»Wir werden nicht lockerlassen« |
27.11.2012 18:53 Uhr |
Von Stephanie Schersch und Ev Tebroke, Berlin / Fritz Becker bleibt weitere vier Jahre Vorsitzender des Deutschen Apothekerverbandes (DAV). Er will auch künftig für eine gerechte Vergütung der Apothekerleistung kämpfen. Darüber hinaus möchte er das OTC-Geschäft und das Apotheken-A als Marke stärken.
PZ: Was sind für Sie als DAV-Vorsitzender die wichtigsten Ziele für die nächsten vier Jahre?
Becker: Das Wichtigste ist die Sicherung der wirtschaftlichen Basis der Offizin-Apotheke. Dazu gehört die jährliche Anpassung des Honorars. Hier bedarf es einer Änderung des Paragrafen 78 im Arzneimittelgesetz. Fest steht, wir müssen einen Dynamisierungsmodus finden, damit wir nicht wieder so lange auf eine Honorarerhöhung warten müssen. Darüber hinaus wollen wir die Stabilisierung des OTC-Geschäfts in der Apotheke vorantreiben und das Apotheken-A als Marke stärken.
PZ: Denken Sie, dass sich in Sachen Honorar vor der Bundestagswahl noch etwas tut?
»Das Wichtigste ist die Sicherung der wirtschaftlichen Basis der Offizin- Apotheke.«
Foto: LAV/Zillmer
Becker: Nein, ich glaube nicht. Aber es ist wichtig, dass die Parteien dieses Thema in ihr Programm aufnehmen. Wir werden da nicht lockerlassen. Die Anpassung über den Paragrafen 78 findet in der Politik bereits Unterstützung. Von der Union kommen klare Signale.
PZ: Hält der DAV darüber hinaus die Forderung nach einer besseren Vergütung für Rezepturen und die Versorgung mit Betäubungsmitteln aufrecht?
Becker: Natürlich, das alles muss in einem Gesamtpaket verhandelt werden. Beispielsweise über eine Querfinanzierung durch eine noch deutlichere Erhöhung des Packungshonorars.
PZ: Die Verhandlungen mit den Krankenkassen über den Apothekenabschlag sind gescheitert. Nun soll die Schiedsstelle über die Höhe des Rabatts entscheiden. Rechnen Sie mit einer Entscheidung noch in diesem Jahr?
Becker: Wir werden alles daran setzen, dass in diesem Jahr noch eine erste Sitzung der Schiedsstelle stattfindet. Eine Entscheidung erwarte ich dann aber erst im Januar.
PZ: Was passiert, wenn es vor Jahresende keinen Schiedsstellenentscheid gibt?
Becker: Dann rechnen wir ab 1. Januar mit 1,75 Euro ab. Ein juristisches Gutachten hierzu liegt vor.
PZ: Das Verhältnis zwischen Apothekern und Krankenkassen ist nicht das Beste. Wie könnte man dies ändern?
Becker: Ich denke, beide Seiten sollten weiterhin aufeinander zugehen und gemeinsam die Probleme erkennen und lösen. Dann kommen wir langfristig auch ein Stück weiter. Die Verhandlungen gestalten sich oftmals sicher auch deshalb so schwierig, weil es beim GKV-Spitzenverband interne Probleme mit den größeren Kassenverbänden AOK und VDEK gibt. Sie sind es immer noch nicht gewohnt, kein eigenes Verhandlungsmandat zu haben.
PZ: Andreas Kiefer hat sich als neuer BAK-Präsident im Interview mit der PZ dafür ausgesprochen, die Arbeit von Bundesapothekerkammer, Deutschem Apothekerverband und ABDA enger miteinander zu verzahnen. Wie stehen Sie dazu?
Becker: Ich denke, die Organisationen ergänzen sich bereits sehr gut. Als gemeinsame Aufgabe halte ich es zukünftig aber für wichtig, dass wir uns jeweils noch stärker auf die eigentlichen Arbeits- und Aufgabengebiete konzentrieren. Ein Beispiel dazu sind die Versorgungsverträge – ein breites Aufgabenfeld für die nächsten Jahre. Der DAV verhandelt die Verträge und das Honorar, die BAK kümmert sich um die notwendige Fortbildung.
PZ: In den vergangenen Monaten gab es immer wieder Kritik an der ABDA, sie agiere fernab der Basis. Muss die ABDA wieder stärker auf die Basis zugehen?
Becker: Durch die Arbeit in den Landesapothekerverbänden sehe ich dieses Problem beim DAV nicht. Die einzelnen Mitgliederverbände arbeiten tagtäglich mit der Basis. Ich denke allerdings, dass wir der Basis die Strukturen der ABDA deutlicher vermitteln müssen. Viele wissen nicht, wie sich die einzelnen Gremien zusammensetzen und wie sie arbeiten.
PZ: Stichwort Hilfsmittel: Die Belieferung ist immer stärker mit Bürokratie verbunden. Viele Apotheker halten die Hilfsmittelversorgung daher nicht mehr für lohnenswert. Wie stehen Sie dazu?
Becker: Ich halte den Bereich Hilfsmittel wichtig für die Apotheker, damit wir ein Gesamtpaket anbieten können. Aber sowohl Apotheker als auch Patienten müssen hier zukünftig umdenken. Die Vollversorgung durch die GKV ist nicht mehr gewährleistet und wir werden künftig noch stärker mit Selektivverträgen oder Beitrittsverträgen arbeiten müssen. Der Patient wird hingegen finanziell stärker eingebunden werden müssen, wenn er eine optimale Versorgung haben will.
PZ: Sehen Sie eine Chance, die Hilfsmittelbelieferung wieder zu entbürokratisieren und profitabler zu gestalten?
Becker: Wenn man zu einer einfacheren Kostenerstattung kommen könnte, wäre das für uns sicherlich eine Entbürokratisierung. Für den Patienten wiederum bedeutet das allerdings mehr Bürokratie. /
Alle vier Jahre wird in Deutschland ein neuer Bundestag gewählt. Wir berichten mit Blick auf die Gesundheitspolitik und die Auswirkungen für die Apotheken.