Organisation fordert nationale Strategie |
15.09.2014 16:43 Uhr |
Von Stephanie Schersch, Berlin / Das Bündnis DiabetesDE drängt erneut auf eine nationale Strategie im Kampf gegen Diabetes. Der Aktionsplan soll demnach auch helfen, Folgeschäden zu umgehen.
Politiker erhalten in der Regel recht viel Post. Bei Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) dürften in diesen Tagen reichlich bunte E-Cards darunter sein. Mit ein paar Klicks im Internet kann jeder ganz einfach eine elektronische Karte an den Minister schicken, die auf die Probleme mit Diabetes in Deutschland aufmerksam machen soll.
Hinter der Aktion steht die Organisation DiabetesDE, die mit Gröhes Arbeit bislang nicht wirklich zufrieden ist. Mehr als sieben Millionen Menschen leben hierzulande mit Diabetes. In der Politik spiele das Thema dennoch eine untergeordnete Rolle, sagte der Bündnisvorsitzende Professor Thomas Danne vergangene Woche in Berlin.
Strategie in 17 EU-Ländern
Mehr als sieben Millionen Menschen leben hierzulande mit Diabetes. Sind Patienten medikamentös schlecht eingestellt, kommt es nicht selten zu Komplikationen.
Foto: Fotolia/dalaprod
In 17 EU-Ländern gibt es bereits nationale Diabetespläne, die Strategien gegen die Krankheit bündeln sollen. Auch Weltgesundheitsorganisation, Europäische Union und die Vereinten Nationen empfehlen, den Kampf gegen Diabetes gezielt zu koordinieren. In Deutschland tun sich Politiker dennoch seit Jahren schwer mit diesem Thema. 2013 hatten Ärzte und Betroffene daher die Kampagne »Diabetes stoppen – jetzt« ins Leben gerufen. »Diabetes muss endlich aus dem Schattendasein herauskommen«, so Danne.
Erste Erfolge gab es bereits im Sommer. Der Bundesrat hatte die Regierung über eine sogenannte Entschließung dazu aufgefordert, einen nationalen Diabetesplan zu erstellen. Zwar ist die Forderung für die Koalition nicht bindend. Der Vorstoß sei dennoch »ein Meilenstein«, sagte Danne. Zugleich kritisierte er allerdings, die Länder befassten sich in ihrem Antrag lediglich mit Diabetes Typ 2. Die Herausforderungen seien jedoch auch beim Typ-1-Diabetes nicht minder groß.
Welche dramatischen Auswirkungen beide Formen der Erkrankung nehmen können, verdeutlichte Professor Thomas Haak vom Diabetes Zentrum Mergentheim. So kommt es häufig zu Folgeschäden an der Niere. Bereits heute seien mehr als die Hälfte der Menschen, die auf maschinelle oder Bauchfelldialyse angewiesen seien, Diabetiker.
Rund 300 000 Patienten hätten zudem mit Fußproblemen zu kämpfen. Ursache sind in der Regel Durchblutungsstörungen oder Nervenschäden. »Aus einer kleinen Wunde kann dann schnell eine Katastrophe werden«, so Haak. 40 000 Amputationen im Jahr seien die Folge. Weitere 2000 Menschen erblinden aufgrund einer diabetischen Retinopathie.
Zu solch schwerwiegenden Problemen kommt es meist dann, wenn Diabetiker schlecht eingestellt sind und ihren Blutzuckerspiegel nicht in den Griff bekommen. Viele Komplikationen ließen sich verhindern, würden die Patienten besser betreut, sagte Danne. Ein Diabetesplan soll daher unter anderem die Versorgungsstrukturen verbessern.
Unterversorgte Regionen
Noch immer gebe es in Deutschland Regionen, in denen Menschen mit Diabetes schlechter versorgt seien als in anderen, sagte auch Privatdozent Erhard Siegel, Präsident der Deutschen Diabetes Gesellschaft. »Das darf nicht sein.« Zudem müssten besonders bei Diabetes viele Berufsgruppen interdisziplinär zusammenarbeiten. Häufig komme es jedoch zu Schnittstellenproblemen etwa bei der Kommunikation zwischen Haus- und Facharzt. Kurzfristige und regionale Lösungen könnten da nur bedingt weiterhelfen. »Wir brauchen verpflichtende bundesweite Regelungen«, forderte Siegel. /