Walter Riemerschmid, Richard Fellmann und Günter Drost |
11.09.2008 13:40 Uhr |
Walter Riemerschmid, Richard Fellmann und Günter Drost
Von Christoph Friedrich
Angesichts der vielfältigen Probleme, die Standespolitiker derzeit zu lösen haben, gerät das Erinnern an verdienstvolle Vorgänger gelegentlich in den Hintergrund. Ein Blick in die Geschichte zeigt jedoch, dass auch in den 1950er- bis 1970er-Jahren die Bedingungen für Apotheker nicht leichter waren. Die in dieser Zeit erarbeiteten Lösungen, an denen drei sehr erfolgreiche Standespolitiker großen Anteil hatten, bescherten der praktischen Pharmazie eine Reihe erfolgreicher Jahre, weshalb an ihr Wirken erinnert werden soll.
Walter Riemerschmid (1908 bis 1998) stand von 1969 bis 1976 als Präsident der ABDA an der Spitze der deutschen Apotheker und prägte in dieser Zeit maßgeblich die Standespolitik. Er wurde am 26. September 1908 in Würzburg als ältester von zwei Söhnen geboren. Sein Vater war als Gewerbeoberinspektor von der Regierung Oberbayerns an die Regierung von Oberfranken nach Bayreuth berufen worden, wo Walter Riemerschmid von 1914 bis 1919 die Volksschule und anschließend das humanistische Gymnasium besuchte. Nach dem Abitur begann er seine Praktikantenzeit in der Bayreuther Hof-Apotheke. Sein Lehrherr war hier der aus Eggesin in Vorpommern stammende Apotheker Johannes Steinbrück, der am 1. Juli 1918 die Hof-Apotheke gepachtet hatte. Steinbrück dürfte seine reichen pharmazeutischen und kaufmännischen Kenntnisse an seinen Praktikanten weitergegeben haben. Nach der pharmazeutischen Vorprüfung trat Riemerschmid 1930 eine Assistentenstelle in der Winthir-Apotheke in München an. Von 1931 bis 1933 studierte er an der Universität München Pharmazie. Seine akademischen Lehrer waren der Professor für Pharmazeutische Chemie Benno Bleyer (1885 bis 1945), der sich in der Forschung vor allem mit seltenen Metallen und Fragen der Lebensmittelchemie beschäftigte, und der Professor der Organischen Chemie und Nobelpreisträger Heinrich Wieland (1877 bis 1957). Während des Studiums engagierte sich Riemerschmid bereits als Vorsitzender der pharmazeutischen Fachschaft. Außerdem gehörte er dem Akademischen Gesangverein München, einer nicht schlagenden Verbindung, an. Nach dem Staatsexamen kehrte er 1933 in die Winthir-Apotheke zurück. Ein Jahr später heiratete er die Gymnastiklehrerin Hedwig Dagner, mit der er fünf Kinder hatte, von denen zwei den Apothekerberuf ergriffen. Um seine Kenntnisse, vor allem in der Homöopathie, zu vervollkommnen, wechselte er im Mai 1936 in die Bahnhof-Apotheke München, die Max Beckmann leitete. 1942 übernahm er als Pächter die inzwischen ziemlich heruntergekommene Mariahilf-Apotheke in München, die er 1945 nach dem Tod des Besitzers Hermann Verstl erwerben konnte und die sich unter seiner Leitung zu einer gutgehenden Offizin entwickelte. Im August 1945 wurde er von der amerikanischen Militärregierung verhaftet und verbrachte 27 Monate in einem Internierungslager bei Dachau. Erst 1947 konnte er wieder in seine Apotheke zurückkehren. Bereits 1949 begann er, sich in der Berufspolitik zu engagieren. Mit der Einführung der Gewerbefreiheit am 20. Mai 1949 in der damaligen amerikanischen Besatzungszone wurde die Niederlassungsbeschränkung für Apotheken aufgehoben. Neben den Realrechtbesitzern und Personalkonzessionären gab es nun die sogenannten Lizenzapotheker, in deren Kreis sich Riemerschmid engagierte. Trotz anfänglich sehr unterschiedlicher Interessenlagen gelang es ihm, dank seiner ausgleichenden und stets das Ganze im Auge behaltenden Art, eine Einigung zu erzielen. So war es ein Meilenstein für die Einigung im Berufsstand, dass er zum Vorsitzenden des Bayerischen Apothekervereins und bald darauf zum Kammerpräsidenten gewählt wurde.
