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Verhütung mit Zusatznutzen

Spirale schützt vor Zervixkarzinomen

20.09.2011  13:46 Uhr

Von Annette Mende / Die Verwendung von Intrauterinpessaren zur Schwangerschaftsverhütung senkt das Risiko für Gebärmutterhalskrebs. Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass die Spirale eine Immunantwort im Gewebe triggert, die die Krebsentstehung verhindert.

Frauen, die mit Intrauterinpessaren (IUP) verhüten oder jemals verhütet haben, senken dadurch ihr Risiko für Gebärmutterhalskrebs um etwa die Hälfte. Das hat eine jetzt in der Fachzeitschrift »Lancet Oncology« veröffentlichte Studie ergeben (doi: 10.1016/S1470-2045(11)70223-6). Ein internationales Forscherteam um Xavier Castellsagué vom Institut Català d’Oncologia in Barcelona wertete dafür zehn Fallkontrollstudien zu Gebärmutterhalskrebs und 16 HPV-Prävalenzunter­suchungen aus mehreren Ländern aus. Insgesamt flossen die Daten von fast 20 000 Frauen in die Analyse ein.

Risiko halbiert sich

 

Entgegen früherer Annahmen erhöhte die Verwendung von Intrauterinpessaren nicht die Wahrscheinlichkeit einer Infektion mit Humanen Papillomaviren (HPV), dem Hauptrisikofaktor für die Entstehung von Zervixkarzinomen. Frauen mit IUP waren nicht häufiger mit HPV infiziert als Frauen, die gar nicht oder mit anderen Methoden verhüteten. IUP-Anwenderinnen erkrankten aber nur etwa halb so häufig an Gebärmutterhalskrebs (Odds Ratio 0,55). Wie lange die Frauen mit IUP verhütet hatten, war dabei unerheblich: Das Risiko für Zervixkarzinome halbierte sich während des ersten Jahres und blieb auch bei längerer Anwendung auf diesem niedrigen Niveau. Bei HPV-positiven Frauen war der Schutz vor Karzinomen nicht so stark ausgeprägt (Odds Ratio 0,68). Zwischen Hormon-freisetzenden und rein mechanischen IUP wurde in der Studie nicht unterschieden.

 

Intrauterinpessare könnten also die Wahrscheinlichkeit reduzieren, dass HPV-infizierte Zellen des Gebärmutterhalses zu Krebszellen entarten, vermuten die Autoren. Eine mögliche Erklärung hierfür ist aus ihrer Sicht, dass IUP eine unterschwellige, chronische Entzündung auslösen, die eine Umgestaltung des mukosalen Immunstatus bewirkt und damit den Verlauf von HPV-Infektionen verändert.

HPV-Impfung: Zweimal könnte reichen

PZ / Schutz vor Infektionen mit den HPV-Hochrisiko-Typen 16 und 18 bieten der bivalente Impfstoff Cervarix® und der tetravalente Impfstoff Gardasil®. Beide erfordern zur vollständigen Immunisierung eine dreimalige Impfung. Bei Cervarix könnten aber zwei Injek­tionen ausreichen. Das zeigen die Ergebnisse einer Studie aus Costa Rica, publiziert im »Journal of the National Cancer Institute« (doi: 10.1093/jnci/djr319). Darin schützte die zweimalige Impfung mit Cervarix durchschnittlich 84,1 Prozent der Impflinge vor Infektionen mit HPV 16 oder 18 und war damit ebenso gut wirksam wie die dreimalige Vakzinierung (durchschnittlich 80,9 Prozent Schutzwirkung). Ein relativ großes 95-Prozent-Konfidenzintervall von 50,2 bis 96,3 Prozent bei der zweimaligen Impfung zeigt jedoch, dass die Schutzwirkung nicht bei allen Geimpften verlässlich eintrat. Zudem war die Beobachtungszeit mit nur vier Jahren relativ kurz. Ob die zweimalige Impfung einen ausreichend zuverlässigen und lang anhaltenden Schutz vor HPV-Infektion bietet, muss daher in weiteren Studien überprüft werden. Das Ergebnis ist nicht auf Gardasil übertragbar, da sich die Adjuvanzien der beiden Impfstoffe unterscheiden.

Einen ähnlichen Erklärungsansatz liefert Professor Dr. Karl Ulrich Petry, Frauenarzt am Klinikum Wolfsburg, in einem Kommentar zur Studie (doi: 10. 1016/S1470-2045(11)70255-8). Er glaubt, dass Gewebetraumata, die beim regelmäßigen Wechsel der IUP entstehen, eine zelluläre Immunantwort auslösen, die persistierende HPV-Infektionen und präinvasive Läsionen beseitigt. Kleine Kohortenstudien hätten gezeigt, dass allein schon die Entnahme von Biopsien die Rate spontaner Rückbildungen von präinvasiven Zervixkarzinomen erhöht. Das würde bedeuten, dass die Wahrscheinlichkeit, mit der sich aus einer HPV-Infektion des Gebärmutterhalses Krebs entwickelt, bislang unterschätzt wurde, da Studien zu ihrer Quantifizierung auf Biopsie-gesicherten Diagnosen basierten.

 

Pille beliebter als Spirale

 

In Deutschland verhüten laut Zahlen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung etwa 10 Prozent der Frauen mit der Spirale. Deutlich beliebter sind die Pille und Kondome. 10 Prozent der Paare wählen die Sterilisation als Verhütungsmethode. Andere Verhütungsmittel wie das Hormonstäbchen, der Vaginalring oder die Dreimonatsspritze werden nur von 1 bis 2 Prozent der Frauen genutzt. / 

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