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Apothekenkundenbefragung

Dreierkombination bei akuten Hals- und Schluckbeschwerden

17.11.2015  11:07 Uhr

Von Rainer Jund / Die Kombination auf pflanzlicher Basis aus Arzneipaprika, Pockholz und Kermesbeere ist zur Behandlung schmerzhafter Erkrankungen des Hals- und Rachenraums zugelassen. Im Rahmen einer Apothekenkundenbefragung wurden nun weitere praxisnahe Daten und Aspekte zu Wirkeintritt, Verträglichkeit und Patientenzufriedenheit generiert.

Halsschmerzen entstehen meist durch akute Infektionen der oberen Atemwege wie Entzündungen der Rachenschleimhaut (Pharyngitis), der Gaumenmandeln (Tonsillitis) oder des Kehlkopfs (Laryngitis). Eine virale Infektion ist die häufigste Ursache von Hals- und Schluckbeschwerden. Meistens treten die milderen Formen der Pharyngitis begleitend zu Erkältungskrankheiten auf (1).

Neben anderen Behandlungsstrategien ist zur Therapie der Symptomatik Halsschmerz und -entzündung eine Kombination aus Bestandteilen von Arzneipaprika (Capsicum annuum), Pockholz (Guaiacum officinale) und Kermesbeere (Phytolacca americana) zur Behandlung entzündlicher Hals- und Racheninfektionen zugelassen. Alle drei Arzneipflanzen zeigen eine antiphlogistische Wirkung (2), Arzneipaprika und Pockholz haben zudem auch analgetische Eigenschaften. In Anwendungsbeobachtungen mit über 700 Erwachsenen und Kindern demonstrierte diese Wirkstoffkombination bereits ihre Wirkung und Verträglichkeit. Prüfärzte bestätigten in nicht-interventionellen Studien bei 98 Prozent der Patienten die »gute« bis »sehr gute Verträglichkeit« des Kombinationspräparates. Es traten keine unerwünschten Arzneimittelwirkungen auf (3, 4).

PZ-Originalia . . .

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Methoden

 

Im Mittelpunkt der Apothekenkundenbefragung standen Fragen zu Wirk­eintritt, Verträglichkeit und Patientenzufriedenheit. Teilnahmeberechtigt waren die Kunden von Offizin-Apotheken, die sich von sich aus zur individuellen Selbstmedikation für die Dreierkombination entschieden hatten.

 

Nur Patienten mit Hals- und Schluckschmerzen ab 18 Jahren wurden in die Befragung einbezogen. Diese mussten vorab ihre schriftliche Einwilligung zur Teilnahme abgeben und die Anwendung gemäß Fachinformation vornehmen. Ausschlusskriterien waren Schwangerschaft oder Stillzeit, hereditäre Fructose-Intoleranz, Diabetes, Asthma oder ausgeprägte Überempfindlichkeit der Atemwege sowie Überempfindlichkeit gegen einen der Wirkstoffe im Medikament. Die teilnehmenden Kunden bekamen die Beobachtungsbögen ausgehändigt und sollten diese innerhalb von 14 Tagen ausgefüllt einschicken.

 

Die Dauer der Beobachtungen umfasste bis zu fünf Tage. Folgende Daten wurden erhoben: Alter, Geschlecht, Tag des Medikamentenkaufs, Daten zur Symptomatik wie Beginn und Schweregrad der Symptome oder sonstige Beschwerden sowie der Tag der ersten Einnahme.

 

Zielparameter waren die Dosierung, die Zeit bis zur Linderung der Beschwerden und der Verlauf der Symptome; weiterhin die Bewertung der Wirkung, Zufriedenheit, Verträglichkeit und ein eventuell vorhandenes Taubheitsgefühl nach Einnahme. Schließlich wurden auch Dauer und Häufigkeit der Einnahme erfasst und der Anteil der Patienten mit Begleittherapie ermittelt.

 

Alle ermittelten Ergebnisse sind als Anzahl oder Anteil an Patienten beziehungsweise Mittelwert ± Standardabweichung dargestellt.

 

Ergebnisse

Insgesamt konnten 261 Anwender mit einer protokollgemäßen Dokumentation ausgewertet werden. Das Durchschnittsalter lag bei 42 Jahren und der Anteil der Frauen betrug 71 Prozent. Die meisten Teilnehmer bewerteten den Beschwerdegrad vor der Behandlung als leicht oder mittel (Abbildung 1). Der überwiegende Teil der Patienten (78,2 Prozent) gab an, kein Fieber gehabt zu haben. Alle Teilnehmer nahmen das Halsschmerzmedikament im Mittel 6,4-mal pro Tag ein (± 3,3), zumeist zwischen drei- und zwölfmal. Bereits fünf Minuten nach der Einnahme trat bei et­wa jedem vierten, nach einer Stunde bei fast jedem Anwender eine Linde­rung der Beschwerden ein (Abbildung 2). Die Zeit bis zur Linderung der Symptome ist dabei weitestgehend unabhängig von der Ausprägung der Hals- oder Schluckschmerzen. Bei der zweiten und dritten Einnahme ist eine Steigerung des Patientenanteils mit einem frühen Wirkeintritt zu beobachten (Abbildung 3). Statistisch signifikant ist dabei der Unterschied in der durchschnittlichen Zeit bis zur Linderung der Symptome.

