Pharmazeutische Zeitung online
Vertreter der Parteien

Viele schöne Worte

23.09.2014  11:31 Uhr

Von Annette Mende und Stephanie Schersch / In ihren Gruß­worten machten sich die Vertreter der Parteien für die inhaber­geführte Apotheke stark. Die Delegierten des Apothekertags bekamen Vieles zu hören, das in ihrem Sinne war. Was von den schönen Worten tatsächlich in der Praxis ankommen wird, steht aber auf einem anderen Blatt.

An die Unkenrufe hat sich Linken- Gesundheitsexpertin Kathrin Vogler längst gewöhnt. Immer wieder scherzen Abgeordnete in Berlin, die Linke werde zur neuen Apothekerpartei. Tatsächlich unterstützen die Linken in vielen Punkten Positionen der Apotheker. Vogler hat dafür eine einfache Erklärung parat. Die Linke mache sich für eine flächendeckende Gesundheitsversorgung stark. Den Apothekern komme dabei eine große Bedeutung zu. »Da­raus ergeben sich dann einfach Übereinstimmungen mit berufspolitischen Forderungen der Apotheker«, so Vogler.

 

Seit Jahren fordert die Linkspartei bereits, den Versandhandel mit Medikamenten einzuschränken. Dieser sei »das Haupteinfallstor für Arzneimittelfälschungen«, so Vogler. Die Bundes­regierung plant derzeit, bestimmte Medikamente mit einem speziellen Sicherheitscode zu kennzeichnen und Fälschungen auf diese Weise zumindest in der legalen Lieferkette möglichst auszuschließen. Diese Pläne würden dem Problem jedoch nicht gerecht, so Vogler. »Wer die Fälschungen effektiv bekämpfen will, muss beim Versandhandel ansetzen.«

 

Mehr Engagement der Bundesregierung fordert die Linkspartei auch beim Thema Nullretax. Es sei unerträglich, wenn Apotheker aufgrund bloßer Formfehler für ihre Leistung von der Krankenkasse kein Honorar erhielten, so Vogler. Versorgungssicherheit und heilberuflicher Auftrag fielen an dieser Stelle den Sparbemühungen der Kassen zum Opfer.

 

Fixer Abschlag

 

Wenigstens beim Apothekenabschlag ziehen Krankenkassen und Apotheken nach Jahren der Auseinandersetzung inzwischen an einem Strang. Vor einigen Wochen schlugen beide Seiten der Politik vor, den Rabatt künftig per Gesetz auf einer Höhe von 1,77 Euro festzuschreiben. Die Linke unterstützt diesen Vorstoß. Es sei unverständlich, »dass Union und SPD diesen Vorschlag nicht sofort aufgegriffen haben«, sagte Vogler.

Tatsächlich gibt es innerhalb der Union offenbar Bedenken gegen diese Idee. Er könne verstehen, dass Apotheker und Krankenkassen nach den Streitigkeiten der vergangenen Jahre nun auf eine gesetzliche Fixierung drängen, sagte Unions-Fraktionsvize Georg Nüßlein (CSU).

 

Er mahnte die Apotheker jedoch, den Vorschlag noch einmal zu überdenken. Grundsätzlich stießen Vereinbarungen der Selbstverwaltung bei den Beteiligten auf größere Akzeptanz als Vorgaben durch den Gesetzgeber. »Wenn Sie sich für die Festschreibung des Abschlags entscheiden, geben sie ein Instrument der Selbstbestimmung ab – mit allen Konsequenzen«, so Nüßlein.

 

Mit Blick auf den demografischen Wandel sieht Nüßlein in der flächen­deckenden Versorgung große Herausforderungen auf die Apotheker zukommen. Jeder fünfte Inhaber sei bereits heute älter als 60 Jahre. Vor allem in strukturschwachen Regionen hätten es dabei viele schwer, einen geeigneten Nachfolger zu finden.

