Neues in der Hautkrebs-Therapie |
08.10.2013 17:47 Uhr |
Von Annette Mende / In der Therapie des malignen Melanoms tut sich gerade einiges. Mit Dabrafenib steht ein weiterer Wirkstoff zur Behandlung von Patienten mit BRAF-V600-Mutation zur Verfügung. Neue Daten zeigen, dass einige Patienten nach Therapie mit dem CTLA-4-Inhibitor Ipilimumab bis zu zehn Jahre überleben. Und mit den sogenannten PD1/PDL1-Hemmern steht eine ganz neue Wirkstoffklasse in den Startlöchern.
Dabrafenib (Tafinlar®) von Glaxo Smith Kline (GSK) ist seit 1. Oktober in Deutschland im Handel. Der Wirkstoff hemmt BRAF-V600, eine mutierte Serin-Tyrosin-Kinase, die bei etwa der Hälfte der Patienten mit malignem Melanom vorliegt und zu unkontrolliertem Zellwachstum führt. Aufgrund des Wirkmechanismus ist eine Wirksamkeit bei Patienten mit BRAF-V600-negativem Melanom nicht zu erwarten. Dabrafenib ist daher auch nur zugelassen zur Monotherapie erwachsener Patienten mit BRAF-V600- Mutation-positivem, nicht resezierbarem oder metastasiertem Melanom. Es ist nach Vemurafenib (Zelboraf®, Roche Pharma) der zweite in Europa verfügbare Wirkstoff mit diesem Wirkmechanismus.
Melanome im Frühstadium zu entdecken, ist Ziel des Hautkrebsscreenings. Auch bei fortgeschrittener Erkrankung gibt es immer mehr Therapieoptionen.
Foto: imago/Peter Widmann
In der von GSK in einer Pressemitteilung genannten BREAK-3-Studie wurde Dabrafenib allerdings nicht mit Vemurafenib verglichen, sondern mit Dacarbazin. Dieses Zytostatikum stellte zum Untersuchungszeitpunkt die Standardtherapie für nicht vorbehandelte Patienten mit nicht resezierbarem oder metastasiertem Melanom dar. Dabrafenib senkte in der Phase-III-Studie das Risiko für Erkrankungsprogression oder Tod im Vergleich zu Dacarbazin signifikant um 70 Prozent. Das mediane progressionsfreie Überleben betrug 5,1 Monate und war damit deutlich länger als unter Dacarbazin (2,7 Monate). In einer Post-hoc-Analyse nach zwölf Monaten betrug die Überlebensrate GSK zufolge unter Dabrafenib 70 Prozent und unter Dacarbazin 63 Prozent. Die häufigsten Nebenwirkungen waren Hyperkeratose, Kopfschmerzen, Fieber, Gelenkschmerzen, Fatigue, Übelkeit, Erbrechen, Papillome (gutartige Tumoren) der Haut, Haarausfall und Hautausschlag.
BRAF-Hemmer können das Tumorwachstum zwar sehr erfolgreich drosseln. Dieser Effekt ist aber bei Vemurafenib und aller Wahrscheinlichkeit nach auch bei Dabrafenib leider nur vorübergehend. Dagegen konnte mit dem 2011 zugelassenen CTLA-4-Inhibitor Ipilimumab (Yervoy®, Bristol-Myers Squibb) erstmals seit Langem ein Fortschritt beim Langzeitüberleben erzielt werden. Einige Melanom-Patienten überleben nach Ipilimumab-Therapie sogar mindestens zehn Jahre, wie Professor Dr. Stephen Hodi vom Dana-Farber Cancer Institute in Boston kürzlich auf dem europäischen Krebskongress ECC in Amsterdam berichtete.
Ipilimumab hemmt das Cytotoxic T-Lymphocyte Antigen-4 (CTLA-4), ein Oberflächenprotein von T-Zellen, das die gegen den Tumor gerichtete Aktivität des Immunsystems unterdrückt. Circa ein Viertel der Melanom-Patienten spricht auf die Therapie mit Ipilimumab an. Um den Effekt des CTLA-4-Hemmers auf das Langzeitüberleben genauer zu untersuchen, wertete ein internationales Forscherteam um Hodi Daten von insgesamt 4846 Patienten aus. Diese hatten den Antikörper mehrheitlich nicht im Rahmen von klinischen Studien erhalten.
Langes Überleben unabhängig von der Dosis
»Unseren Erkenntnissen zufolge gibt es beim Gesamtüberleben ein Plateau, das im dritten Jahr beginnt und bis ins zehnte Jahr reicht«, sagt Hodi in einer Pressemitteilung des ECC. Mit anderen Worten: Patienten, die nach Ipilimumab-Gabe drei Jahre überlebt haben, haben gute Chancen, mindestens noch weitere sieben Jahre zu leben. Der Effekt war laut Hodi unabhängig von der Ipilimumab-Dosis (3 oder 10 mg), von der Vorbehandlung des Patienten und davon, ob Ipilimumab in einer Erhaltensdosis weiter gegeben wurde.
Diese Ergebnisse sind zweifellos sehr erfreulich, doch dürfen sie nicht darüber hinwegtäuschen, dass Ipilimumab bei der Mehrheit der Patienten nicht wirkt. So betrug das mediane Überleben in der Untersuchung lediglich 9,5 Monate, was bedeutet, dass die Hälfte der Patienten nicht einmal das erste Jahr überlebte. Die Ansprechrate zu verbessern, bleibt daher die zentrale Herausforderung in der Therapie des malignen Melanoms.
Vielleicht könnte das mit Substanzen gelingen, die die Interaktion zwischen dem Programmed Death 1 Protein (PD1) und seinem Liganden PDL1 blockieren. PD1 hemmt die durch T-Zellen vermittelte, gegen den Krebs gerichtete Immunantwort. Ähnlich wie Ipilimumab versetzen somit Anti-PD1/PDL1-Antikörper das Immunsystem des Patienten in die Lage, den Tumor selbst zu attackieren.
Eine solche Substanz hat mit Lambrolizumab (früher MK-3475) Hersteller MSD in der Pipeline. In einer Studie, die im Juli im »New England Journal of Medicine« erschien, sprachen von 135 Patienten mit fortgeschrittenem Melanom 38 Prozent auf die Therapie mit dem Anti-PD1-Antikörper an (doi: 10.1056/NEJMoa1305133). Dabei war es unerheblich, ob die Patienten zuvor schon Ipilimumab erhalten hatten. Die Nebenwirkungen waren meist nicht schwerwiegend und umfassten in der Hauptsache Fatigue, Hautausschlag, Pruritus und Durchfall.
Zuversichtlicher Blick in die Zukunft
Professor Dr. Alexander Eggermont, Melanom-Spezialist und ehemaliger Präsident der europäischen Krebsorganisation ECCO, verlieh in Amsterdam seiner Hoffnung Ausdruck, dass sich die Prognose vieler Melanom- Patienten dank Ipilimumab- und Anti-PD1/PDL1-Therapie künftig deutlich verbessern könnte. Die Langzeitüberlebensraten unter Ipilimumab könnten mit Anti-PD1/PDL1-Antikörpern verdoppelt oder sogar verdreifacht werden, sagte er laut ECC-Mitteilung. »Innerhalb der kommenden fünf bis zehn Jahre könnte das metastasierte Melanom so für mehr als die Hälfte der Patienten zu einer heilbaren Erkrankung werden.« /