Im Mittel wurde das Präparat 3,7 (± 1,2) Tage lang eingenommen, Über die Behandlungsdauer nahm der Anteil der Patienten ohne Hals- oder Schluckschmerzen zu. Rund 10 Prozent der Patienten waren erstmals am ersten oder zweiten Behandlungstag ohne Halsschmerzen, je rund 30 Prozent dann am dritten, vierten beziehungsweise fünften Tag (Abbildung 4).

 

Die meisten Patienten bewerteten die Wirkung des Halsschmerzpräparates subjektiv als »sehr gut« oder »gut« (Abbildung 5). Die Verträglichkeit bewerteten über 95 Prozent der Patienten als »sehr gut« oder »gut«; nur zwei Patienten spürten eine lediglich mäßige Verträglichkeit des Präparats (Abbildung 5). Ein Taubheitsgefühl nach Anwendung notierten 12,64 Prozent der Teilnehmer. Rund 90 Prozent der Patienten waren mit dem Halsschmerzmedikament »zufrieden« (45,6 Prozent) oder gar »sehr zufrieden« (45,2 Prozent).

Pharmakologische Beurteilung

 

Extrakte aller drei Pflanzendrogen wirken direkt auf das entzündliche Geschehen. Das geschieht beispielsweise durch Hemmung der Aktivität und Expression von Cyclooxygenase-2 (COX-2) (5). Diese ist in entzündetem Gewebe vorhanden und dort für die Bildung von Entzündungsmediatoren, vornehmlich des Prostaglandins PGE2, verantwortlich.

 

Der Schmerz selbst entsteht durch Aktivierung peripherer Nozizeptoren. Von Bedeutung ist hierbei der dort lokalisierte Rezeptor TRPV1, früher auch Vanilloid-Rezeptor genannt. Die Rezeptoruntereinheiten bilden einen unspezifischen Ionenkanal für Natrium und Calcium (Ca2+) mit einer zentralen Pore. Die Aktivierung des TRPV1-Rezeptors führt zu einem Einstrom von Ca2+ und zu einer Depolarisation des Nozizeptors (5-7). Daraufhin werden zentrale Schmerztransmitter wie Substanz P freigesetzt.

Capsaicin, einer der Inhaltsstoffe der Arzneipaprika, kann den Rezeptor aktivieren. Capsaicin ist zwar ein Agonist am TRPV1-Rezeptor, führt jedoch bei prolongierter oder wiederholter Applikation zur Desensibilisierung beziehungsweise Tachyphylaxie des Rezeptors. Es kommt dann zur Leerung der intrazellulären Substanz-P-Speicher und zur Desensibilisierung des peripheren Nozizeptors, was letztlich eine Schmerzlinderung herbeiführt (5-7). Dieser Effekt ist beispielsweise auch bei der Anwendung der Capsaicin-haltigen freiverkäuflichen Schmerzpflaster (ABC-Pflaster) zu beobachten. Zunächst führt die Applikation zu einem bisweilen schmerzhaften Brennen, später aber zur Analgesie (5, 7). Anwender der pflanzlich wirkenden Dreierkombination können die Capsaicin-Wirkung als leichte Schärfe und wohltuende Wärme im Hals-Rachen-Raum wahrnehmen.

Entscheidend für die Wirkung des Halsschmerzpräparats ist das Vorhandensein von Capsaicin in ausreichender Konzentration am vorgesehenen Wirkort. Um dies zu überprüfen, wurde ein Capsicum-Auszug in einem experimentellen Setup getestet. Dazu gab man diesen und Capsaicin als Positivkontrolle in verschiedenen Verdünnungen auf TRPV1-exprimierende Zellen. Die TPRV1-Aktivierung wurde über den Einstrom von Ca2+ gemessen. In einer Konzentration von 0,0034 Prozent hemmt der Capsicum-Auszug die TRPV1-Aktivität zu 50 Prozent (Abbildung 6). Nach Anwendung des Arzneimittels können entsprechende Konzentrationen rechnerisch auch im Speichel erreicht werden, womit sich ein Ansprechen des Rezeptors erzielen lässt. Eine Desensibilisierung des TRPV1-Rezeptors, wie sie für Capsaicin beschrieben ist, lässt sich somit auch durch eine mehrfache Anwendung des Präparats erwarten.