 

Es müsse gelingen, Pharmazie- Studenten bereits während der Ausbildung für die Arbeit im ländlichen Raum zu gewinnen, so Nüßlein. Zudem sollten die Apotheker mehr für ihren Berufstand werben. In diesem Zusammenhang erwähnte er auch die Pauschale, die Apotheker seit August 2013 für den Notdienst erhalten. Der Zuschuss werte die Dienste der Apotheker insbesondere in entlegenen Regionen völlig zu Recht auf. »Das ist ein wichtiges Signal an den Nachwuchs.«

 

Engagierte Apotheker

Als Gesundheitsministerin des Flächenlands Bayern liegt auch Melanie Huml (CSU) die Sicherstellung der flächen­deckenden Versorgung besonders am Herzen. Diese sei momentan gewährleistet, doch damit das so bleibt, müssten sich weiterhin junge Menschen für den Apothekerberuf begeistern. »Wir brauchen engagierte Apotheker, die sich als Heilberufler begreifen«, sagte Huml. Dazu müssen die Rahmenbedingungen stimmen – das gilt sowohl für die Übernahme von mehr pharmazeutischer Verantwortung in der Zusammenarbeit mit den Ärzten als auch für die Wirtschaftlichkeit des Betriebs Apotheke.

 

»Auf regionaler Ebene ist die Kooperation der Heilberufe vielerorts ein gut funktionierendes Miteinander und keine Konkurrenz«, sagte Huml, die selbst Ärztin ist. »Wir brauchen gerade auch in der Fläche künftig weiter Ärzte und Apotheker mit ihrer jeweiligen Fachkompetenz.« Allerdings könnten nur wirtschaftlich stabile Apotheken auf Dauer die gewünschte Beratungsleistung erbringen. Der Festzuschlag müsse daher ausreichend und planbar sein. »Apotheken auf dem Land müssen davon ohne Quersubventionierung leben können«, sagte Huml. Sie setze sich daher für eine Erhöhung ein.

Auch Sabine Dittmar (SPD) ist Ärztin. In ihrem Grußwort legte sie daher den Schwerpunkt vor allem auf die Zusammenarbeit zwischen den Heilberufen. Sie habe in ihrer hausärztlichen Tätigkeit die pharmakologische Kompetenz der Apotheker schätzen gelernt und freue sich über die Richtung, die die Apotheker mit ihrem Perspektivpapier für ihre Zukunft eingeschlagen haben. »Die fachspezifische Beratung steht wieder stärker im Fokus, und das ist sehr gut so.«

 

Sie unterstütze die Forderungen der Apotheker, in Sachen Prävention und Medikationsmanagement eine größere Rolle zu spielen, und verfolge daher auch mit Spannung das Modellprojekt ARMIN. »Ich kann ehrlich gesagt die Zurückhaltung vieler Ärzte in Thüringen und Sachsen nicht verstehen«, sagte Dittmar mit Blick auf den Widerstand gegen das Projekt vor allem vonseiten des Hausärzteverbands.

 

Apotheker könnten mit ihrer Beratung Entscheidendes zur Verbesserung von Compliance und Patienten­sicherheit beitragen. Diese Parameter sollten aus Dittmars Sicht bei der Evaluation des Projekts auch zuvorderst berücksichtigt werden und nicht die erzielten Einsparungen.

 

Eine intensivere pharmazeutische Betreuung der Patienten ist aber nicht zum Nulltarif zu haben. Dass sich im Fixzuschlag von 8,35 Euro das umfassende Beratungsangebot der Apotheker abbilden soll, bezeichnete Dittmar als nicht zeitgemäß. »Wenn wir eine flächendeckende Arzneimittelversorgung durch beratende Apotheken befürworten, muss auch die Wirtschaftlichkeit sichergestellt sein.« Sie sei daher neuen Honorierungsmodellen gegenüber sehr aufgeschlossen, die unter anderem die Beratung differenzierter berücksichtigen.

 

Theorie und Praxis

 

»Offenbar sind die Themen, die uns wichtig sind, in der Politik angekommen«, fasste Friedemann Schmidt, Präsident der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, die Grußworte der Politiker zusammen. Viele Aussagen machten Hoffnung, dass sich die politischen Rahmenbedingungen im Sinne der freiberuflichen und unabhängigen Apotheken entwickeln. Die berufspolitische Erfahrung habe allerdings gezeigt, »dass zwischen einem Grußwort und einer Verordnung beziehungsweise einem Gesetz Mühen liegen können, wenn nicht sogar Welten«, so Schmidt. /

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