Studie untermauert gute Verträglichkeit |
22.08.2011 15:11 Uhr |
Von Brigitte Havertz / Die magensaftresistente Formulierung von niedrig dosierter Acetylsalicylsäure (Aspirin® protect 100 mg) zeichnet sich durch eine gute Magenverträglichkeit aus – ein Punkt, der für die Therapietreue sehr wichtig ist. Dies dokumentiert eine apothekengestützte, einjährige Beobachtungsstudie unter Alltagsbedingungen.
Niedrig dosierte Acetylsalicylsäure gilt heute als der »Goldstandard« in der Prophylaxe kardio- und zerebrovaskulärer Ereignisse. Nationale und internationale Fachgesellschaften empfehlen in ihren Leitlinien den Einsatz von Acetylsalicylsäure sowohl zur kardiovaskulären Sekundär- als auch zur Primärprävention bei Patienten mit Risikofaktoren (1-4). Da bei einer Dauermedikation für die Compliance neben der guten Wirksamkeit auch eine gute Verträglichkeit entscheidend ist, wurde zur Optimierung der gastrointestinalen Verträglichkeit eine spezielle, magensaftresistente Formulierung des Wirkstoffs entwickelt (Aspirin® protect 100 mg).
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Bei dieser Darreichungsform verhindert ein magensaftresistenter »Schutzlack« den mechanischen Kontakt der Acetylsalicylsäure mit der Magenschleimhaut. Denn für Magenprobleme unter einer Therapie mit niedrig dosierter ASS sind hauptsächlich der direkte lokale Kontakt der Säure mit der Magenschleimhaut und der »Ion-Trapping«-Effekt, das heißt die Ansammlung dissoziierter ASS in der Mukosazelle, verantwortlich (siehe Kasten). Die systemische Hemmung der mukosaprotektiven Prostaglandine spielt hier eine untergeordnete Rolle, da die COX-2, die für die Synthese des schützenden Prostaglandins E2 verantwortlich ist, bei der niedrigen Dosierung von 100 mg ASS wenig beeinflusst wird. Die COX-2-Hemmung erfordert in der Regel höhere Dosierungen. Die bessere Magenverträglichkeit von Aspirin® protect 100 mg verglichen mit »normalen« ASS-Zubereitungen ist durch endoskopische und klinische Studien belegt (5-12).
Methodik und Verlaufsbeobachtung
Im Fokus einer apothekengestützten, prospektiven einjährigen Beobachtungsstudie mit Aspirin protect 100 mg stand primär die Verträglichkeit (Gesamtverträglichkeit und gastrointestinale Verträglichkeit). Außerdem wurden anamnestische Daten wie Grunderkrankungen und kardiale Risikofaktoren abgefragt und die Compliance dokumentiert.
Fachgesellschaften empfehlen in ihren Leitlinien den Einsatz von Acetylsalicylsäure sowohl zur kardiovaskulären Sekundär- als auch zur Primärprävention bei Patienten mit Risikofaktoren.
Foto: Fotolia/Sanders
Die Daten wurden mithilfe von Fragebögen zu fünf verschiedenen Zeitpunkten erfasst. Der zu Beginn der Studienteilnahme von den Apotheken ausgegebene Basisfragebogen enthielt neben den speziellen Fragen zur Therapie (Häufigkeit der Einnahme, Gesamtverträglichkeit, Magenverträglichkeit, eventuell aufgetretene gastrointestinale Symptome, Begleitmedikation, Nebenwirkungen im Zusammenhang mit der Einnahme auch demografische Daten (Geburtsjahr, Geschlecht, Körpergröße und -gewicht) sowie Fragen zum Zeitraum der Einnahme und zu Vorerkrankungen. Nach drei, sechs, neun und zwölf Monaten sollten die Patienten jeweils einen Verlaufsbogen ausfüllen, in dem erneut die Daten zum Therapieverlauf erfasst wurden.
Zur Auswertung konnten insgesamt 4235 Basis-Fragebögen herangezogen werden. Nach drei Monaten schickten 2015 Patienten einen Verlaufsbogen zurück, nach sechs Monaten 1770, nach neun Monaten 1472 und nach zwölf Monaten 1271 Patienten.
Hohe Therapietreue
Mehr als die Hälfte der Studienteilnehmer waren Männer (54,6 Prozent, n = 2246). Das Durchschnittsalter betrug 65,1 ± 13,6 Jahre. 2443 Studienteilnehmer (58,5 Prozent) waren zwischen 61 und 80 Jahre alt. Der BMI lag im Durchschnitt bei 26,7 ± 4,1 kg/m2. Der Großteil der Patienten war übergewichtig (45,3 Prozent) und ein hoher Anteil sogar adipös (18,2 Prozent).
