Rheumatologe mahnt zur Vorsicht |
31.08.2016 09:19 Uhr |
Von Christina Müller, Berlin / Chargendokumentation, Substitutionsverbot und ein zentrales Register: Professor Hanns-Martin Lorenz, Leiter der Sektion Rheumatologie am Universitätsklinikum Heidelberg, fordert strenge Auflagen für den Einsatz von Biosimilars, aber gleichzeitig eine Verordnungsquote.
Zwar begrüße Lorenz mit Blick auf die Kosten grundsätzlich die Einführung von Biosimilars als Alternativen zu den deutlich teureren Originalen, gentechnisch hergestellte Medikamente dürften jedoch nicht unkritisch gegeneinander ausgetauscht werden. Das sagte er am vergangenen Mittwoch in Berlin im Vorfeld des Rheumatologen-Kongresses in Frankfurt am Main.
Beim Einsatz von Biosimilars in der Rheumatherapie kann es zu Abweichungen in der Wirksamkeit oder bei der Art der Nebenwirkungen kommen.
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Die Protein-Sequenzen der Nachahmer-Präparate entsprechen laut Lorenz zwar denen der Biologika, in der Glykosylierung unterscheiden sich die Produkte jedoch häufig von ihren Vorbildern. Daraus resultierten Abweichungen in der Wirksamkeit sowie der Art und Häufigkeit von Nebenwirkungen. Zudem bemängelte der Rheumatologe das Zulassungsverfahren für Biosimilars: »Die Hersteller können sich eine Indikation von vielen herauspicken, in der sie eine Vergleichsstudie durchführen. Ist das Ergebnis positiv, gilt die Äquipotenz für alle anderen Anwendungsgebiete ebenfalls als belegt.« Aus Lorenz Sicht ist diese Regelung problematisch. Er bezweifelt, dass die Studienergebnisse eins zu eins für alle Indikationen eines Arzneimittels zu übersetzen sind.
Darüber hinaus forderte er ein generelles Austauschverbot für gentechnisch hergestellte Medikamente. »Wenn der Patient plötzlich über Nebenwirkungen oder mangelnde Wirksamkeit klagt, muss der behandelnde Arzt zweifelsfrei wissen, welches Präparat der Betroffene in der Apotheke erhalten hat.« Die Charge sollte – vergleichbar mit einem Impfbuch – für den Patienten zugänglich dokumentiert werden. Um eventuelle Nebenwirkungen festzuhalten, wünscht sich Lorenz zudem ein zentrales Register, in das die Hersteller ihre produktbezogenen Daten eintragen sollen.
Trotz aller Kritikpunkte sprach sich Lorenz für eine Verordnungsquote für Biosimilars aus. Angesichts der rund 1,2 Milliarden Euro, mit denen Biologika-Verordnungen jährlich das Budget der Gesetzlichen Krankenversicherung belasteten, sei die Quote ein geeignetes Mittel, um die Kosten zu senken. Sie sei jedoch lediglich bei Neueinstellungen anwendbar, sagte er. »Eine Verordnungsquote darf nicht dazu führen, dass Ärzte gezwungen werden, ihre Patienten auf Biosimilars umzustellen.« /