Dies ist ein Beitrag aus unserem Archiv. Aktuelle Informationen zum Thema finden Sie auf unserer Themenseite Brustkrebs.
Früh erkennen, individuell behandeln |
14.11.2017 15:49 Uhr |
Von Dorothea Fischer / Jede neunte Frau erkrankt in ihrem Leben an Brustkrebs. Die Heilungschancen sind durch eine verbesserte Früherkennung und individuelle Therapiekonzepte sehr günstig. Diese stützen sich neben der Operation und Bestrahlung auf endokrine Substanzen, Chemotherapien und zielgerichtete Substanzen.
Das Mammakarzinom ist in Deutschland die häufigste Krebserkrankung der Frau. Jährlich erkranken mehr als 74 000 Frauen neu und etwa 17 800 sterben an den Folgen. Die Prognose ist stark abhängig vom Stadium der Erkrankung bei Diagnosestellung sowie der Tumorbiologie.
Mehr als 88 Prozent der Patientinnen leben länger fünf Jahre. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei 64 Jahren; 30 Prozent der Patientinnen sind jünger als 54 Jahre (1).
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Die Mammografie ist eine Standardmethode zur Brustkrebs-Diagnose.
Foto: Fotolia/Picture Partners
Jede Frau in Deutschland wird zwischen dem 50. und 69. Lebensjahr alle zwei Jahre zur Mammografie im Rahmen des Screenings eingeladen. Seit Beginn des Mammografie-Screenings hat sich die Anzahl der invasiven Tumoren, die im frühen Stadium entdeckt werden, deutlich erhöht. Waren vor Einführung des Screenings nur 49 Prozent der entdeckten Tumoren kleiner als 2 cm, so waren es 2014 bereits 77 Prozent. Auch in Bezug auf den Lymphknotenbefall zeigte sich Erfolg: Hatten vor dem Screening 43 Prozent der Frauen befallene Lymphknoten bei Diagnose, so waren es 2014 nur noch 25 Prozent (2).
Als weitere Früherkennungsuntersuchung steht jeder Frau ab 30 Jahren die jährliche Tastuntersuchung beim Frauenarzt zu. Dieser sollte die Frauen dazu anhalten, einmal im Monat beide Brüste genauer zu untersuchen. Bei der Inspektion sollte auf Veränderungen an der Haut, insbesondere der Brustwarze, geachtet werden. Auch Einziehungen oder eine Haut, die lokal aussieht wie die einer Orange (Plateau- und Peau d’orange-Phänomene), können auf eine Tumorerkrankung hinweisen. Ferner sollte die Frau bei der Brust-Selbstuntersuchung auf Flüssigkeitsaustritt aus der Brustwarze, knotige Veränderungen und auf Lymphknotenvergrößerungen in der Achselhöhle achten.
Das Konsortium für familiären Brustkrebs (3) hat einen Kriterienkatalog aufgestellt, welche Frauen ein Risiko von mehr als 10 Prozent für eine BRCA-Mutation haben. Die Kriterien im Einzelnen:
Genmutationen erhöhen das Risiko
Ein deutlich erhöhtes Krankheitsrisiko haben Menschen, bei denen eine Genmutation vorliegt. Derzeit geht man davon aus, dass etwa 5 bis 10 Prozent aller Betroffenen eine Genmutation aufweisen. Das Konsortium für familiären Brustkrebs hat einen Anamnesekatalog aufgestellt, der Menschen identifiziert, die ein Risiko von mehr als 10 Prozent für eine BRCA-1- oder -2-Mutation haben (Kasten) (3).
Liegt eine entsprechende Mutation vor, erkranken die Betroffenen im Schnitt zehn Jahre früher als die Allgemeinbevölkerung. Das Lebenszeitrisiko für ein Mammakarzinom beträgt bei einer BRCA-1-Mutation bis 69 Prozent, bei einer BRCA-2-Mutation 50 bis 74 Prozent. Für Frauen mit einer Mutation der Hochrisikogene steht ein intensiviertes Früherkennungsprogramm zur Verfügung. Ihnen werden neben der jährlichen Mammografie alternierend eine Magnetresonanz-Tomografie (MRT) der Brüste sowie ein Ultraschall angeboten.