Die Empfehlung, ASS einzunehmen, hatte größtenteils der behandelnde Arzt ausgesprochen (74 Prozent), sehr viel seltener der Apotheker (22,4 Prozent). 10,5 Prozent der Studienteilnehmer wendeten das Prüfpräparat zum ersten Mal an. Insgesamt zeigte sich eine hohe Compliance. Rund 90 Prozent der Patienten gaben während des gesamten Studienverlaufs an, das Medikament täglich einzunehmen; 85,3 Prozent der Patienten dokumentierten, die Einnahme bislang »nie« oder »selten« vergessen zu haben.
Insgesamt gaben 1997 Patienten (47,2 Prozent) an, Acetylsalicylsäure sekundärpräventiv einzunehmen, während 2238 (52,8 Prozent) der befragten Studienteilnehmer angaben, dass bei ihnen anamnestisch keine dieser Erkrankungen vorlag oder medizinischen Maßnahmen getroffen worden seien.
Die häufigsten Indikationen für die sekundärpräventive Einnahme niedrig dosierter Acetylsalicylsäure waren die Prophylaxe nach einem Myokardinfarkt (18,7 Prozent), Stentimplantation (12,0 Prozent) und transitorische ischämische Attacken (10,8 Prozent), gefolgt von Schlaganfall (9,7 Prozent), Bypassoperation (9,3 Prozent) und Ballondilatation am Herzen (7,9 Prozent) (Abbildung 1).
Abbildung 1: Anwendungsgebiete
Allerdings litten 62,3 Prozent der gesamten Studienpopulation an Bluthochdruck und 43,9 Prozent hatten eine Hypercholesterinämie. 16,6 Prozent waren Diabetiker. Bei 403 Patienten (9,5 Prozent) war anamnestisch eine Thrombose oder Embolie bekannt. Ein Drittel der Patienten hatte zwei und jeder zehnte Patient mehr als zwei kardiovaskuläre Grunderkrankungen. Bei rund einem Viertel der Patienten (25,1 Prozent) war bei den nächsten Verwandten (Eltern, Geschwister) vor dem 60. Lebensjahr ein Herzinfarkt oder ein Schlaganfall aufgetreten. 1954 Patienten (52,1 Prozent) wurden als »Nichtraucher« klassifiziert, 1176 Patienten (31,3 Prozent) als »ehemalige Raucher« und 559 Patienten (14,9 Prozent) gaben an, aktuell »Raucher« zu sein (Abbildung 2).
Abbildung 2: Verteilung der Risikofaktoren für kardiovaskuläre Ereignisse
3498 Patienten (84,5 Prozent) gaben an, regelmäßig weitere Medikamente einzunehmen. Dabei handelte es sich im Wesentlichen um Antihypertensiva (Betablocker, Calciumantagonisten und Hemmstoffe des Renin-Angiotensin-Systems: 25 Prozent; andere Antihypertonika: 9,1 Prozent), Lipidsenker (15,8 Prozent) und Antidiabetika (5,2 Prozent) (Abbildung 3).
Abbildung 3: Begleitmedikation
Bei 429 Patienten (10,1 Prozent) war anamnestisch ein Magengeschwür bekannt.
Gute bis sehr gute Verträglichkeit
Die aus den klinischen Studien bekannte gute Verträglichkeit wurde in dieser nicht interventionellen Studie unter Alltagsbedingungen bestätigt. Für die generelle Verträglichkeit des Arzneimittels vergaben 3689 Patienten (88,4 Prozent) die Bestnoten »sehr gut« bis »gut«. Die Magenverträglichkeit wurde von 3608 Patienten (86,4 Prozent) mit »sehr gut« bis »gut« bewertet.
Die lokale Schädigung der Magenschleimhaut durch ASS beruht darauf, dass die Acetylsalicylsäure im sauren Milieu des Magens (pH 2) nahezu vollständig in fettlöslicher Form vorliegt (undissoziiert, lipophil). So kann sie über die Lipidmembran der Mukosazelle ins Zellinnere eindringen. Dort liegt ein neutraler Wert von pH 7 vor, bei dem die ASS größtenteils dissoziiert in Säurerest und Proton vorliegt. In dieser dissoziierten Form kann die ASS die Zellmembran nicht mehr passieren, sodass eine Rückkehr in das Magenlumen nicht möglich ist.