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1952 zum ersten Vorsitzenden des Bayerischen Apothekervereins gewählt, engagierte sich Riemerschmid für eine enge Zusammenarbeit zwischen Verein und Kammer. Als der Präsident der Apothekerkammer, August Fasching, plötzlich verstarb, wurde 1953 der 45-jährige Riemerschmid zu seinem Nachfolger gewählt. Dieses Amt hatte er bis 1974 inne. Zu den Schwerpunkten seiner berufspolitischen Aktivitäten zählte die Verabschiedung des Bayerischen Kammergesetzes von 1957, das die Pflichtmitgliedschaft aller Apotheker in der Kammer festschrieb. Von 1969 bis 1977 war Riemerschid Präsident der ABDA. In diese Zeit fällt die Gründung der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (1975), die einen Beitrag zur Arzneimittelsicherheit leistete, eine Umstrukturierung der Geschäftsführung und Abteilungen der ABDA und 1975 die Einweihung des Gebäudes des Zentrallaboratoriums Deutscher Apotheker e. V. (ZL), sodass von einer »Ära Riemerschmid« gesprochen werden kann. Als Präsident der Landesapothekerkammer und der ABDA reagierte er auf die neuen Anforderungen, die das Apothekenurteil des Bundesverfassungsgerichts von 1958, das Apothekengesetz von 1960, die Arzneimittelgesetze von 1961 und 1976 sowie die Bundesapothekerordnung von 1968 und die Apothekenbetriebsordnung des gleichen Jahres brachten.
Große Verdienste erwarb sich Riemerschmid um die Rationalisierungsmaßnahmen im Apothekenbetrieb, speziell mit der Gründung der späteren Verrechnungsstelle der Süddeutschen Apotheken 1967, die er gemeinsam mit Willi Oehl gegen zahlreiche Widerstände durchsetzte. Diese entwickelte sich zu einem leistungsfähigen EDV-Unternehmen. Auch die Verschmelzung der Genossenschaft Bayerischer Apotheker und des Großhandelsunternehmens Wiveda, die den Grundstein für die heutige Sanacorp legte, war maßgeblich sein Verdienst. Riemerschmid hatte großen Anteil an der Gründung des Deutschen Arzneiprüfungsinstituts und dessen Standort in München. Auch die Bayerische Apotheker-Stiftung als Eigentümerin des Bayerischen Apothekerhauses wurde unter seiner Ägide gegründet. Schließlich setzte er sich für den Ausbau der 1923 gegründeten Bayerischen Apothekerversorgung zu einer Vollversorgung im Juli 1963 ein, wobei es dank seines politischen Einflusses nacheinander gelang, dass die Landtage von Bayern, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und des Saarlandes gegenseitige Staatsverträge abschlossen, wonach die Apothekerinnen und Apotheker dieser Länder Mitglieder der Bayerischen Apothekerversorgung wurden.
Riemerschmid gehörte dem Bayerischen Landesgesundheitsrat, dem Verwaltungsrat der Gehaltsausgleichskasse der Bayerischen Landesapothekerkammer und dem Verwaltungsrat der Versicherungsstelle für Apotheker an und war Sprecher des Haushaltsausschusses der ABDA. In besonderer Weise kennzeichnete die herausragende Persönlichkeit Riemerschmids, dass er von 1984 bis 1988 zum Aufsichtsratsvorsitzenden der Deutschen Apotheker- und Ärztebank berufen wurde.
Für seine großen Verdienste erhielt er zahlreiche Ehrungen, darunter 1974 das Große Bundesverdienstkreuz, 1966 den Bayerischen Verdienstorden. Er war ferner Ehrenmitglied des Bayerischen Apotheker-Vereins, Träger des Lesmüller-Ringes sowie Ehrenpräsident der Bayerischen Landesapothekerkammer und der ABDA.
Nach dem Rückzug aus der aktiven Berufspolitik blieb Riemerschmid nicht nur ein interessierter Beobachter, sondern der »elder Statesman der Berufspolitik« und nahm weiterhin als ABDA-Ehrenpräsident an vielen Sitzungen der ABDA-Gremien teil, bei denen sein Rat oft gefragt war. Bis zu seinem Lebensende gab es zudem kaum eine Vorstandssitzung der Bayerischen Landesapothekerkammer, an der er nicht teilnahm und auf der er nicht wohldosiert seine Erfahrungen einfließen ließ.
Anlässlich der Verleihung des Großen Bundesverdienstkreuzes 1974 betonte der damalige Vizepräsident der Bayerischen Landesapothekerkammer und spätere ABDA-Präsident Dr. Rolf Martin: »Es ist einem Manne verliehen worden, der genügend Wissen, Charakter, Einsatzwillen, aber auch Geduld und Wohlwollen aufbrachte, um die Interessensachverhalte soweit zu objektivieren, daß ihre Wahrnehmung auch Wahrnehmung öffentlicher und allgemeiner Interessen ist. Das Verdienst Walter Riemerschmids ist darin zu sehen, daß er einen politischen Stil entwickelt hat, der heute einleuchtet, der verstanden wird und der deshalb über den Tag hinaus Wirkung zeitigt. Wenn irgend etwas uns geholfen hat in den vergangenen Jahren, und wenn irgend etwas uns gegenwärtig hilft, dann ist es ein politisches Konzept, das geprägt ist durch Sachkunde, beharrliche Arbeit und durch ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Fortschritt, wo Fortschritt notwendig ist, und durch Beharren auf unserer Substanz, die man nicht preisgeben kann, ohne die Sache insgesamt preiszugeben.«
Anlässlich seines 70. Geburtstags hieß es über Riemerschmid: »Sein bedeutsames 21 Jahre dauerndes Wirken an der Spitze der Bayerischen Apothekerkammer, deren Ehrenpräsident er ebenfalls ist, kam ihm bei der Übernahme seines Amtes als ABDA-Präsident zugute. Hier wie dort verstand er es, alle Angriffe gegen die Standesführung von innen und außen mit Eleganz, notfalls auch mit Härte abzuwehren. Er war wie ein Baum, der, gerade und fest gewachsen, dem Sturm und Regen Trotz bietet und unter dessen Zweigen alle anderen Schutz suchen. Er hat einen eigenen Stil entwickelt, und man kann mit guten Gründen von einer Ära Riemerschmid sprechen, die als solche in der Geschichte des deutschen Apothekerstandes dankbar verzeichnet wird.«
Sein Nachfolger als Präsident der Bayerischen Apothekerkammer, Dr. Hermann Vogel, nannte ihn schließlich »einen Mann mit Ecken und Kanten und allzeit schlagfertigem, verbindendem Humor«. Zugleich hob er Riemerschmids Bemühungen um Ausgleich, Verbindlichkeit und soziale Gerechtigkeit hervor. Nachdem er noch in großem Rahmen seinen 90. Geburtstag feiern konnte, starb Walter Riemerschmid am 31. Dezember 1998 in München.