Zudem besteht die Möglichkeit einer prophylaktischen Operation. Viele Betroffene entscheiden sich für die Entfernung beider Eierstöcke; dies erfolgt ab dem 40. Lebensjahr oder fünf Jahre vor dem Lebensalter der jüngsten Ersterkrankten in der Familie. In Bezug auf prophylaktische Operationen an der Brust entscheidet sich eine geringere Anzahl von Mutationsträgerinnen für den Eingriff. Angehörigen wird ein Termin bei einer humangenetischen Beratung empfohlen.
Ein erhöhtes Krankheitsrisiko haben auch ältere Menschen, Menschen mit Adipositas, bei erhöhtem Alkoholkonsum und Bewegungsmangel sowie Frauen, die keine Kinder bekommen haben oder nicht gestillt haben. Auch eine Hormonersatztherapie erhöht das Risiko.
Diagnostik und Pathologie
Zur Diagnostik steht neben der Palpation und der Inspektion von Brust und Achselhöhlen als Standardmethode die Mammografie zur Verfügung, bei dichtem Drüsenkörper ergänzt durch den Ultraschall. Die MRT wird bei speziellen Fragestellungen eingesetzt, zum Beispiel
Bei einem auffälligen Befund folgt eine Biopsie des Herdes mithilfe einer Hohlnadel, wenn möglich unter Ultraschallkontrolle. Insbesondere wenn Mikrokalk (besonders kleine Kalkkonfigurationen) vorliegt, wird die dann durchgeführte Vakuumbiopsie mit einer Mammografie gesteuert. Ist der Herd nur in der MRT sichtbar, ist eine MRT-gestützte Biopsie erforderlich. In seltenen Fällen entnimmt man heutzutage noch operativ eine Biopsie (4).
Ziel der Operation ist es, alle Tumorzellen zu entfernen. Bei drei Viertel der Frauen gelingt dies brusterhaltend.
Foto: Your Photo Today
Anhand der Biopsie unterscheidet der Pathologe verschiedene Brustkrebsvorstufen. Dazu zählen die intraduktale atypische Hyperplasie (ADH), lobuläre intraepitheliale Neoplasie (LIN), flache epitheliale Atypie (FEA) sowie das duktale Carcinoma in situ (DCIS). Häufig werden die Krebsvorstufen bei der Untersuchung von Mikrokalk entdeckt. Während die ersten drei Veränderungen als Risikoläsionen eingestuft werden, besteht beim DCIS ein 30- bis 50-prozentiges Risiko, dass sich daraus ein invasives Karzinom entwickelt. Hier wird eine kompetente Entfernung der Läsion und nach brusterhaltender Therapie eine Bestrahlung empfohlen.
Der Pathologe bestimmt neben der Art der Tumorzellen (vor allem duktal und lobulär) die Größe des Tumors, mögliche Lymphknoten-Metastasen und die Ausbreitung in Lymphbahnen oder Blutgefäße (L1 oder V1). Die Therapie hängt im Wesentlichen auch von der Tumorbiologie ab. Hier sind wichtige Parameter das Grading (G 1 bis 3), das Ki67-Protein als Proliferationsmarker und die Rezeptorausstattung. Sind Hormonrezeptoren (Estrogen- und Progesteronrezeptor) vorhanden, kann das Wachstum durch Hormonentzug verlangsamt oder gestoppt werden. Der HER-2-Rezeptor ist ein Wachstumsfaktor-Rezeptor, gegen den gezielte Therapien (targeted therapy) entwickelt wurden.
Als weitere Untersuchungsmethode können Genexpressionsprofile bestimmt werden, die helfen, das individuelle Rückfallrisiko in bestimmten Situationen besser einzuschätzen. Als Testsysteme sind unter anderem Onkotype DX, Endopredict, Mammaprint und Prosigna auf dem Markt. Allen Genexpressionstests ist gemein, dass sie eine Untergruppe von Brustkrebs-Patientinnen identifizieren sollen, die ohne Chemotherapie optimal behandelt werden kann (5).
