Aus Oranienburg auf den Weltmarkt |
07.09.2010 17:47 Uhr |
Von Nils Franke, Berlin / Nycomed hofft mit Daxas auf einen neuen Blockbuster. Das Arzneimittel gegen chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) wurde in Deutschland erforscht, produziert und zuerst eingeführt. Der Standort Oranienburg setzt sich innerhalb des Weltkonzerns immer stärker durch.
Das Unternehmen Nycomed will die globale Produktion seines neuen Medikaments Daxas in Oranienburg bewältigen. »Wir haben uns eingestellt auf eine Milliarde Daxas-Tabletten pro Jahr«, sagte Werksleiter Dr. Hans-Christian Meyer in Oranienburg anlässlich der Markteinführung. »Wenn es mehr wird, werden wir auch eine Lösung finden.«
Das Medikament soll von Oranienburg aus in rund hundert Länder gelangen. Der Standort ist das Kompetenzzentrum für feste Arzneiformen des ursprünglich dänischen Unternehmens, dessen Hauptsitz heute in Zürich ist. In Oranienburg sind derzeit 448 Mitarbeiter beschäftigt, die im laufenden Jahr 5,3 Milliarden Tabletten und Kapseln in 125 Millionen Packungen herstellen sollen.
Medikamentenausstoß verdreifacht
»Die Wachstumsraten der Produkte, die wir haben, zeigen schon von alleine nach oben. Selbst ohne Daxas werden wir nächstes Jahr an die sechs Milliarden Tabletten herankommen«, sagte Meyer. In den vergangenen zehn Jahren habe das Unternehmen in der bis 1995 errichteten Anlage den Ausstoß verdreifachen können. Der Standort sei damit nicht von einem Produkt abhängig, auch wenn Daxas ein wesentliches Standbein des Portfolios werde. Das Unternehmen habe dafür 2004 in einen Granulations- und Mischbereich 2,2 Millionen Euro investiert. Zusätzlich sei eine neue Verpackungslinie für eine Million Euro bestellt.
Auf dem Weg zur Verblisterung.
Foto: Franke
Daxas enthält den Wirkstoff Roflumilast. Er soll zusätzlich zu herkömmlichen bronchodilatorischen Medikamenten verschrieben werden und so die Exazerbationsrate (Verschlimmerung, Wiederaufleben) senken und die Lungenfunktion verbessern (siehe dazu Neu auf dem Markt: Erster PDE-4-Hemmer verfügbar, PZ 35/2010). Den PDE-4-Hemmer hatte der Konzern Altana erstmals 1993 am Hauptsitz seiner Pharmasparte in Konstanz erforscht. 2007 ging diese in den Konzern Nycomed über.
Pantoprazol verliert an Bedeutung
Für den Standort Konstanz sei deshalb die nun endlich erreichte Markteinführung des Arzneimittels ähnlich wichtig wie für Oranienburg, sagte der Sprecher der Geschäftsführung von Nycomed Deutschland, Stefan Brinkmann. »Daxas ist nach Pantoprazol das zweite richtig große Produkt, das aus der Konstanzer Forschung kommt. Für die Forscher in Konstanz ist das ein Riesenerfolgserlebnis.«
Pantoprazol war bislang das umsatzstärkste Medikament des Konzerns und wird ebenfalls in Oranienburg produziert. 2010 ist das erste Jahr ohne Patentschutz. Der Umsatz lag nach Angaben des Unternehmens im ersten Halbjahr 2010 weltweit bei 463 Millionen Euro und damit 32 Prozent niedriger als im gleichen Zeitraum 2009. Dennoch sei es gut am Markt platziert, sagte Brinkmann. In diesem Jahr seien 2,1 Milliarden Tabletten zu erwarten.
Der Standort in Oranienburg sei vorher sehr auf die Produktion von Pantoprazol fokussiert gewesen. »Er hat aber gerade in den letzten Jahren sehr viele Produkte aus dem Nycomed-Netzwerk aufnehmen können«, sagte der Geschäftsführer.
Ein Nycomed-Mitarbeiter zeigt beim Rundgang durch die Produktionshallen in Oranienburg die gelben Daxas-Tabletten.
Foto: Franke
Daxas sei ein würdiger Nachfolger für Pantoprazol. »Wir hoffen, dass wir mit diesem Produkt aus deutscher Forschung und deutscher Produktion an unsere Pantoprazol-Erfolgsgeschichte anknüpfen können«, sagte Brinkmann. Er sehe in dem Medikament »ganz klar Blockbuster-Potenzial«. Mittelfristig sei ein Umsatz von über einer Milliarde Dollar, beziehungsweise sogar Euro möglich. »Wir rechnen auch damit, dass wir in den wichtigen europäischen Märkten einen dreistelligen Millionenumsatz erzielen.« Die Umsatzerwartungen gründete Brinkmann unter anderem darauf, dass Daxas zusätzlich zu anderen Arzneien gegen COPD verschrieben werden soll. Die Standardtherapie lasse sich auf ein Produkt reduzieren: Spiriva erhielten etwa 50 Prozent aller COPD-Patienten weltweit. »Wenn Sie sich überlegen, dass der ideale Partner für Spiriva Daxas ist, dass es ungefähr genauso viel kostet, und Spiriva auf deutlich über eine Milliarde Euro Umsatz kommt, dann liegen wir mit unserer Schätzung nicht so schlecht«, rechnete der Geschäftsführer vor.
In diesem Jahr sieht Nycomed der Zulassung in zehn zumeist europäischen Ländern entgegen. Deutschland ist das erste. »Es ist nach wie vor eine Stärke des deutschen Gesundheitswesens, dass man dort relativ schnell in den Markt kommt«, sagte Brinkmann. 2011 soll die Zulassung in vielen weiteren Ländern folgen, auch für den wichtigen Markt der USA. /