.
Sanitätshäuser als Partner
Oelrich schlägt Kooperationen von Sanitätshäusern und Apotheken vor. Apotheken böten sich als Partner an, weil sie über Fachkompetenz und eine hohe Kundenfrequenz verfügen. Außerdem gibt es erheblich mehr Apotheken in Deutschland als Sanitätshäuser (21.500 zu 2300). Gemeinsam würden die Partner eine flächendeckende Versorgung gewährleisten. Der Patient kann mit seiner Verordnung gezielt zum spezialisierten Leistungserbringer in seiner Nähe weitergeleitet werden.