Operation meist brusterhaltend
Grundsätzlich wird jede Patientin operiert, es sei denn, sie hat eine bereits metastasierte Erkrankung bei der Ersterkrankung. Ziel der Operation ist es, alle Tumorzellen aus der Brust zu entfernen. Die Schnittränder werden jeweils komplett untersucht.
Etwa 75 Prozent aller Patientinnen können brusterhaltend operiert werden. Eine Mastektomie ist notwendig, wenn das Tumor-Brust-Verhältnis ungünstig oder die Brusthaut betroffen ist, ausgedehnte Krebsvorstufen vorliegen, eine Strahlentherapie nicht möglich ist oder auf Wunsch der Patientin. Nach einer Mastektomie stehen unterschiedliche rekonstruktive Verfahren zur Verfügung: Man kann den Drüsenkörper durch eine Prothese ersetzen oder mit Eigengewebe eine entsprechende Brust formen. Dieses wird derzeit überwiegend als freier Lappen aus der Bauchdecke genommen.
Zur Risikoeinschätzung ist es Standard, dass bei klinisch unauffälligen Lymphknoten in der Axilla der oder die sogenannten Wächterlymphknoten (Sentinel) entfernt werden. Werden vor einer Operation bereits auffällige Lymphknoten festgestellt, folgt üblicherweise eine Axilla-Dissektion (eine Entfernung der Lymphknoten in der Achselhöhle). In Studien wird derzeit untersucht, ob bei klinisch unauffälligen Lymphknoten überhaupt eine Entfernung von axillären Lymphknoten notwendig ist.
Das Risiko für ein Lymphödem steigt mit der Zahl der entfernten Lymphknoten. Bei Entfernung des Wächterlymphknotens beträgt es etwa 5 Prozent, bei Entfernung der Lymphknoten aus Level I und II werden Lymphödeme bei bis zu 20 Prozent der Patientinnen beschrieben.
Antihormonelle Therapie
Unter Tamoxifen zu empfehlen: die regelmäßige Konsultation beim Augenarzt
Foto: BVA
Bei zwei Drittel der Patientinnen besteht ein positiver Hormonrezeptorstatus (Estrogen- und Progesteron-Rezeptoren). Dann ist postoperativ eine antihormonelle Therapie – in der Regel für fünf Jahre, manchmal auch bis zu zehn Jahre – sinnvoll, da diese das Rückfallrisiko senkt.
Die wesentlichen Nebenwirkungen aller antihormonell wirksamen Substanzen sind Wechseljahrbeschwerden, zum Beispiel Hitzewallungen, Schweißausbrüche, Schlafstörungen, depressive Verstimmungen, vaginale Blutungen und Juckreiz in der Scheide. Als besonders belastend erleben die Patientinnen Muskelbeschwerden. Zusätzlich steigt das Risiko für Thrombosen und psychische Probleme.
Der selektive Estrogenrezeptor-Modulator Tamoxifen blockiert die Rezeptoren hormonabhängiger Tumorzellen, sodass Estrogene keinen Wachstumsreiz mehr auslösen. Tamoxifen wird bei prä- und postmenopausalen Frauen angewendet. Die Dosierung beträgt einmal täglich eine Tablette mit 20 mg. Unter Tamoxifen kann es zu einer Endometrium-Hyperplasie bis hin zum Endometrium-Karzinom kommen; auch das Risiko einer Thrombose ist erhöht. Zusätzlich können Sehstörungen, zum Beispiel durch Katarakte oder Retinopathien, auftreten, sodass eine Vorstellung beim Augenarzt zu Beginn der Therapie empfohlen wird.
GnRH-Analoga wie Leuprorelin und Goserelin werden bei prämenopausalen Patientinnen eingesetzt, um die Estrogenproduktion der Eierstöcke einzustellen. Der Einsatz wird besonders bei jungen Frauen vor dem 35. Lebensjahr sowie bei Frauen mit Fernmetastasen empfohlen. Die Spritzen werden entweder einmal monatlich oder alle drei Monate gesetzt.
