Verbot trotz Versanderlaubnis |
04.08.2015 16:03 Uhr |
Von Arndt Preuschhof, Berlin / Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat sich mit der Zulässigkeit der Sammlung von Rezepten durch eine Apotheke auseinandergesetzt.1 Eine Apothekerin hatte in einem Supermarkt eine Werbetafel aufstellen lassen, bei der Kunden auch Rezepte in einem Umschlag einwerfen konnten. Dabei konnte der Kunde wählen, die Arzneimittel in der Apotheke abzuholen oder sie sich durch einen Boten der Apotheke an eine Wunschadresse ausliefern zu lassen.
Über eine Erlaubnis zum Sammeln von Verschreibungen nach § 24 ApBetrO verfügte die Betriebserlaubnisinhaberin nicht, wohl aber über eine Versanderlaubnis nach § 11a ApoG. Da sie auf eine Abmahnung eine Unterlassungserklärung nicht abgeben wollte, wurde eine einstweilige Verfügung beantragt. Das Landgericht (LG) Bochum wies den Antrag zurück. Hiergegen wurde Berufung eingelegt, auf die das OLG Hamm das Urteil des Landgerichts abänderte und die Apothekerin verurteilte.
Die Entscheidung erscheint ungewöhnlich, hat sich doch seit der sog. »dm-Entscheidung« des Bundesverwaltungsgerichts2 unter Apothekern und vielen Juristen die Auffassung verfestigt, die Genehmigungspflicht für eine Rezeptsammelstelle – insbesondere eine, die nicht genehmigungsfähig ist – könne durch die Beantragung einer Versanderlaubnis leicht umgangen werden. Dass dem so nicht ist, hat das OLG Hamm nun herausgearbeitet. Das Gericht hat darauf abgestellt, dass § 24 ApBetrO jedenfalls dann anwendbar ist, wenn die durch die Rezeptsammelstelle eingesammelten Verschreibungen vom Kunden in der Apotheke abgeholt oder diesem im Wege des Botendienstes zugestellt werden. Das Gericht schließt sich damit der wenig beachteten Entscheidung des Amtsgerichts Frankfurt am Main3 an, das eine Apothekenleiterin in einem Bußgeldverfahren in einem vergleichbar gelagerten Fall wegen des Betriebs einer ungenehmigten Rezeptsammelstelle verurteilt hatte.
Das OLG Hamm deutet in bemerkenswerter Weise darüber hinaus Zweifel daran an, ob die eingangs zitierte Aussage des Bundesverwaltungsgerichts überhaupt noch Bestand hat. Das OLG führt aus, dass der Verordnungsgeber in der Novelle der Apothekenbetriebsordnung4 nicht auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eingegangen sei und keine Einschränkung des Wortlauts des § 24 ApBetrO vorgesehen habe, und nimmt dies als Anhaltspunkt dafür, dass der Verordnungsgeber eine Einschränkung des Anwendungsbereichs der Vorschrift nicht mehr vorsehen wollte. Da es in dem konkreten Sachverhalt auf diese Frage nicht ankam, musste das OLG sich jedoch nicht abschließend damit auseinandersetzen. Für die Auffassung des Gerichts spricht jedenfalls, dass der Verordnungsgeber § 24 Abs. 4 Satz 2 ApBetrO nach der besagten BVerwG-Entscheidung ausdrücklich dahingehend konkretisiert hat, dass Verschreibungen, die in einer Rezeptsammelstelle eingesammelt werden, im Wege des Botendienstes zu beliefern sind. Eine Belieferung im Wege des Versandhandels steht damit im Widerspruch und wäre unzulässig5. Es ist damit – anders als in der Vergangenheit etwa durch den Verwaltungsgerichtshof Kassel6 entschieden – nicht unerheblich, ob der Inhaber einer Versanderlaubnis Arzneimittel durch ein Logistikunternehmen oder durch eigenes Personal im Wege des Botendienstes zustellt. Dieser Rechtsprechung ist durch die Klarstellung in § 24 Abs. 4 Satz 2 durch die ApBetrO-Novelle von 2012 jedenfalls endgültig die Rechtfertigung entzogen.
Es bleibt zu hoffen, dass auch weitere Gerichte sich im Einklang mit dem OLG Hamm kritisch mit der allzu weiten7 Interpretation des § 24 ApBetrO auseinandersetzen und mittelfristig dazu beitragen, die unangemessene Privilegierung des Versandhandels in diesem Bereich zu beseitigen, die zudem noch dazu führt, dass Apothekenleiter, die mit hohem Aufwand in entlegenen Gebieten im Einklang mit § 24 ApBetrO eine Rezeptsammelstelle zur Versorgung der Bevölkerung betreiben, in Konkurrenz mit Versandanbietern treten müssen. /
Arndt Preuschhof, Referent Apotheken- und Arzneimittelrecht
ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände
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