Richard Fellmann
Am 16. Oktober 1908 wurde Richard Fellmann (1908 bis 1994) als Sohn eines Apothekers im schlesischen Schweidnitz geboren. Sein Vater, Richard Fellmann d. Ä., hatte 1907 die Verwaltung der Apotheke zum Goldenen Adler in Schweidnitz übernommen. Zwei Jahre später, am 1. November 1909, erwarb er die 1857 errichtete Adler-Apotheke in Wüstewaltersdorf, die er erst 1932 an Kurt Kabinski verkaufte. In diesem in der Nähe von Breslau im Kreis Waldenburg gelegenen Dorf verlebte Richard Fellmann seine Kindheit, besuchte jedoch das humanistische Gymnasium in Glatz, an dem er 1929 das Abitur ablegte. Bereits in der Schule zeigte er besonderes Interesse an Literatur und Geschichte, das auch in späteren Jahren erhalten blieb. Anschließend begann er seine Ausbildung als Apothekerpraktikant in der Adler-Apotheke Wansen, Kreis Ohlau in Niederschlesien, bei Karl Schote, die er 1931 in der Löwen-Apotheke in Overath im Rheinland bei Apotheker Krämer fortsetzte. Dessen Tochter Marie sollte später seine Frau werden und ihm drei Kinder, zwei Söhne und eine Tochter, schenken. Nach dem Vorexamen studierte Fellmann an der Universität Bonn, wo Georg August Frerichs (1873 bis 1940) sein Lehrer war. Frerichs, ein Schüler des bedeutenden Braunschweiger pharmazeutischen Chemikers Heinrich Beckurts (1855 bis 1929), war 1904 als außerordentlicher Professor nach Bonn berufen worden, wo er 1924 zum Ordinarius avancierte. Von 1935 bis 1941 wirkte Fellmann als Mitarbeiter in der Hansa-Apotheke in Köln und übernahm anschließend als Pächter die Marienapotheke in Lechenich im Kreis Euskirchen. Schon als junger Apotheker betätigte er sich in der Standespolitik, so wirkte er von 1938 bis 1944 als ehrenamtlicher Vertrauensapotheker der Deutschen Apothekerschaft.
1951 erwarb er zusätzlich die Maternus-Apotheke in Köln-Rodenkirchen. Nach dem Krieg engagierte sich Fellmann in der Kommunalpolitik, so wirkte er von 1946 bis 1952 als Bürgermeister von Stadt und Amt Lechenich. Ab 1946 gehörte er dem Kreistag Euskirchen an, dessen CDU-Fraktion er von 1949 bis 1972 leitete. 1950 wurde er in den Landtag von Nordrhein-Westfalen gewählt, in dem er bis 1975 blieb. Von 1966 bis 1975 war er Mitglied des Präsidiums des Landtags und von 1963 bis 1978 gehörte er dem Gesundheitsausschuss der CDU Rheinland an.
Schon frühzeitig engagierte sich Fellmann in der Berufspolitik, so ab 1949 im Apothekerverein der Nord-Rheinprovinz, und ab November 1949 gehörte er auch zum Beirat der Apothekerkammer der Nord-Rheinprovinz. Von Anfang an war es Fellmanns Ziel, zur weiteren Profilierung des Apothekerberufs beizutragen und ihm größere Anerkennung in der Öffentlichkeit zu verschaffen. Seine Erfahrungen in der politischen Arbeit im Kreis- und Landtag, aber auch seine liberale Einstellung lassen seine Wahl zum Präsidenten der Apothekerkammer der Nord-Rheinprovinz, die 1952 in Apothekerkammer Nordrhein umbenannt wurde, rückblickend als logische Konsequenz erscheinen. Die immer wieder erfolgte Bestätigung in diesem Amt, das er bis 1981, also 30 Jahre, innehatte, spiegelt zugleich seine Erfolge wider. Zu seinen ersten Aufgaben zählte die Mitarbeit am Kammergesetz für Nordrhein-Westfalen. Am 22. Januar 1952 verabschiedete der Landtag das Gesetz über die Kammern und die Berufsgerichtsbarkeit der Ärzte, Apotheker, Tierärzte, Zahnärzte und Dentisten gegen die Stimmen der SPD und KPD in zweiter und dritter Lesung. Das von Fellmann mit auf den Weg gebrachte Gesetz übertrug den Apothekerkammern eine Vielzahl von Aufgaben, die Sachkenntnis und politisches Geschick erforderten.
