Zusatznutzen nicht belegt |
26.11.2013 17:28 Uhr |
Von Kerstin A. Gräfe / Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit (IQWIG) sieht einen Zusatznutzen des Krebsmedikaments Vismodegib (Erivedge®) gegenüber der bisherigen Standardtherapie als nicht belegt.
Hersteller Roche sei von der zweckmäßigen Vergleichstherapie abgewichen, sodass sich aus den eingereichten Daten ein Zusatznutzen nicht ableiten lasse, heißt es zur Begründung in einer Pressemitteilung des Instituts.
Der sogenannte Hedgehog-Signalweg-Inhibitor Vismodegib kam im August 2013 in Deutschland auf den Markt. Zugelassen ist er für Patienten mit symptomatischem metastasiertem oder lokal fortgeschrittenem Basalzellkarzinom, sofern eine Operation oder Strahlentherapie ungeeignet sind. Für die frühe Nutzenbewertung hatte der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) mehrere zweckmäßige Vergleichstherapien festgelegt: Bei Personen mit symptomatischem metastasiertem Basalzellkarzinom, die für eine Operation nicht infrage kamen, sollte der Wirkstoff mit einer Strahlentherapie verglichen werden.
Bei Patienten, die für eine Strahlentherapie ungeeignet waren, sollte eine Operation als Vergleichstherapie dienen. Bei Patienten, für die weder eine Strahlentherapie noch eine Operation infrage kam, sollte Vismodegib mit der bestmöglichen unterstützenden Therapie (Best Supportive Care, BSC) verglichen werden. Anders als vom GBA empfohlen, führte Roche jedoch lediglich einen Vergleich gegenüber der BSC durch. Als Begründung führte der Hersteller an, dass beim symptomatischen metastasierten Basalzellkarzinom auch eine Operation oder Strahlentherapie rein palliativen Charakter hätte. Dies sieht das IQWIG anders: »Wenn anzunehmen ist, dass für unterschiedliche Patientengruppen unterschiedliche Therapien optimal sind, muss sich diese Differenzierung auch in den Kontrollgruppen niederschlagen«, heißt es.
Laut Roche ist kontrollierte Studie unethisch
Vismodegib (gelb) hemmt den sogenannten Hedgehog-Signalweg, der bei mehr als 90 Prozent aller Basalzellkarzinome eine Rolle spielt.
Ein weiterer Kritikpunkt ist das Fehlen von Studien mit Kontrollgruppen. Zwar lasse sich auch bei Untersuchungen ohne Kontrollgruppen ein Zusatznutzen ableiten. Jedoch nur dann, wenn in diesen dramatische, patientenrelevante Effekte beobachtet werden. Diese könnten sich zum Beispiel im Vergleich mit einer historischen Kontrollgruppe zeigen. Ob es allerdings unter der Therapie mit Vismodegib dramatische Effekte bezüglich patientenrelevanter Endpunkte gab, lasse sich anhand der eingereichten Studiendaten nicht beurteilen, so das IQWIG. Der von Roche hauptsächlich mittels bildgebender Verfahren gemessene Tumorrückgang sei als Surrogatendpunkt nicht zwangsläufig patientenrelevant, moniert das Institut. Vor der abschließenden Entscheidung des GBA über den Zusatznutzen von Erivedge hat der Hersteller jetzt Gelegenheit, in einem Stellungnahmeverfahren weitere Informationen einzureichen. Die Zulassung für Vismodegib basiere auf einer einarmigen Phase -II-Studie, da nach Ansicht von Experten eine kontrollierte Studie angesichts des hohen therapeutischen Bedarfs unethisch gewesen wäre, hieß es auf Anfrage der PZ.
Fotos: Roche
Roche werde sich bestmöglich dafür einsetzen, dass die GBA-Entscheidung den Wert von Vismodegib für die Patienten widerspiegelt, sagte eine Sprecherin des Unternehmens. Vismodegib sei die erste medikamentöse Therapie, die für die weit fortgeschrittenen und bisher kaum behandelbaren Formen des hellen Hautkrebses zugelassen ist. Diese schweren Erkrankungen beträfen zwar nur sehr wenige Patienten, aber die Betroffenen haben einen hohen Leidensdruck: Die Krankheit zeige sich vor allem im Kopf-Hals-Bereich und ist daher für andere deutlcih erkennbar. Dies sei für die Patienten sehr belastend und führe nicht selten in die soziale Isolation. /