Pharmazeutische Zeitung online
Gesundheitswesen

E-Health wird immer wichtiger

07.11.2012  11:35 Uhr

Von Hannelore Gießen, Berlin / Soziale Medien und Apps spielen eine wachsende Rolle im Gesundheitswesen. So lässt sich über Twitter und Facebook die Ausbreitung von Krankheiten verfolgen. Spezielle Apps helfen beim Abnehmen und überwachen den Body-Mass-Index.

Rund 17 000 Gesundheits-Apps seien derzeit im Apple Store erhältlich, sagte Alexander Schachinger von der Beratungsagentur Healthcare 42 im Rahmen der Jahrestagung des Studiengangs »Consumer Health Care« an der Berliner Charité. Längst etabliert sind Apps, mit denen Diabetiker oder Migränepatienten ihre Erkrankung leichter in den Griff bekommen. So können Diabetiker etwa ihren Glukosespiegel per App im Blick behalten und auf diese Weise ihren HbA1C-Wert zum Teil deutlich senken.

 

Apps erinnern an Sport

 

Die meisten Gesundheits-Apps beziehen sich jedoch eher auf die Bereiche Gesundheitserhaltung und Wellness. Große Nachfrage gebe es vor allem bei Apps mit Programmen zum Abnehmen, führt Schachinger weiter aus. Begehrt seien außerdem Apps, die den Nutzer an das tägliche Fitnessprogramm erinnern oder den Body-Mass-Index überwachen.

Auch Christopher Funk hat den Markt mit Gesundheits-Apps in seiner Masterarbeit untersucht: Bei den Sparten des amerikanischen Apple Store rangiert der Bereich »Medizin« mit einem Anteil von nur 7 Prozent weit abgeschlagen hinter Spitzenreitern wie »Spiele« und »Lernen«. Ein Vergleich der Inhalte deutscher und amerikanischer Apps zeigt, dass Nutzer in Deutschland Gesundheits-Apps suchen, die ihnen helfen, sich auf einen Arztbesuch vorzubereiten und ihnen Informationen über eine Erkrankung liefern. In den USA wollen viele Nutzer dagegen mithilfe entsprechender Apps selbst eine Diagnose stellen und einen Arztbesuch auf diese Weise umgehen.

 

Wie Informationen in sozialen Netzwerken Krankheitsausbrüche anzeigen, erläuterte der Epidemiologe Dr. Edward Velasco vom Robert-Koch-Institut (RKI). Nach dem Infektionsschutzgesetz informieren Ärzte und Labore die Gesundheitsämter über meldepflichtige Krankheiten. Das braucht allerdings seine Zeit: Fünf Tage können vergehen, bis eine entsprechende Meldung beim RKI ankommt.

 

Derzeit arbeitet das Institut an einem Frühwarnsystem, das über soziale Netzwerke den Ausbruch von Infektionskrankheiten früher erkennen und den klassischen Informationsweg ergänzen soll. Manche Internetnutzer twittern oder bloggen, dass sie krank sind, mitunter bevor sie zu einem Arzt gehen. Verhalten sich besonders viele Menschen so, lässt sich der Ausbruch einer Epidemie erkennen, noch ehe Gesundheitsämter und RKI davon erfahren.

 

Epidemien erkennen

 

Das Google-Tool Flu Trends zeigt schon seit einigen Jahren, wie webbasierte Informationen zum frühen Erkennen von Krankheitsausbrüchen beitragen können. Aus der Zahl der Anfragen in der Suchmaschine zum Thema Grippe folgern Epidemiologen, wie häufig die Grippe in bestimmten Ländern und Regionen weltweit auftritt.

 

Hätte ein Monitoring von Internetdaten auch geholfen, die ungewöhnlich vielen EHEC-Fälle im Frühjahr 2011 in Norddeutschland schneller zu erkennen? Velasco stellte dazu eine vor wenigen Wochen publizierte Studie des Forschungszentrums L3S der Universität Hannover vor. Demnach zeigt eine Auswertung, dass die aus Facebook und Twitter erhobenen Datensignale erst einen Anstieg der Meldungen zu EHEC feststellten, als die Nachricht der blutigen Durchfallerkrankung bereits in den Medien war.

 

Bei kleineren Epidemien ist der Nutzen von einem Monitoring sozialer Netzwerke offenbar noch begrenzt. Eine Ortsbestimmung über Twitter sei kaum möglich, bedauerte Velasco. Bisher sei auch der in der Auswertung verwendete Algorithmus noch nicht treffsicher. So führe ein Tweet über »Fußball-Fieber« zu einer Meldung über Fieber. Außerdem benutzten die Menschen Begriffe, die nicht aus dem medizinischen Bereich kommen und die der Algorithmus nicht erkennt. Mit ironischen Bemerkungen und einer bildhaften Sprache wie »die Aufgaben bereiten mir Kopfschmerzen« ist das Programm erst recht überfordert. /

Mehr von Avoxa