Große Aufmerksamkeit schenkte Fellmann ferner der Einrichtung einer Altersversorgung für nichtselbstständige Apotheker, so entstand eine Fürsorgeeinrichtung der Apothekerkammer und eine Gehaltsausgleichkasse. Auch der Tarifvertrag für Arbeitnehmer in öffentlichen Apotheken der Nord-Rheinprovinz von 1951 trug seine Handschrift. Unter Fellmanns entscheidender Mitwirkung entstanden die Satzung der Apothekerkammer Nordrhein von 1954 sowie deren Geschäftsordnung und Berufsordnung. Auch an der Schaffung eines Bundesapothekengesetzes war er maßgeblich beteiligt; in zahlreichen Gesprächen auch mit einzelnen Bundestagsabgeordneten sowie Vertretern der Exekutive gelang es ihm, die Sorgen und Nöte der Apotheker deutlich zu machen und bei den Verhandlungspartnern Verständnis für den Berufsstand zu erreichen.
Fellmanns Wirken blieb keineswegs auf die Apothekerkammer Nordrhein beschränkt: 1969 wurde er zum Präsidenten der Bundesapothekerkammer gewählt und übte dieses Amt elf Jahre aus. Hier setzte er sich maßgeblich für die Fortbildung ein, die eine wichtige Voraussetzung für die von ihm angestrebte hohe Qualität des Apotheken- und Arzneimittelwesens war.
Richard Fellmann war ein durch und durch politischer Mensch, der seine Ziele stets mit Beharrlichkeit, Konsequenz und Durchsetzungskraft verfolgte, die seine Gegner häufig verblüfften, gelegentlich auch auf Umwegen, die tagespolitisch opportun erschienen. Stets bewies er indes das rechte Augenmaß für das politisch Machbare. Seine rhetorischen Gaben erlaubten es ihm, andere zu überzeugen, notfalls auch mit genüsslichem Vergnügen zu bespötteln. Dank seines Verhandlungsgeschickes gelang es ihm, kritische Streitgespräche mühelos zu entwirren. Sein gutes Gedächtnis, sein hoher Intellekt wie auch seine Schlagfertigkeit ließen ihn stets in Diskussionen brillieren. Auf geistreich-humorvolle Art verstand er es, manche Auseinandersetzung, die in »tierisch ernster Starrheit zu versinken drohte« oder festgefahren schien, bei einer guten Flasche Moselwein in entspannter Atmosphäre friedlich zu lösen. Freunde wie Gegner schätzten seine Zuverlässigkeit, seine Hilfsbereitschaft und Uneigennützigkeit.
Als Präsident der Bundesapothekerkammer und der Apothekerkammer Nordrhein nahm Fellmann 1969 auch zur Krankenversicherungsneuordnung Stellung und betonte: »Das Thema Krankenversicherungsreform pflegt mit einiger Regelmäßigkeit auf unseren Apothekertagen aufzutauchen. [...] Daß dieses Gesetz, soweit es die Apotheke betrifft, unsere ausgewogenen Vorschläge einfach unberücksichtigt läßt, brauche ich nicht zu betonen. Die Entwicklung bestätigt hier wieder einmal die von Dr. [Hans] Meyer immer vorgetragene Befürchtung, daß bei Gesetzesänderungen die Apotheker selten besser davonkommen.« Obwohl er der damaligen Bundesregierung parteipolitisch nicht nahe stand, empfahl Fellmann statt Protestmaßnahmen sachliches Verhandeln: »Nicht der laute, schreiende Protest, sondern sachgemäße Unterrichtung und geduldige Verhandlungen sind geeignet, das Interesse von Bundestag und Bundesregierung an der deutschen Apotheke zu bewahren, so wie wir sie kennen und gewohnt sind. Wenn wir uns bemühen, den Bundestag und die Bundesregierung daran zu interessieren, diese deutsche Apotheke zu bewahren, leisten wir, glaube ich, auch für die Arzneiversorgung der Bevölkerung den besten Dienst.«
Fellmanns Argumente, die er 1959 gegen die Reform der Krankenversicherung vorbrachte, vermögen auch heute noch zu überzeugen: »Es macht sich ja so fotogen, wenn in illustrierten Zeitungen ein Bildreporter das Nachttischkästchen vom Rentner Schmitz mit den Medikamentenvorräten von 5 Jahren, ausgekippt auf den Tisch, fotografiert und wenn man damit beweisen will, welch überflüssige Menge von Medikamenten nutzlos zu Lasten der Sozialversicherung verordnet wird; Mittel, die offenbar vom Patienten überhaupt nicht benötigt, sondern gehamstert werden.