Aromatasehemmer werden bei postmenopausalen Frauen eingesetzt, oft in Sequenz mit Tamoxifen. Neben den nicht-steroidalen Aromatasehemmern Anastrozol und Letrozol wird der steroidale Hemmstoff Exemestan eingesetzt. Sie vermindern eine Umwandlung von Estrogenvorstufen in Estrogene. Die Wirkung aller drei Substanzen ist in Bezug auf die Prognose als gleich einzuschätzen. Wesentliche Nebenwirkungen im Vergleich zu Tamoxifen sind Myalgien und Arthralgien sowie Osteoporose. Unter der Therapie mit Aromatasehemmern wird eine Kontrolle der Knochendichte empfohlen.
Der Estrogenrezeptor-Antagonist Fulvestrant schaltet den Rezeptor vollständig aus und reduziert die Estrogenrezeptorprotein-Spiegel in den Tumoren. Fulvestrant ist nur bei Frauen nach den Wechseljahren zugelassen, bei denen bereits eine Fernmetastasierung besteht und die zuvor Tamoxifen erhalten haben. Die Gabe erfolgt intramuskulär.
Wann und wie wird bestrahlt?
Nach einer brusterhaltenden Operation ist die Bestrahlung Standard. In wenigen Fällen reicht eine Teilbrustbestrahlung aus, generell wird die komplette verbliebene Brust bestrahlt.
Wurde die Brust entfernt, muss bei einer Tumorgröße ab 5 cm, wenn drei oder mehr Lymphknoten befallen sind oder nach Befall der Haut oder des Muskels ebenfalls bestrahlt werden. Sind axilläre Lymphknoten befallen, werden auch die Lymphabflusswege ober- und unterhalb des Schlüsselbeins bestrahlt, nicht jedoch die Axilla selbst.
Die Strahlentherapie beginnt frühestens drei Wochen nach der Operation. Ist eine Chemotherapie nötig, so startet die Bestrahlung nach deren Abschluss. Die Radiatio dauert drei bis sechs Wochen. Wie lange und mit welcher Dosis bestrahlt wird, richtet sich nach der individuellen Situation der Patientin. Liegt keine Hochrisikosituation vor, ist bei Frauen über 40 Jahren eine kürzere Strahlentherapie mit höheren Einzeldosen (Hypofraktionierung) Standard. Bei höherem Rezidivrisiko wird das ehemalige Tumorbett mit einer erhöhten Dosis (Boost) bestrahlt.
Die wesentlichen Nebenwirkungen sind eine schmerzhafte Rötung bis hin zur Blasenbildung. Durch eine präzisere Bestrahlung werden Lunge und Herz heutzutage sehr wenig beeinflusst. Allerdings sollten Raucherinnen unbedingt das Rauchen einstellen, da sonst das Risiko für ein Bronchialkarzinom deutlich steigt. Während der Bestrahlung ist auf enge Kleidung zu verzichten; weitere Reizungen, zum Beispiel Sonnenbäder, sollten vermieden werden.
Individueller Einsatz der Chemotherapie
Eine Chemotherapie wird grundsätzlich empfohlen
Steht die Indikation zur Chemotherapie bereits vor einer Operation fest, so erfolgt die Chemotherapie bevorzugt neoadjuvant, also vor der Operation.
Meist wird die Chemotherapie beim Mammakarzinom über einen Port verabreicht.
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Eine Chemotherapie wird auch bei Frauen mit fortgeschrittenem Brustkrebs zur Palliation eingesetzt, wenn der Tumor Hormonrezeptor-negativ ist, die antihormonelle Therapie bei einem Hormonrezeptor-positiven Karzinom nicht mehr wirkt oder Symptome durch Metastasen rasch gelindert werden müssen.
In der neoadjuvanten oder adjuvanten Situation erhalten die Frauen eine Polychemotherapie, zum Beispiel mit Anthracyclinen wie Epirubicin und Alkylanzien wie Cyclophosphamid, gefolgt von Taxanen wie Paclitaxel. Liegt eine BRCA-1- oder -2-Mutation vor oder ist der Tumor triple-negativ, kommen auch Platinderivate zum Einsatz. Palliativ werden vor allem Taxane, Antimetabolite wie Capecitabin und Gemcitabin, Vinca-Alkaloide wie Vinorelbin und Eribulin eingesetzt. Palliativ wird wegen der besseren Verträglichkeit fast immer eine Monochemotherapie gegeben.
