Verhärtete Fronten |
27.11.2012 18:54 Uhr |
Von Daniel Rücker / Auf welcher Basis berechnen sich in Zukunft die Preisspannen von Apothekern und Großhandel? Vor einigen Jahren hätte diese Frage noch jeder Apotheker im Schlaf beantworten können. Heute streiten sich die Experten darum.
Im August hörte sich eine Stellungnahme aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) noch wie ein Versehen an. Darin schrieb der Ministerialdirektor Dr. Ulrich Orlowski an den stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden des GKV-Spitzenverbandes, Johann-Magnus von Stackelberg, der Erstattungspreis sei kein Rabatt, sondern der vertraglich vereinbarte Betrag, der dem Hersteller erstattet wird. Damit bezögen sich alle Ab- und Aufschläge auf den Erstattungsbetrag. In der Branche war die Verwunderung groß. Denn im Sozialgesetzbuch (SGB) V steht ziemlich unmissverständlich: »Der Erstattungsbetrag wird als Rabatt auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers vereinbart.«
In der Frage, auf welcher Basis künftig die Preisspannen von Apothekern und Großhandel berechnet werden, gibt es noch keine Klärung.
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Noch deutlicher wird der Sachverhalt in der Anlage 1 zur Rahmenvereinbarung zwischen den Herstellern und dem GKV-Spitzenverband. Dort wird klargestellt, dass sich der Apothekenabgabepreis auf der Grundlage des Abgabepreises des pharmazeutischen Unternehmers berechnet und zwar unabhängig vom Erstattungspreis.
Kein Umdenken
Hersteller, Apotheker und der pharmazeutischer Großhandel wunderten sich sehr. Allerdings hoffte man darauf, dass sich das Bundesgesundheitsministerium angesichts der vermeintlich eindeutigen Gesetzeslage noch eines Besseren belehren lassen würde. Doch danach sieht es derzeit nicht aus. Im Ministerium und beim GKV-Spitzenverband gibt es keine Anzeichen für ein Umdenken. Auch die seltene Einigkeit der verschiedenen Verbände macht keinen Eindruck. Daran änderten bislang auch die von Apothekern, Herstellern und Großhandel beim Ministerium eingereichten Stellungnahmen nichts. Die Fronten bleiben verhärtet.
Nun warten alle auf eine klare Äußerung aus dem BMG. Für Apotheker hätte es durchaus Konsequenzen, wenn sich die Auffassung von Kassen und Politik durchsetzen würde. Bislang ist die Zahl der Arzneimittel mit einem vom Herstellerabgabepreis unterschiedlichen Erstattungspreis noch klein, gerade einmal zwölf Pharmazentralnummern sind betroffen. Doch sie wird über die Kosten-Nutzen-Bewertungen steigen. In jedem Fall wäre dies eine weitere finanzielle Verschlechterung für die Apotheken, auch wenn deren Höhe noch nicht exakt vorhersagbar ist. Dasselbe gilt für den Großhandel.
Die Hersteller fürchten hingegen, dass auf diese Weise der Erstattungsbetrag zum eigentlichen Abgabepreis wird und sich die Arzneimittelpreise in Ländern, für die Deutschland das Referenzpreisland ist, daran orientieren würden.
Darüber hinaus besteht die Sorge, dass die Kassen versuchen könnten, diese Berechnungsmethode auch auf Rabattarzneimittel zu übertragen, sodass sich alle Auf- und Abschläge dann auf die rabattierten Preise beziehen würden.
Abwärtsspirale verhindern
Die Verbände stimmen derzeit ihre Strategie ab, wie sie gegen die Bedrohung vorgehen wollen. Dem Verband der forschenden Arzneimittelhersteller sowie dem Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels liegt jeweils ein Gutachten vor, das die gemeinsame Position von Herstellern Apothekern und Großhändlern stützt. Man will mit aller Kraft eine weitere Abwärtsspirale bei den Arzneimittelpreisen verhindern. Ob dies gelingt, ist derzeit offen. /