Schlechtmacher |
31.08.2010 16:05 Uhr |
Natürlich ist im deutschen Gesundheitswesen nicht alles perfekt. Niemand behauptet dies ernsthaft. Es ist aber vieles besser, als es dargestellt wird. Das wissen Apotheker nur zu gut. Dasselbe gilt auch für Ärzte, deren Leistungen bei ihren Patienten höheres Ansehen genießen als in den Medien und bei Politikern.
Glaubt man einer Untersuchung der Unternehmensberater von Ernest & Young, dann sind die Deutschen mit ihrer Gesundheitsversorgung, mit den Krankenhäusern, den niedergelassenen Ärzten und Apothekern zufrieden – zufriedener noch als in den Vorjahren (siehe dazu Gesundheitswesen: Deutsche mit der Qualität zufrieden). Nur jeder Achte hält die Gesundheitsversorgung im eigenen Umfeld für schlecht, der Rest findet sie »eher gut« oder »gut«. Das gilt auf dem Land gleichermaßen wie in der Stadt. Wenn die Patienten ihren Arzt und Apotheker kennen, bekommen die meist gute Noten.
Das Gesundheitswesen wird schlechter beurteilt, wenn es um eine generelle Einschätzung geht. In derselben Umfrage gibt ein Drittel der Teilnehmer an, die Qualität des Gesundheitswesens werde immer schlechter. Nur jeder Siebte glaubt, es werde besser. Die Diskrepanz lässt sich erklären: Bei der Bewertung des Gesundheitswesens generell verlassen sie sich nicht auf ihre eigenen lokalen Erfahrungen, sondern sind auf die Beschreibung anderer angewiesen. Hier kommen die Schlechtmacher ins Spiel. Politiker wie Medien orientieren sich daran, Missstände aufzudecken. Politiker wollen sie im Idealfall sogar beheben. Die Botschaft »alles funktioniert« ist nicht die ihre. Das Gesundheitswesen kann nur retten, wer es zuvor als rettungsbedürftig definiert hat.
Die Aufarbeitung des Todes der drei Babys in der Uniklinik Mainz zeigt, wie die Schlechtmacher arbeiten. Noch bevor klar war, wie es zu dem tragischen Ereignis kommen konnte, hatten Politiker von CDU, CSU, FDP und SPD mangelhafte Hygiene im Krankenhaus als Grund ausgemacht. Tatsächlich liegen die deutschen Krankenhäuser bei der Hygiene nur im europäischen Mittelfeld. Die Uniklinik Mainz und ihre Krankenhausapotheke nehmen jedoch eine Spitzenstellung ein. Die Schlechtmacher spulten dennoch ihr Standardprogramm ab, forderten neue gesetzliche Regelungen gegen Schlamperei bei der Hygiene. Experten warnten dagegen vor voreiligen Schuldzuweisungen. Sie hatten am Ende Recht (siehe dazu Verkeimte Infusionen: Apotheke trifft keine Schuld). Die Universitätsklinik und ihre Apotheke trifft keine Schuld. Die Nährlösung kam bereits kontaminiert in die Krankenhausapotheke. Eine öffentliche Entschuldigung blieb aus. Politiker korrigieren lieber andere als sich selbst.
Daniel Rücker
Chefredakteur