Die Chemotherapie wird beim Mammakarzinom typischerweise ambulant über einen Port verabreicht.
Das Nebenwirkungsprofil unterscheidet sich je nach eingesetzten Substanzen. Am stärksten belastend empfinden die Patientinnen eine Fatigue, neben Übelkeit und Erbrechen, Mundschleimhautentzündungen, Haarausfall und Verstopfung. Bei Taxanen steht die Neuropathie im Vordergrund, die kumulativ entsteht. Bei Antracyclinen muss aufgrund der kardiotoxischen Wirkung alle drei Monate eine Echokardiografie (»Herzecho«) aufgezeichnet werden.
Supportiv kommen prophylaktisch Antiemetika zum Einsatz. Bei älteren Damen oder höherem Risiko einer Leukozytopenie, zum Beispiel durch eine dosisdichte, dosisintensivierte Chemotherapie, werden prophylaktisch Granulozyten-Wachstumsfaktoren (G-CSF) verabreicht. Die eingesetzten Supportiva können zusätzlich eine Obstipation auslösen, die G-CSF auch stärkere Myalgien und Arthralgien.
Als Hausmittel gegen Mundschleimhautentzündungen werden das Lutschen gefrorener Ananasstücke sowie Spülungen mittels Kamille oder Salbei empfohlen. Bei Übelkeit und Erbrechen sollen Pfefferminztee-Eiswürfel helfen, bei Durchfall geriebener Apfel.
Zielgerichtete Therapien: Antikörper gegen HER2
Etwa 15 Prozent aller Mammakarzinome exprimieren den HER-Rezeptor. Diese Patientinnen bekommen in der neoadjuvanten Situation den HER2-Antikörper Trastuzumab. Seit 2013 ist ebenfalls Pertuzumab als Kombinationspartner zugelassen bei Tumoren über 2 cm oder Lymphknotenbefall. Trastuzumab wird über insgesamt ein Jahr gegeben, Pertuzumab ist mit der Operation beendet. Die Verträglichkeit ist sehr gut.
In der Palliation wird neben diesen beiden Substanzen auch das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat Trastuzumab-Emtansin (TDM1) eingesetzt bei Patientinnen, die bereits Trastuzumab und ein Taxan erhalten haben.
Der orale Tyrosinkinase-Inhibitor Lapatinib wird bei HER2-positiven Tumoren mit Capecitabin oder einem Aromatasehemmer kombiniert, teilweise auch mit Trastuzumab. Die wesentlichen Nebenwirkungen sind Durchfall, Hautausschlag und Leberfunktionsstörungen.
In der Palliation wird zunehmend versucht, bei Hormonrezeptor-positivem Mammakarzinom endokrine Resistenzen zu umgehen. Der mTOR-Inhibitor Everolimus wird dazu mit dem Aromatasehemmer Exemestan kombiniert. Wesentliche Nebenwirkungen sind verschiedene Infektionen, Stomatitis und nicht-infektiöse Pneumonitis. Kontraindiziert sind P450-abhängige Medikamente sowie Johanniskraut und Grapefruitsaft.
Seit November 2016 sind CDK4/6-Inhibitoren zugelassen, derzeit Palbociclib und Ribociclib. Sie werden in der Kombination mit Fulvestrant oder einem Aromatasehemmer eingesetzt. Wesentliche Nebenwirkung ist eine Neutropenie; da diese aber nicht mit einer erhöhten Infektionsrate einhergeht, werden keine G-CSF eingesetzt. Eine engmaschige Überwachung ist notwendig.
Der monoklonale Antikörper Bevacizumab blockiert den VEGF-Rezeptor und hemmt somit die Angiogenese. Bevacizumab ist in Kombination mit Taxanen bei HER2-negativen palliativen Patientinnen zugelassen. Wesentliche Nebenwirkungen sind Hypertonie, Thrombosen und Proteinurie.