Sie ist praktisch in der Zelle gefangen (Ion-Trapping). Die Anreicherung freier Protonen in der Magenschleimhaut kann dort zu Schädigungen führen. Durch die magensaftresistente Lackierung wird der Wirkstoff erst im Dünndarm bei pH 7 freigesetzt. Dort liegt nur ein sehr geringer Teil der ASS in lipophiler Form vor, der nach und nach resorbiert wird. In den Zellen der Dünndarmschleimhaut tritt das »Ion-Trapping« nicht auf, da sowohl in der Zelle als auch im Darmlumen ein neutraler pH-Wert besteht (18).
Die Ergebnisse im Detail: Die Frage zur Gesamtverträglichkeit hatten im Basisbogen 4174 Patienten beantwortet, wobei 1722 (40,7 Prozent) diese mit »sehr gut« und 1967 (46,4 Prozent) mit »gut« bewerteten. 192 Patienten (4,4 Prozent) beurteilten die Verträglichkeit mit befriedigend und schlechter und 293 Patienten (6,9 Prozent) gaben an, dies nicht beurteilen zu können (Abbildung 4).
Abbildung 4: Gesamtverträglichkeit (Basisfragebogen; Angaben in Prozent)
In den Verlaufsbögen beantworteten nahezu alle Patienten diese Frage. Zum Befragungszeitpunkt nach drei Monaten antworteten 1978 (98,2 Prozent) von 2015 Patienten, nach sechs Monaten 1741 (98,4 Prozent) von 1770, nach neun Monaten 1448 (98,4 Prozent) von 1472 und nach zwölf Monaten 1255 (98,7 Prozent) von 1271 Patienten. Dabei vergaben zu allen vier Zeitpunkten rund 95 Prozent der Patienten die Noten »sehr gut« und »gut« (drei Monate: 94,9 Prozent, sechs Monate: 96,0 Prozent, neun Monate: 95,9 Prozent, zwölf Monate: 96,1 Prozent) (Abbildung 5).
Abbildung 5: Gesamtverträglichkeit (nach zwölf Monaten; Angaben in Prozent)
Die Frage zur Magenverträglichkeit beantworteten 4177 Patienten im Basisbogen. Davon beurteilten 1634 (38,6 Prozent) die Magenverträglichkeit als »sehr gut« und 1974 (46,6 Prozent) als »gut«. Lediglich 304 Patienten (7,2 Prozent) benoteten die Magenverträglichkeit des Prüfpräparats mit »befriedigend« und schlechter. 265 Patienten (6,3 Prozent) gaben an, dies nicht beurteilen zu können (Abbildung 6).
Abbildung 6: Magenverträglichkeit (Basisfragebogen; Angaben in Prozent)
Von den 1969 Patienten die im Verlaufsbogen nach drei Monaten diese Frage beantworteten, urteilten 1826 (90,6 Prozent) mit »gut« und besser. Nach sechs Monaten waren es 1619 Patienten (91,4 Prozent), nach neun Monaten 1354 (92,0 Prozent) und nach zwölf Monaten 1176 (92,5 Prozent) (Abbildung 7).
Abbildung 7: Magenverträglichkeit (nach zwölf Monaten; Angaben in Prozent)
Mehr als die Hälfte der Studienteilnehmer (59,5 Prozent) gab an, zum Zeitpunkt der Erstbefragung keinerlei gastrointestinale Probleme zu haben. Die am häufigsten von den Patienten berichteten Beschwerden waren Sodbrennen (18,8 Prozent, Magenbeschwerden 10,1 Prozent, Verstopfung (9,8 Prozent) und Völlegefühl (9,3 Prozent) (Abbildung 8). Über den gesamten Studienzeitraum blieb Sodbrennen das am häufigsten genannte Symptom (drei Monate: 19,1 Prozent, sechs Monate: 16,7 Prozent, neun Monate: 15,8 Prozent, zwölf Monate: 16,1 Prozent).
Abbildung 8: Gastrointestinale Symptome (zu Beginn der Studie)
Neben dem Auftreten von Symptomen beziehungsweise Beschwerden wurde das Auftreten von Nebenwirkungen abgefragt. Insgesamt wurden im Rahmen der Studie von 163 Patienten (4,0 Prozent) 153 Angaben zu möglichen Nebenwirkungen dokumentiert. Die Patienten, bei denen Nebenwirkungen aufgetreten waren, konnten in einer anschließenden Frage angeben, ob sie aus diesem Grund einen Arzt aufgesucht hatten. Diese Frage wurde von 58 Patienten (39,2 Prozent) mit »ja« beantwortet. Davon gaben 33 (56,9 Prozent) an, den Arzt wegen gastrointestinaler Beschwerden aufgesucht zu haben.