[...] Dass es solche Arzneiansammlungen gibt, bestreitet kein Mensch, aber sie weisen gar nichts darüber aus, auch wenn sie nur halb verbraucht sind, ob hier eine Arzneihortung betrieben wurde. Solange wir nicht den absolut diagnosesicheren Arzt beim ersten Besuch des Patienten haben, wird es Verordnungen geben, die sich später als nicht zweckmäßig erweisen, weil der Krankheitsverlauf ganz anders geht als vom Arzt erwartet. Das ist nun einmal in der Unzulänglichkeit selbst des besten Arztes inbegriffen, denn auch er ist nur ein Mensch. Und weiter: Solange wir nicht das garantiert bei jedem Patienten gleichwirkende Medikament haben, wird es vorkommen, daß dem Patienten für dieselbe Krankheit verschiedene Präparate verordnet werden müssen, ganz einfach, weil ihm das eine nicht bekommt oder weil das andere nicht anschlägt. Zu erwarten aber, daß der Patient, weil das ihm verordnete Mittel nicht hilft, sich damit nun abfindet und seinen Schmerz erträgt, statt sich ein neues, hoffentlich helfendes Mittel verordnen zu lassen, heißt nun aber wirklich, den Sinn einer Krankenversicherung ins Gegenteil zu verkehren. Diese so leicht erreichbaren und eindrucksvoll wirkenden Fotos sind nur ein Zeugnis von der Unzulänglichkeit allen menschlichen Erkennens und Wirkens gegenüber dem vielfältigen Individuum Mensch. Sie sind aber zugegebenermaßen natürlich auch eine Erklärung für den wachsenden Arzneikonsum.«
In seinen Referaten forderte Fellmann die Beschäftigung von genügend Personal, vor allem auch mittlerem, in der Apotheke. 1964 wandte er sich im Auftrag der Apothekerkammern an die Industrie und bat, unterschiedliche Spezialitäten nicht in gleichartiger Aufmachung auf den Markt zu bringen, um einer Verwechslungsgefahr vorzubeugen, und die Packungen nicht immer größer werden zu lassen. 1964 trat er für eine gerechtere Vergabe von Pharmaziestudienplätzen ein und verwies zwei Jahre später auf die Bedeutung des Versorgungswerkes für alle Apotheker. Die Diskussion um die Notwendigkeit eines Versorgungswerkes der Apothekerkammer Nordrhein führte er leidenschaftlich. Es sollte allerdings noch bis 1978 dauern, bis sich die Kammerversammlung mit großer Mehrheit für dessen Einrichtung entschied. Schon 1976 setzte sich Fellmann schließlich eindrucksvoll für die Weiterbildung der Apotheker ein, wobei er zunächst die Begriffe Ausbildung, Fortbildung und Weiterbildung gegeneinander abgrenzte. Er betonte, dass die Spezialisierung durch Weiterbildung der Apotheker keine Spaltung des Berufsstandes bedeute, denn auch die Ärzteschaft, die sich noch immer als Gesamtstand begreift, habe seit vielen Jahren eine ausgedehnte Facharztausbildung. Schließlich empfahl er: »Und als alter Parlamentarier darf ich Ihnen auch noch einen Rat geben: es wird sehr viel leichter sein, im Schlepptau des großen Bruders Ärzteschaft diese Weiterbildung gesetzlich zu verankern, als wenn wir versuchen wollten, ganz unter eigener Flagge zu segeln. Und zweitens: es ist eine alte parlamentarische Erfahrung, daß schon einmal irgendwo gefundene Formulierungen eine bessere Chance haben, in Gesetzen wiederum verwandt zu werden, als wenn man eigene schriftstellerische Leistungen einbringt.«
Auch mit der am 1. Januar 1969 in Kraft getretenen ersten bundeseinheitlichen Apothekenbetriebsordnung, die an die Stelle der teilweise noch von der Jahrhundertwende herrührenden Apothekenbetriebsordnungen der Länder trat, setzte er sich auseinander. Trotz seiner Kritikpunkte stellte er resümierend fest: »Die Apothekenbetriebsordnung, ein wohl ungeliebtes Kind, ist auch ein gewisser Schutz der korrekten Kollegen gegen die unkorrekten. Und wenn die deutsche Apotheke noch immer eine Spitzenstellung im westlichen Ausland einnimmt, so ist dies zum gewissen Teil der Betriebsordnung zu verdanken.«
Für seine Arbeit wurde Fellmann häufig geehrt, so 1973 mit dem Großen Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik. Anlässlich der Verleihung der Hans-Meyer-Medaille 1982 an Richard Fellmann betonte der Ehrenpräsident der ABDA, Walter Riemerschmid, dass Fellmann Züge von Wotan und Merkur besitze und anderen zuweilen auch als Erzengel Michael erschienen sei. Der damalige ABDA-Präsident Klaus Stürzbecher lobte Fellmanns Schlagfertigkeit, seinen sprühenden, aber auch sarkastischen Witz, sein Durchstehvermögen in Verhandlungen, aber auch in Nachtsitzungen, und seine profunden geschichtlichen Kenntnisse.
