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Schwangerschaft

Maßvoll Gewicht zunehmen

12.11.2014  10:21 Uhr

Von Brigitte M. Gensthaler, München / Viele Frauen legen in der Schwangerschaft mehr an Gewicht zu, als sie sollten. Das hat nicht nur negative gesundheitliche Auswirkungen auf die Mutter, sondern auch auf das Kind. Hier vorbeugend einzugreifen ist das Ziel des Kooperationsprojekts »Gesund leben in der Schwangerschaft (GeliS)« der Technischen Universität München.

»Prävention von Anfang an« heißt das Motto der Interventionsstudie unter Leitung von Professor Dr. Hans Hauner von der TU München-Weihenstephan. Kernelement ist die ausführliche persönliche Beratung der Schwangeren zu einem gesunden Ernährungsverhalten und Lebensstil. Etwa 40 Prozent der Frauen in Bayern nähmen während der Schwangerschaft übermäßig an Gewicht zu, sagte Ernährungsminister Helmut Brunner, der das Projekt gemeinsam mit Gesundheitsministerin Melanie Huml in München vorstellte.

Gerade in der Schwangerschaft seien Frauen offen für Veränderungen ihres Lebensstils und für ein gesundheitsbewusstes Leben, betonte Huml. Daher sei eine gute fundierte Information sehr wichtig, damit »die Frauen wissen, was ihr Baby braucht und was nicht«.

 

Nicht mehr als 16 Kilo

 

Wie viel eine Frau in der Schwangerschaft zunehmen darf, hängt maßgeblich von ihrem Ausgangsgewicht ab, informierte Studienleiter Hauner. Er wies auf die Empfehlungen des US-amerikanischen Institute of Medicine (IOM) von 2009 hin, die auch für Deutschland gelten. Für normalgewichtige Frauen mit einem BMI zwischen 18,5 und 24,9 sind es 11,5 bis 16 kg. Dagegen sollten überwichtige Frauen (BMI 25,0 bis 29,9) nur 7 bis 11,5 kg zunehmen und adipöse Frauen nur 5 bis 9 kg. Tatsächlich legten jedoch mehr als 40 Prozent der schwangeren Frauen mehr zu als vom IOM empfohlen – Tendenz steigend. Vor allem Frauen, die mit Übergewicht oder Adipositas in die Schwangerschaft starten, liegen am Ende über den IOM-Werten.

 

Komplikationsrate steigt

 

Die übermäßige Gewichtszunahme habe erhebliche Folgen, machte Hauner klar. Das Risiko für Gestationsdiabetes und Präeklampsie könne steigen, ebenso die Rate an Geburtskomplikationen und Kaiserschnitten. Nach der Geburt behielten viele Frauen die zugelegten Pfunde. Das Kind ist im Mutterleib den mütterlichen Risiken ausgesetzt und habe zudem später ein erhöhtes Adipositasrisiko. Die Pilotstudie FeLIPO habe 2013 bereits gezeigt, dass eine einfache Beratung der Schwangeren die Rate an übermäßiger Gewichtszunahme und Diabetes sowie an Kaiserschnitten senken kann, sagte der Arzt.

 

Hier knüpft das GeliS-Projekt an. An der Studie, die bis 2016 laufen soll, nehmen bayernweit 2500 Frauen in zehn Modellregionen teil. Die Hälfte der Frauen (Interventionsgruppe) soll im Rahmen der gynäkologischen Routinevorsorge von speziell geschulten Beraterinnen zu einer gesunden Lebensweise motiviert werden. Dazu sind vier persönliche Beratungsgespräche vorgesehen. Verschiedene Materialien, etwa eine Gewichtskurve zum Gewichts-Monitoring, ein Bewegungsprogramm mit Übungen für jeden Tag oder ein Schrittzähler, sollen die Frauen bei der Umsetzung unterstützen. Die andere Hälfte der Frauen bildet die Vergleichsgruppe; sie erhalten nur Basisinformationen zu Ernährung und Bewegung.

 

Bislang wurden etwa 1360 Frauen rekrutiert, von denen rund 360 die vorgesehenen vier Beratungen absolviert haben, berichtete Hauner. Die Teilnehmer sollen bis zum Abschluss des fünften Lebensjahres des Kindes nachbeobachtet werden. Die Drop-out-Rate sei mit derzeit 6,8 Prozent gering. Es gebe erste positive Erfahrungsberichte, aber noch keine Zwischenauswertung, sagte der Mediziner. Je nach den Ergebnissen solle das GeliS-Konzept auf ganz Bayern ausgeweitet werden. Ernährungs- und Gesundheitsministerium stellen für die Studie zusammen rund 450 000 Euro bereit. Weitere 300 000 Euro kommen von der AOK Bayern. /

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