Diskussion der Ergebnisse
Von der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, Herz- und Kreislaufforschung wird die lebenslängliche Therapie mit 100 mg Acetylsalicylsäure nach Herzinfarkt (1) und die primärpräventive Gabe von ASS bei Patienten mit einem jährlichen KHK-Risiko von über 1,5 Prozent empfohlen (2).
Die Umsetzung dieser Empfehlungen in der Praxis spiegelt sich in den vorliegenden Ergebnissen dieser apothekenbasierten Beobachtungsstudie wider.
Die Studienteilnehmer nahmen ASS größtenteils auf Verordnung ihres Arztes ein (74 Prozent). 22,4 Prozent gaben an, dass ihr Apotheker das Präparat empfohlen habe, wobei der Apotheker als Spezialist für Arzneimitteltechnologie die Vorteile der magensaftresistenten Darreichungsform erklärt haben mag, während die indikationsbezogene Empfehlung eher ärztlicherseits ausgesprochen wird.
Insgesamt zeigte sich eine hohe Leitlinienkonformität: Jeweils die Hälfte der Patienten nahm das Präparat in der Sekundärprävention oder unter Nutzen-Risiko-Abwägung primärpräventiv ein. Die Patienten unter ASS- Therapie wiesen größtenteils mehrfache Herz-Kreislauf-Risiken auf:
58,5 Prozent waren zwischen 61 und 80 Jahre alt, 62,3 Prozent hatten Bluthochdruck, 43,9 Prozent eine Hypercholesterinämie. Entsprechend bestand die Begleitmedikation im Wesentlichen aus Antihypertensiva und Lipidsenkern. Auffällig war, dass ein Viertel der Patienten auch ein familiäres Herz-Kreislauf-Risiko hatte.
Auch in der vorliegenden Studie wurde die aus früheren klinischen (5,6) und endoskopischen (7-11) Studien sowie einer zweijährigen Anwendungsbeobachtung beim Arzt (12) bekannte gute Verträglichkeit bestätigt. Die Gesamtverträglichkeit wurde zu allen Abfragezeitpunkten im einjährigen Beobachtungsverlauf von rund 95 Prozent der Patienten mit »sehr gut« oder »gut« bewertet. Die Magenverträglichkeit wurde während des Studienverlaufs zunehmend positiver beurteilt. Bewerteten im Basisfragebogen zu Beginn der Untersuchung 85,2 Prozent der Befragten die gastrointestinale Verträglichkeit mit »sehr gut« oder »gut«, so stieg der Anteil dieser positiven Bewertungen nach zwölf Monaten auf 92,5 Prozent.
Die bei 15 bis 20 Prozent der Befragten über den gesamten Studienverlauf dokumentierte Symptomatik von Sodbrennen beeinträchtigte die positive Bewertung der gastrointestinalen Verträglichkeit durch die Studienteilnehmer nicht. Bereits bei einer vorhergehenden zweijährigen Studie in Arztpraxen war aufgefallen, dass rund 20 Prozent der Patienten bereits zu Studienbeginn vor der ersten ASS-Einnahme eine Sodbrennen-Symptomatik angegeben hatten. Dies könnte darauf beruhen, dass circa 29 Prozent der westlichen Bevölkerung gelegentlich unter funktionellen dyspeptischen Beschwerden und circa 20 Prozent speziell unter Sodbrennen leidet, für die keine organische Ursache gefunden werden kann (13-17)
Fazit
In dieser apothekengestützten, nicht interventionellen Studie überzeugte Aspirin® protect 100 mg durch eine sehr gute Verträglichkeit, insbesondere auch durch eine gute Magenverträglichkeit. Dies spiegelte sich in einer hervorragenden Therapietreue der Patienten im Rahmen der täglichen Anwendung wider. Bei der Empfehlung für ein niedrig dosiertes ASS-Präparat zur kardio- und zerebrovaskulären Langzeitprophylaxe kann daher die magensaftresistente Darreichungsform der Acetylsalicylsäure bevorzugt werden, um eine gute Patientencompliance zu gewährleisten, die eine entscheidende Rolle für den Therapieerfolg spielt. /
Literatur
Kontakt
Brigitte Havertz, Apothekerin für Arzneimittelinformation
Bayer Vital GmbH
Leverkusen