Schließlich wirkte Fellmann auch als Vorsitzender des Verwaltungsrates der Versicherungsstelle für Apotheker. Er war ferner Mitglied des Vorstandes des Zentrallaboratoriums Deutscher Apotheker und Aufsichtsratsmitglied bei der Deutschen Apotheker- und Ärztebank sowie bei der Hageda. Als er 1981 die Präsidentenämter der Apothekerkammer Nordrhein und der Bundesapothekerkammer aufgab, zog er sich keineswegs aus dem berufspolitischen Leben zurück. Als Ehrenpräsident nahm er weiterhin an Sitzungen teil, und das nicht nur schweigend. Beide Gremien profitierten von seiner Lebenserfahrung und seinen klugen Ratschlägen. Mit wachem Blick verfolgte er die Entwicklung der Pharmazie, manches, was er in seinem Aufsatz »Die Apotheke in der Welt von morgen« 1966 schrieb, klingt heute geradezu prophetisch: »Man kann nicht dem Gesetzgeber, den Gesundheitsbehörden und Ministerien gegenüber bei jeder Gelegenheit unseren Anspruch als d i e Arzneiversorgungsstätte betonen, wenn man nach außen so ganz anders aussieht. [...] Für die Kollegen, die meinen, dass dieses hier ein Gefasel von dem längst überständigen ›Ethos‹ sei, darf ich zuerst einmal sagen, dass jeder Glaube - und noch glaubt die Bevölkerung an die Apotheke - unglaubwürdig wird, wenn sich die Träger der Institution unglaubwürdig gebärden. Das dauert seine Zeit, aber es kommt mit Sicherheit!«
Gleichwohl sah er die Zukunft der Apotheke positiv, für ihn garantierte eine immer älter werdende Bevölkerung einen wachsenden Arzneimittelbedarf und damit also »günstige Prognosen für die Geltung der Apotheke in der Welt von morgen - aber unter einer Voraussetzung: wenn unsere Apotheken außen wie innen wirklich Apotheken bleiben!« Am 18. November 1994 verstarb Richard Fellmann und wurde auf dem Neuen Friedhof in Köln-Rodenkirchen beigesetzt.
Günter Drost
Obwohl wie Fellmann auch aus Schlesien stammend, verkörperte Günter Drost (1908 bis 1985) einen ganz anderen Typus berufspolitisch erfolgreicher Apotheker. Am 26. Dezember 1908 als Sohn eines städtischen Beamten im oberschlesischen Rossberg geboren, besuchte Drost das staatliche Hindenburg-Gymnasium in Beuthen, wo er auch das Abitur ablegte. Sein letztes Schuljahr war durch den Tod seines Vaters und die Krankheit seiner Mutter belastet. Drost musste schließlich seinen Wunsch, Jura zu studieren, aufgeben und wandte sich stattdessen der Pharmazie zu, da er so nach der zweijährigen Praktikantenzeit als Vorexaminierter in der Lage war, sein Studium mitzufinanzieren. 1929 begann er seine pharmazeutische Ausbildung als Praktikant in der 1925 entstandenen Beuthener Adler-Apotheke in der Friedrichstraße bei Apotheker Friedrich Schönfelder aus Rothenbach. Während dieser Zeit verstarb seine Mutter. Im Sommersemester 1933 begann er das Studium der Pharmazie in Berlin, wo er bei seinem Onkel Karl Schremmer in der Wundstraße in Charlottenburg wohnen konnte, der ihn auch finanziell unterstützte. In dieser Stadt wurde er schnell heimisch und wie viele ehemalige Schlesier zu einem echten Berliner. Sein akademischer Lehrer war vor allem Carl Mannich (1877 bis 1947), der 1927 als Nachfolger von Hermann Thoms (1859 bis 1951) die Leitung des Pharmazeutischen Institutes übernommen hatte. Daneben wirkten fünf habilitierte Mitarbeiter, Kurt Walter Merz (1900 bis 1967), Kurt Bodendorf (1898 bis 1976), Theodor Boehm (1892 bis 1969), Karl Wilhelm Rosenmund (1884 bis 1965) und Maximilian Ehrenstein (1899 bis 1968), am Institut, die später zu den profilierten Vertretern der Pharmazeutischen Chemie zählen sollten und zu einer schöpferischen Atmosphäre beitrugen. Da sie alle als begabte Dozenten galten, dürfte Drost von ihren Lehrveranstaltungen profitiert haben. Nach dem Staatsexamen 1935 trat Drost in die 1929 gegründete Berliner Witzleben-Apotheke, die von Apotheker Heinrich Klotz geleitet wurde, ein. Als Klotz im September 1937 verstarb, übernahm Drost die Verwaltung dieser Offizin, bis die Erben sie zum 31. Dezember 1938 an Apotheker Dr. Hermann Brandt verkauften. Drost war danach bis zu seiner Einberufung zum Militär 1942 weiterhin in dieser Apotheke tätig, allerdings nun wieder als Angestellter. Seine Militärzeit führte ihn als Unterapotheker einer Sanitätseinheit nach Griechenland, wo er sich eine Malaria-Infektion zuzog, an der er noch viele Jahre nach Kriegsende litt, und schließlich als Oberapotheker nach Russland. Zuletzt arbeitete er in der Apotheke des Reservelazaretts 101 in Berlin-Charlottenburg, wo er im März 1945 für eine Tätigkeit als Zivilapotheker freigestellt wurde.
