Berechtigte Auszeichnung |
22.10.2012 22:56 Uhr |
Die Vergabe des diesjährigen Chemie-Nobelpreises ist aus zwei Gründen besonders erfreulich. Zum einen würdigt der diesjährige Preis an die beiden Universitätsprofessoren Brian Kobilka (Stanford University) und Robert Lefkowitz (Duke University) pharmazeutisch relevante Grundlagenforschung im universitären Bereich, zum anderen wird mit dieser Auszeichnung auch sichtbar gemacht, dass rund die Hälfte aller innovativen Arzneistoffe in den USA einen universitären Ursprung hat. Auch in Europa und insbesondere in Deutschland werden wir in der nächsten Dekade starke Kooperationen zwischen pharmazeutischer Industrie und universitärer Spitzenforschung sehen, nicht zuletzt wegen der Krise und der daraus resultierenden weltweiten Innovationslücke in Big Pharma.
Die detaillierte Kenntnis der 3-D-Struktur von Targetproteinen in Lösung oder kristallinem Zustand spielt bei der Entwicklung von Arzneistoffen eine entscheidende Rolle. Dies trifft in besonderer Weise für die humanen G-Protein-gekoppelten Rezeptoren (GPCR) zu, da rund die Hälfte aller Arzneistoffe über diese Membranproteinkomplexe ihre Wirkungen entfalten.
Trotz intensiver Bemühungen konnten Forscher bis vor wenigen Jahren keinen humanen GPCR kristallisieren beziehungsweise dessen dreidimensionale Struktur aufklären. Die Gründe hierfür liegen zum einen in der hohen strukturellen Flexibilität dieser Rezeptoren und zum anderen an den großen hydrophoben Oberflächen des Rezeptorproteins, das zum überwiegenden Teil in der Zellmembran verankert ist.
Ein spektakulärer Durchbruch – insbesondere für die Entwicklung von innovativen Arzneistoffen, die über GPCR ihre Wirkung vermitteln – gelang vor Kurzem mit der Kristallisation und Strukturaufklärung des ß2-Rezeptors im Komplex mit Antagonisten und Agonisten. Für diese bahnbrechenden Untersuchungen erhielten Kobilka und Lefkowitz nun den Nobelpreis für Chemie (lesen Sie dazu G-Protein-gekoppelte Rezeptoren: Nobelpreis für Arzneistofftargets). Aus der Sicht der wissenschaftlichen Pharmazie Deutschlands ist zudem hervorzuheben, dass maßgeschneiderte Rezeptorliganden aus der Arbeitsgruppe von Professor Dr. Peter Gmeiner aus Erlangen wesentlich zum Forschungserfolg von Kobilka beigetragen haben. Dafür gilt Gmeiner mein Glückwunsch.
Professor Dr. Manfred Schubert-Zsilavecz
Mitglied der Chefredaktion