Lokalrezidiv und Fernmetastasen
Tritt erneut Brustkrebs in der zuvor betroffenen Brust auf, werden zunächst apparativ Fernmetastasen ausgeschlossen. Handelt es sich »nur« um ein Lokalrezidiv, ist die Erkrankung prinzipiell weiterhin heilbar. In den meisten Fällen erfolgt dann nach einer brusterhaltenden Operation eine Mastektomie. In bestimmten Fällen kann eine erneute brusterhaltende Operation erwogen werden, wenn eine erneute Bestrahlung, zum Beispiel mit Brachytherapie (»interne Strahlentherapie«), möglich ist. Welche Systemtherapie sich anschließt, ist sehr individuell.
Mundschleimhautentzündung und Magen-Darm-Beschwerden sind häufige Nebenwirkungen einer Chemotherapie.
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Am häufigsten metastasiert das Mammakarzinom in das Skelett, in Lunge und Leber, seltener und typischerweise später in das Gehirn. Besteht der Verdacht auf eine Fernmetastasierung, wird möglichst eine Probe entnommen, um die Tumorbiologie zu untersuchen. Fernmetastasen können sich vom Primärtumor in Bezug auf ihre Rezeptorausstattung unterscheiden.
Grundsätzlich erfolgt bei Hormonrezeptor-positivem Karzinom eine antiendokrine Therapie, bei HER2-positiver Situation eine anti-HER2 gerichtete Therapie. Im weiteren Verlauf kommen fast immer Chemotherapien zum Einsatz. Selten werden singuläre Metastasen operativ entfernt. Bei Knochenmetastasen bekommt die Frau Bisphosphonate oder Rank-Ligand-Inhibitoren wie Denosumab. Hier ist es wichtig, penibel auf die Zahngesundheit zu achten, um Kiefer-Osteonekrosen zu vermeiden. Eine Bestrahlung von symptomatischen Knochenmetastasen oder Metastasen der Haut, der Weichteile und des Gehirns ist Standard.
Supportive und integrative Therapien
Frauen mit Mammakarzinom vertrauen häufig auf »alternative« Methoden, die sie nicht selten gefährden und hohe Kosten verursachen können. Zunehmend versucht man, integrativ-medizinische Verfahren im Rahmen von Studien einzusetzen, um deren Wirkung wissenschaftlich zu sichern. Anerkannt sind hier die Mind-Body-Medizin (MBSR), körperliches Training und Yoga zur Verbesserung der Lebensqualität. Positive Ergebnisse liegen zu Akupunktur bei Übelkeit und Erbrechen sowie Müdigkeit vor, ebenso für Hypnose bei Schmerzen und Übelkeit sowie präoperativ zur Reduktion von Angst.
Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung der Frau. Die Prognose ist in frühen Stadien sehr günstig. Individualisierte Therapiekonzepte helfen, Nebenwirkungen zu mindern und die Prognose weiterhin zu verbessern. Jährlich aktualisierte Therapieempfehlungen findet man auf der Internetseite der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie (AGO) (6, 7). Die Konsultationsfassung der neuen S3-Leitlinie wurde im August 2017 veröffentlicht (8). /
Literatur
Dorothea Fischer studierte Humanmedizin in Lübeck und schloss ihre Promotion 1999 ab. Nach der Weiterbildung am Städtischen Krankenhaus Lüneburg erhielt sie 2003 die Anerkennung als Fachärztin für Frauenheilkunde. Von 2004 bis 2015 war sie am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, tätig, das sie zwischenzeitlich auch kommissarisch leitete. Sie habilitierte sich dort 2010 und wurde 2015 zur außerplanmäßigen Professorin ernannt. Seit 2015 leitet sie die Frauenklinik am Klinikum Ernst von Bergmann in Potsdam. Ihr wissenschaftlicher Schwerpunkt liegt bei der jungen Patientin mit Mammakarzinom.
Professor Dr. Dorothea Fischer
Klinikum Ernst von Bergmann, Frauenklinik
Charlottenstraße 72
14469 Potsdam
E-Mail: Dorothea.fischer@klinikumevb.de