»Mit dem Dritten Reich hatte er«, wie Richard Fellmann bemerkt, »und das Dritte Reich mit ihm, nicht viel vor.« Drost gehörte keiner dem Regime nahestehenden Organisation an; während seiner Studienzeit trat er der CV-Verbindung Borusso-Saxonia bei, der er auch als Alter Herr eng verbunden blieb.
Nach Kriegsende wollte Drost als Angestellter wieder in die Witzleben-Apotheke zurückkehren, was jedoch nicht möglich war. So nahm er gerne am 8. Mai 1945 das »erstrebenswerte Amt eines Referenten für Pharmaziewesen in Charlottenburg« an, um sich dem Aufbau des Apothekenwesens in der zerstörten Stadt zu widmen. Schon in dieser Zeit konnte er seine Fähigkeiten bei der äußerst schwierigen Organisation der Arzneiversorgung der Berliner Bevölkerung unter Beweis stellen. 1946 pachtete Drost die Witzleben-Apotheke, die er nach dem Tode von Dr. Hermann Brandt 1968 als Besitzer übernehmen konnte. 1958, nach dem Apothekerurteil, gründete Drost eine weitere Offizin, die Apotheke am Funkturm in der Neuen Kant-Straße in Berlin-Charlottenburg, deren Leitung er bis zu seinem 70. Lebensjahr innehatte.
Obwohl gemäß dem Befehl der Interalliierten Kommandantur die Berufsorganisationen der Apotheker in Berlin aufgelöst worden waren, bemühte sich Drost um den Neuaufbau einer Standesorganisation. 1949 gelang ihm der Zusammenschluss der Berliner Apotheken in den westlichen Stadtsektoren zum Berliner Apothekerverein. Da Kammern von den Besatzungsbehörden nicht zugelassen wurden, übernahm der am 21. September 1949 gegründete Verein zunächst alle anfallenden standespolitischen Aufgaben. Drost gehörte als erster Vorsitzender daher zu den »Männern der ersten Stunde«, die sich der wichtigen Aufbauarbeit widmeten. So wurde etwa die Abrechnung der Apotheken Berlins mit den Sozialversicherungskrankenkassen wieder auf eine rechtliche Grundlage gestellt. Da Drost die Auffassung vertrat, dass die Apotheker wieder eine einheitliche Berufsorganisation benötigten, um ihre Interessen mit einer Stimme vertreten zu können, gab er gemeinsam mit den Berufskollegen aus dem Bundesgebiet den Anstoß zur Gründung eines neuen Deutschen Apothekervereins, der zunächst den Namen »Bund Deutscher Apothekervereine im Bundesgebiet« erhielt und als Vorläufer des Deutschen Apotheker-Vereins angesehen werden kann. Drost wurde zunächst zweiter Vorsitzender des DAV und wirkte von 1956 bis 1960 als erster Vorsitzender. Das Amt des Vorsitzenden des Berliner Apotheker-Vereins, das ihm besonders am Herzen lag, hatte er gleichfalls bis 1963 inne und gehörte noch bis 1967 dem Vorstand an. Ein Jahr später erfolgte seine Wahl zum Ehrenmitglied des Berliner Apotheker-Vereins.
Nachdem 1961 das Berliner Abgeordnetenhaus ein Kammergesetz verabschiedet hatte, stand der Gründung einer eigenen Apothekerkammer nichts mehr im Wege, und Drost wurde geschäftsführendes Mitglied für die erste Wahl zur Apothekerkammer und nach deren Konstituierung im April 1963 ihr erster Präsident. Bis 1975 hatte er dieses Amt inne und nahm sich der Probleme und Interessen aller Berufsangehörigen, der Mitarbeiter, der Industrieapotheker, der Verpächter und Pächter sowie der Inhaber gleichermaßen an. Neben dem Aufbau des Berliner Apothekervereins ist also auch der der Kammer ganz wesentlich durch ihn erfolgt.
