Apotheker, Kassen und Hersteller streiten um Biosimilars-Austausch |
Melanie Höhn |
19.05.2022 15:30 Uhr |
Im August entscheidet sich, ob Apotheken Biosimilars austauschen müssen. Die ABDA und die Herstellerverbände warnen vor Risiken, die Krankenkassen wollen damit sparen. / Foto: Adobe Stock/Natalia
Das Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV), das am 16. August 2019 in Kraft getreten ist, sieht vor, dass Apotheken nicht nur Generika, sondern auch Biosimilars austauschen sollen. Dafür muss jedoch die Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) geändert werden. Im April 2022 beschloss der G-BA nun die Einleitung eines Stellungnahmeverfahrens zur Änderung der AM-RL.
Mit dieser Änderung will der G-BA »Hinweise zur Austauschbarkeit von biologischen Referenzarzneimitteln durch im Wesentlichen gleiche biotechnologisch hergestellte biologische Arzneimittel (...) unter Berücksichtigung ihrer therapeutischen Vergleichbarkeit« geben, die für Apotheken und Praxen gelten sollen. Im August soll der G-BA über die Möglichkeiten zum Austausch von ärztlich verordneten Biologika in Apotheken beschließen.
In Ihrer Stellungnahme lehnen die ABDA und die AMK eine Austauschverpflichtung von biotechnologisch hergestellten biologischen Arzneimitteln in Apotheken ab. Grundsätzlich halten sie eine Austauschbarkeit von Biosimilars nach Festlegung durch den G-BA in den Apotheken für möglich, doch sie sehen einige kritische Aspekte in dem vorliegenden Richtlinienentwurf nicht ausreichend gewürdigt. Zunächst sei die Anzahl der Studien zum Austausch von Biosimilars (Häufigkeit, Arzt-induziert, nicht Arzt-induziert) weiterhin sehr niedrig. »Darüber hinaus handelt es sich hierbei mehrheitlich um parenteral anzuwendende Arzneimittel, bei denen von einer erhöhten Sensibilität der überdurchschnittlich häufig schwerstkranken Patientinnen und Patienten auszugehen ist«, heißt es in der Stellungnahme weiter. »Bereits kleine Änderungen in der Art der Applikation können zu massiver Verunsicherung bei der Patientin bzw. dem Patienten bis hin zur fehlenden Therapietreue (Non-Adhärenz) führen«, so ABDA und AMK.
Unter der Prämisse, dass das abzugebende Arzneimittel in nur einem Anwendungsgebiet mit dem verordneten Arzneimittel übereinstimmt, benötigt die Apothekerin oder der Apotheker die ausschlaggebende Indikation, »die jedoch nicht der schriftlich oder elektronisch vorliegenden Verordnung entnommen werden kann«, heißt es in der Stellungnahme weiter. Hierzu bedürfte es laut ABDA »eines rechtssicheren und konsequenten Informationsaustauschs erkrankungsspezifischer Aspekte zwischen Verordner und abgebender Apotheke«.
Des Weiteren führen ABDA und AMK an, dass die vom Gesetzgeber vorgesehene Änderung vom Austauschverbot von Biosimilars hin zu einer Austauschverpflichtung in Apotheken mit einem deutlich über das übliche Maß hinausgehenden Beratungsaufwand einhergehe, der »adäquat« vergütet werden müsse. Etwaige Zusatzleistungen könnten keinesfalls ohne entsprechende »zusätzliche Entgeltung« erbracht werden.