Pharmazeutische Zeitung online
Sovaldi-Patent

Gilead unter Druck

10.10.2016  15:28 Uhr

Von Ev Tebroke / Im Kampf um preisgünstigere Medikamente hat die Organisation Ärzte der Welt einen Teilsieg errungen und das Patent des Hepatitis-C-Medikaments Sovaldi® erfolgreich angefochten. Hersteller Gilead gibt sich trotzdem entspannt.

Nach zwei Anhörungstagen hat das Europäische Patentamt (EPA) in München das Patent auf den Wirkstoff Sofosbuvir (Sovaldi) des US-Herstellers Gilead Sciences teilweise eingeschränkt. Demnach halten die EPA-Experten den Patentantrag – wie von der Nicht-Regierungsorganisation (NRO) Ärzte der Welt vorgetragen – für zu weit gefasst und haben das Patent nur in Auflagen erhalten. Gilead muss nun Anpassungen vornehmen.

 

»Sofosbuvir ist technisch gesehen damit eventuell nicht mehr von einem Patent geschützt«, resümiert die NRO das Verhandlungsergebnis. Die EPA-Entscheidung sei zwar nicht ausreichend, um das Hepatitis-C-Medikament am Markt preiswerter anzubieten, so der Direktor von Ärzte der Welt Deutschland, François de Keersmaeker. Sie stärke aber die Verhandlungsposition der Regierungen in Europa.

 

Hersteller Gilead freut sich nach eigenen Angaben über den Ausgang des Verfahrens: »Obwohl das EPA bestimmte Teile des Patents aufgrund von Formalitäten zurückgewiesen hat, wurden die Hauptpatentansprüche, die Sofosbuvir schützen, als weiterhin gültig bestätigt.« Das Patent werde nun entsprechend angepasst. Weitere Schritte ergäben sich hieraus nicht, hieß es auf Anfrage der PZ. »Wir glauben, dass dies eine Anerkennung der außergewöhnlichen Innovation ist, die zu der Entwicklung von Sofosbuvir beigetragen hat.«

 

»1000-Dollar-Pille«

 

Der NS5B-Hemmer gilt als Durchbruch in der Hepatitis-C-Therapie. In Europa wurde er Anfang 2014 zugelassen. Bei Markteinführung sorgte das Medikament als sogenannte 1000-Dollar-Pille für Diskussionen um überhöhte Arzneimittelpreise. Laut Ärzte der Welt kostet eine zwölfwöchige Behandlung mit dem Arzneimittel mittelweile hierzulande 42 000 Euro, eine Tablette somit rund 500 Euro. In vielen Ländern Europas hätten die hohen Kosten dazu geführt, dass zahlreiche an Hepatitis C erkrankte Menschen nicht behandelt würden, kritisiert de Keersmaeker. Je nach Land können die Behandlungskosten demnach bis zu 60 000 Euro betragen.

 

Um hochpreisige patentgeschützte Medikamente preiswerter und damit mehr Menschen zugänglich machen zu können, kann die Gültigkeit eines Patents mittels Einspruch infrage gestellt werden. Ärzte der Welt hatte das Sovaldi-Patent als ungültig angefochten, weil bei dem Patentantrag nicht die exakte Formel von Sofosbuvir aufgeführt worden sei, sondern eine wesentlich breiter gefasste chemische Zusammensetzung. Der Patentanfechtung hatten sich neun Generikahersteller angeschlossen. /

Mehr von Avoxa