In der Bundesberufspolitik engagierte sich Drost von 1965 bis 1976 als Vizepräsident der Bundesapothekerkammer. 1970 sprach er sich für die Einrichtung eines zentralen Prüfungslabors aus, das er als wichtigen Beitrag zur »Sicherung der ordnungsgemäßen Arzneiversorgung« bezeichnete. Die »Entwicklung besserer technologisch-analytischer Verfahren, die aber gleichzeitig mit einem hohen Kostenaufwand verbunden sind«, erforderte seiner Meinung nach eine Zentralisierung dieser aufwändigen Untersuchungen, um die Anschaffung von teuren analytischen Geräten an einer zentralen Stelle vorzunehmen: »Wenn wir diese Lösung anstreben, so bleibt für eine rationelle Durchführung nur der Weg von Untersuchungslaboratorien offen, die dem Stand gehören. Für diese besonders aufwendigen Untersuchungen müßte, um eine Zersplitterung zu vermeiden, ein Zentralinstitut geschaffen werden.« Zugleich betonte er jedoch: »Identitätsuntersuchungen in der Apotheke werden und müssen durch das eigene Apothekenlabor durchgeführt werden. Aber auch hier könnte man Untersuchungsmethoden für das Apothekenlabor in den Zentrallaboratorien entwickeln, die eine schnelle und weniger lohnintensive Anwendung gestatten. Mit diesem System bestünde auch die Möglichkeit, bei Verdachtsmomenten einzelner Apotheker mit dem notwendigen Aufwand und wissenschaftlicher Exaktheit Arzneispezialitäten zu untersuchen.«
Nicht zuletzt wegen seines organisatorischen Geschickes und seiner Zuverlässigkeit übertrug man ihm die Verantwortung für den Verein »Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker«. Drost schuf gemeinsam mit Fellmann die wirtschaftlichen Voraussetzungen für den Bau des Gebäudes des Zentrallabors, dessen Umsetzung dann durch Dr. Christian Wehle (1934 bis 1990) und vor allem Dr. Dieter Steinbach, der die Leitung des Zentrallabors übernahm, erfolgte. Während Steinbach den Aufbau vor Ort betrieb, unterstützte Drost diesen nach außen.
Aber auch zahlreiche Apothekertage konnten mit seiner Hilfe in Berlin abgehalten werden, wo er stets mit der ihm eigenen »unkomplizierten und ungespreizten Art« seine Gäste willkommen hieß. In der Standespolitik erwies sich Drost als zuverlässiger Streiter, der schwierige Situationen mit einer trockenen Bemerkung zu lösen verstand, »hochtrabende Redner auf den nüchternen Punkt der Tatsachen zurück holte« und auch manches nicht ohne Humor, dafür aber mit einem »gerüttelten Maß an Bauernschläue« zu bewältigen verstand. Charakteristisch für ihn war sein Mut zur Entscheidung und seine unbedingte Fähigkeit, Wesentliches von Nebensächlichem zu trennen. Er verstand es ebenso, komplizierte Dinge verständlich für alle darzustellen, und er besaß auch eine »Witterung für politische Veränderungen«. Neben beträchtlicher Energie und Arbeitskraft, die erforderlich waren, um das umfangreiche Pensum zu bewältigen, besaß er indes auch die Eigenschaft, »alle Fünfe gerade sein« lassen zu können.
1978 zog sich Drost auf eigenen Wunsch von der Verbandsarbeit zurück und nahm auch als Ehrenpräsident der Apothekerkammer Berlin nicht mehr an den Vorstandssitzungen und Delegiertenversammlungen teil. Er erhielt zahlreiche Ehrungen, darunter das vom Bundespräsidenten verliehene Verdienstkreuz Erster Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland sowie die Hans-Meier-Medaille der ABDA. Am 29. Januar 1985 verstarb Drost im 77. Lebensjahr und wurde auf dem Friedhof Lichterfelde beigesetzt. In seinem Nekrolog betonte Wulf Schüßler: »Günter Drost zeichneten Eigenschaften aus, die ihn von denen anderer unterschieden: Seine schnelle Auffassungsgabe, das heißt ohne wenn und aber sofort zu erkennen, worum es ging. Und wenn er dies als gut erkannt hatte, setzte er seine Ideen mit Energie durch. [...] Alle Kollegen, die seine Hilfe suchten, sind nicht von ihm enttäuscht worden. Gerade Berlin hatte unter den Nachwirren des Krieges besonders zu leiden, dies wirkte sich auf die einzelnen Apotheken aus. Hier zu helfen und die größte Not zu lindern, machte er sich zur Aufgabe. Es war für ihn eine Herzensangelegenheit, er tat es gern [...]. Er war ein Mann der Tat und nicht der großen Worte.«
Drei wichtige Impulsgeber
Fellmann, Drost und Riemerschmid waren drei herausragende Standespolitiker, die seit der Nachkriegszeit der Entwicklung des Apothekenwesens in der Bundesrepublik Deutschland wichtige Impulse gaben. Sie trugen jeder auf seine Art zum Ansehen des Apothekers bei und vermochten die Bedeutung des Berufs auch der Politik zu vermitteln. Sie engagierten sich für die Weiter- und Fortbildung, für die Arzneimittelsicherheit und nicht zuletzt auch für ein positives Bild des Apothekers als Arzneimittelfachmann in der Öffentlichkeit. Ihr geschicktes Taktieren und pragmatisches Vorgehen, aber auch ihre stetige Orientierung auf die ethischen Wurzeln unseres Berufes lässt sie auch für die derzeitige junge Apothekergeneration zu eindrucksvollen Vorbildern werden.
... beim Verfasser.
Anschrift des Verfassers:
Professor Dr. Christoph Friedrich
Institut für Geschichte der Pharmazie
Roter Graben 10
35032 Marburg