Buccaltablette gegen Pilzinfektion |
22.11.2011 13:30 Uhr |
Von Brigitte M. Gensthaler, München / Immunsupprimierte Patienten sind häufig von Hefepilz-Infektionen im Mund betroffen. Eine sofortige Behandlung ist wichtig, da sich die Pilze im Blut ausbreiten und zur Sepsis führen können. Erleichtern kann die Therapie der oralen Candidose eine mukoadhäsive Buccaltablette mit Miconazol.
Candida-Pilze sind häufig. 40 bis 70 Prozent der Menschen tragen sie in der Mundhöhle, ohne zu erkranken. Anders ist es bei immunsupprimierten Patienten nach einer Chemo- oder Radiotherapie oder mit einer HIV-Infektion. Der Pilz, meist Candida albicans, kann Oberhand gewinnen und die Mundhöhle und den Rachen besiedeln: Eine oropharyngeale Candidose (OPC) entsteht.
»Etwa 30 bis 70 Prozent der Menschen, die eine Chemotherapie erhalten, entwickeln eine OPC«, berichtete die Radioonkologin Professor Dr. Petra Feyer bei einem Presseworkshop in München. Patienten, die wegen eines Kopf-Hals-Tumors bestrahlt werden, seien nahezu alle betroffen. Bei HIV-Infizierten sei dies die häufigste orale Läsion, sagte Feyer, die die Klinik für Strahlentherapie am Klinikum Neukölln in Berlin leitet.
Risikofaktoren eruieren
Frühzeitig sollten Arzt und Apotheker nach Risikofaktoren fahnden. Dazu zählen eine beeinträchtigte Funktion der Speicheldrüsen, Rauchen, ein schlechtes Gebiss oder eine schlecht sitzende Prothese sowie eine Austrocknung und Entzündung der Mundschleimhaut (Xerostomie, Mucositis). Letztere sind eine häufige Folge der Chemo- und/oder Strahlentherapie. Laut Feyer leiden etwa 40 Prozent der Patienten unter Zytostatika-Therapie und fast alle, die wegen eines Tumors im Kopf-Hals-Bereich bestrahlt werden, an einer Mucositis. Auch Arzneimittel wie Glucocorticoide oder Antibiotika können die Mundschleimhaut schädigen.
Foto: CDC/Kaplan
Die Infektion im Mund bereitet Schmerzen, erschwert das Schlucken und verändert das Geschmacksempfinden. Daher schränken die meisten Betroffenen Essen und Trinken ein. Eine OPC beeinträchtigt die Lebensqualität deutlich. Manchmal müssen sogar Therapiezyklen verschoben werden. Eine sorgfältige Mundhygiene mit Mundspülungen, gegebenenfalls mit Antiseptika sei prophylaktisch, aber auch begleitend zur antimykotischen Therapie wichtig, betonte Feyer. Bei den ersten Anzeichen einer Pilzinfektion muss therapiert werden. »Nicht behandelte orale Candidosen können sich ausbreiten, zum Beispiel in die Speiseröhre oder ins Blut.« Eine Candidämie ist lebensbedrohlich und die Mortalität hoch.
Gemäß der Leitlinie der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft und der Deutschsprachigen Mykologischen Gesellschaft (www.awmf.org) ist beim ersten Auftreten eine topische antifungale Therapie indiziert. Bei Rezidiven oder Resistenzen ist eine perorale systemische Therapie angezeigt, meist mit Fluconazol, Itraconazol oder Posaconazol. Voriconazol oder Caspofungin (intravenös) werden nur eingesetzt, wenn die OPC im Rahmen einer invasiven Candida-Infektion auftritt.
Für die topische Therapie gibt es Lösungen, Suspensionen, Lutschtabletten und Mundgele mit Polyen-Antibiotika wie Nystatin, Amphotericin B und Natamycin oder Azol-Antimykotika. Der Patient muss diese vier- bis sechsmal täglich anwenden und die Medikation möglichst lange im Mund behalten. »Meist schmecken die Topika schlecht, das mindert die Compliance«, sagte Feyer. Zudem fördere der hohe Zuckergehalt das Candida-Wachstum.
Tablette für Eckzahngrube
Einfacher zu handhaben ist eine Buccaltablette, die der Patient einmal täglich in die Eckzahngrube am Oberkiefer einlegt (Loramyc®, Therabel Pharma). Das mukoadhäsive System haftet dort, löst sich langsam auf und setzt Miconazol frei. So wird über mehrere Stunden eine hohe Wirkstoffkonzentration im Speichel bei geringer systemischer Belastung erreicht. Die Therapie dauert sieben bis 14 Tage. In klinischen Studien an Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren und HIV-Infizierten besserte das System die Beschwerden effektiv. Die Ansprechraten waren vergleichbar oder tendenziell besser als mit Miconazol-Mundgel. Eine Erregerbestimmung ist vor der Anwendung nicht nötig.
Das Apothekenteam sollte dem Patienten erklären, dass er die Buccaltablette einmal täglich nach dem Zähneputzen in die Eckzahngrube einlegt und mit der Oberlippe etwa 30 Sekunden leicht andrückt. Am nächsten Tag sollte er die andere Seite des Oberkiefers dafür nutzen. /