 

Diskussion

Die vorliegende Apothekenkundenbefragung bildet die tägliche Versorgungssituation in der Selbstmedikation ab und bestätigt die Wirkung und Eignung der Dreierkombination in diesem Kontext. Die Mehrheit der Patienten ist nach wenigen Tagen symptomfrei. Insbesondere zeigen die aktuellen Daten, dass bei den meisten Teilnehmern bei der ersten Anwendung eine Schmerzlinderung innerhalb von wenigen Minuten bis zu einer Stunde eintritt; diese baut sich graduell auf. Linderung tritt dabei unabhängig vom Grad der Beschwerden ein. Bei wiederholter Anwendung verkürzt sich obendrein der Zeitraum bis zum Eintreten einer Besserung. Die Wirkung kann über den Anwendungsmodus mit ausreichender Einnahmehäufigkeit aufrechterhalten werden.

 

Eine schnelle Linderung wird von einer medikamentösen Intervention bei Hals- und Schluckschmerzen erwartet. Dabei liegen der graduelle Eintritt der Wirkung und das schnellere Ansprechen bei wiederholter Anwendung im Wirkmechanismus des Präparats, insbesondere in der Wirkweise des Capsicum-Auszuges, begründet: die TRPV1-Rezeptoren der Nozizeptoren sind bereits desensibilisiert und die Speicher für den Schmerztransmitter Substanz P geleert. Wiederholt eingenommen, hält die Pflanzenkombination die Desensibilisierung aufrecht.

 

Zudem bekämpft die Wirkstoffkombination nachhaltig entzündliche Prozesse, indem sie die Aktivität und Expression von COX-2 hemmt (3). Das Präparat führt nicht zu einem Taubheitsgefühl und ist allgemein gut verträglich. Insofern kann durch seine häufige Anwendung ein anhaltender schmerzlindernder Effekt erzielt werden. Da auch Fachgruppen die pflanzliche Dreierkombination nicht negativ beurteilen, ist das Präparat eine gute Option zur Behandlung entzündlicher Erkrankungen des Hals- und RachenRaums.

 

Zusammenfassung

 

Hals- und Schluckschmerzen werden in bis zu 80 Prozent der Fälle durch virale Infektionen hervorgerufen und heilen oft spontan ab. Neben anderen Behandlungsstrategien hat eine Kombination aus Arzneipaprika, Pockholz und Kermesbeere bereits mehrfach ihre Wirkung und gute Verträglichkeit gezeigt. In einer Apothekenkundenbefragung konnten nun weitere wichtige praxisnahe Daten und Aspekte zu Wirkeintritt, Verträglichkeit und Patientenzufriedenheit ermittelt werden.

 

Insgesamt nahmen knapp 300 Anwender ab 18 Jahren teil. Bei ihnen waren im Vorfeld leichte, mittelstarke beziehungsweise starke Hals- oder Schluckschmerzen aufgetreten. Die Untersuchung bestätigt die gute Wirkung und Verträglichkeit des Halsschmerzpräparates im Kontext der täglichen Versorgungssituation in der Selbstmedikation. Die Mehrheit der Patienten ist nach wenigen Tagen symptomfrei. Eine Schmerzlinderung zeigte sich meistens in einem Zeitraum von wenigen Minuten bis zu einer Stunde. Linderung tritt dabei unabhängig vom Grad der Beschwerden ein. Bei wiederholter Anwendung verkürzt sich die Spanne bis zum Eintreten einer Besserung. Die Wirkung kann über den Anwendungsmodus bei ausreichender Einnahmehäufigkeit aufrechterhalten werden. Die überwiegende Mehrheit der Patienten beurteilt die Wirkung des Kombinationspräparates als »sehr gut« oder »gut«. Auch die Verträglichkeit und Zufriedenheit mit dem Medikament wurden fast ausnahmslos als »gut« oder »sehr gut« bewertet.

 

Die Wirkweise des Capsicum-Aus­zuges bedingt die schnell spürbare Wirkung des Präparates. Wiederholt eingenommen, hält das Medikament die Desensibilisierung der Schmerz­rezeptoren aufrecht, verkürzt damit den Zeitraum bis zum Eintritt der Wirkung und bekämpft zudem Entzündungsprozesse durch Hemmung der Aktivität und Expression von COX-2. Die pflanzlich wirkende Dreierkombination ist daher eine gute Option zur Behandlung von schmerzhaften Erkrankungen des Hals- und Rachenraums. /

 

Literatur 

  1. Putto A, Pediatrics. 1987;80(1):6-12.
  2. Kopeinig B, Widowitz U, Blunder M, Haunschild J, Bauer R, Planta Med. 2011;77(12): PM110.
  3. Wiesenauer M, Advances in therapy. 1998;15(6):362-71.
  4. Heidorn F, Praktische Pädiatrie. 2004(10):SD 3-8.
  5. Vyklicky L, Novakova-Tousova K, Benedikt J, Samad A, Touska F, Vlachova V, Physiological research / Academia Scientiarum Bohemoslovaca. 2008;57 Suppl 3: S59-68.
  6. Bernstein JE, Clinics in dermatology. 1991;9(4):497-503.
  7. Reyes-Escogido M, Gonzalez-Mondragon EG, Vazquez-Tzompantzi E, Molecules. 2011;16(2):1253-70.

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Dr. Kirsten Neubert

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