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Fremdbesitz

Apothekenkooperation unterstützt Celesio/Gehe

02.10.2007  17:22 Uhr

Fremdbesitz

Apothekenkooperation unterstützt Celesio/Gehe

Von Daniel Rücker 

 

Einige Wochen war es still um Celesio/Gehe und DocMoris. Jetzt meldet sich der Großhändler wieder und sucht Sympathisanten für Apothekenketten. Eine Apothekenkooperation hilft dabei.

 

Pünktlich zum Apothekertag hat Celesio/Gehe seine Medienoffensive zum Fremdbesitzverbot forciert. Gemeinsam mit den Gehe-nahen ISA-Apotheken erneuerte der Großhändler seine Forderung nach einer »regulierten Deregulierung«. Der Großhändler versteht darunter die Aufhebung des Fremdbesitzverbotes bei gleichzeitiger Einführung eines Konzessionssystems für Apotheken.

 

Celesio und sein Chef Dr. Fritz Oesterle hatten der Politik diesen Vorschlag vor einem Jahr unterbreitet. Doch das »White Paper« fand deutlich weniger Anhänger als erhofft. In der Politik machten sich nur die Grünen die Idee der industriellen Arzneimittelabgabe zu eigen. Alle anderen Parteien hielten nichts davon. Daran hat sich bis heute nichts geändert.

 

Unkontrollierte Deregulierung

 

Oesterle begründete seine Forderung mit der Behauptung, der Europäische Gerichtshof werde im kommenden Jahr das deutsche Fremdbesitzverbot aufheben. Dann könnten auch Drogerien und Lebensmittelläden Arzneimittel anbieten. Wenn für diesen Fall keine Vorkehrungen getroffen würden, käme es zu einer unkontrollierten Deregulierung mit Konsequenzen wie in Norwegen. Dort kontrollierten ein Jahr nach der Marktöffnung drei Apothekenkettenbetreiber den Markt. Einer davon ist Celesio. Die Zahl der Individualapotheken sank auf unter 20.

 

Am vergangenen Mittwoch, eine Stunde vor der Pressekonferenz zum Deutschen Apothekertag und nur wenige hundert Meter entfernt, präsentierte Gehe nun mit dem Sprecher der Gehe-nahen ISA-Apotheken, Dr. Werner Gajewski, eine Studie, deren wenig überraschende Ergebnisse die Forderungen unterstützen sollte. Danach wünschen sich Verbraucher vor allem eine flächendeckende Verfügbarkeit von Arzneimitteln (82 Prozent), einen günstigen Preis (73 Prozent) und gute Beratung (66 Prozent). Gleichzeitig fürchten sie bei einer Liberalisierung weniger Beratungsqualität (64 Prozent), und nur 31 Prozent glauben an mehr Kundenorientierung.

 

Um zu verstehen, warum gerade dieses Ergebnis ein Plädoyer für Apothekenketten mit Konzessionen sein soll, braucht es ein gutes Maß an Phantasie. Schlechte Beratung, Versorgungslücken auf dem Land und weniger Service, das zeigt ein Blick nach Norwegen, sind nämlich die Folgen der Deregulierung und an dieser hatte Celesio ganz erheblich mitgearbeitet. Gehe sieht sich aber nicht als Täter, sondern geriert sich als Fürsprecher der potenziellen Opfer, den deutschen Apothekern und natürlich den Kunden. Dazu wird die vage Vermutung, der Europäische Gerichtshof werde 2008 das Fremdbesitzverbot kippen, zur Tatsache erhoben und mit dem Konzessionssystem unmittelbar ein Heilsversprechen angehängt: »Die Marktbeteiligten müssen jetzt die Chance ergreifen und für eine regulierte Deregulierung sorgen«, sagte Gehe-Chef André Blümel und Gajewski legte nach: »Wir wollen keine Wild-West-Verhältnisse auf dem Apothekenmarkt, denn eine unkontrollierte Deregulierung geht auf Kosten der Verbraucher.« Verhindern lasse sich dies nur durch ein Zulassungssystem für Apotheken, für das die ISA-Apotheken unter dem Slogan »Arzneimittel aus erster Hand werben« wollen.

 

Insidern muss diese Initiative bizarr erscheinen. Die Apotheke, die den Anstoß zum EuGH-Verfahren gegeben hat, gehört der Celesio-Tochter DocMorris. Celesio hat auch nicht unerheblich dazu beigetragen, dass sich der Apothekenmarkt in Norwegen genau so entwickelt hat, wie es deutsche Verbraucher nach den wenig überraschenden Ergebnissen der zitierten Umfrage nicht wünschen.

 

Brandstifter spielt Feuerwehrmann

 

Außerdem hat die Bundesregierung bereits mehrfach erklärt, dass sie erstens den Fremdbesitz von Apotheken nicht wünscht und sie zweitens für eine Übergangsfrist sorgen wird, falls der EuGH das Fremdbesitzverbot kippen sollte. Das ganze von Gehe und ISA aufgebaute Szenario taugt deshalb viel eher als Argument gegen eine vorschnelle Deregulierung. Es drängt sich der Verdacht auf, dass hier jemand vorgibt, Feuerwehrmann zu spielen, aber eigentlich den Brand legen möchte.

 

Da passt es gut ins Bild, dass ISA-Sprecher Gajewski noch vor wenigen Jahren ein Verfahren gegen die Celesio-Tochter DocMorris geführt und zumindest in der ersten Instanz verloren hatte. Es ging darum, ob DocMorris sich an die Preisverordnung halten muss.

 

Angesichts der nicht unerheblichen intellektuellen Anforderungen an diejenigen, die der Argumentationskette von Gehe und ISA folgen mochten, ist das mangelnde Medienecho auf die denkwürdige Pressekonferenz in Düsseldorf keine große Überraschung. Celesio/Gehe wird wohl nachlegen müssen, bis die drohende Versorgungsapokalypse in den Köpfen der Patienten angekommen ist.

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