Erklärung zum Medikationsplan |
03.08.2016 08:47 Uhr |
Von Lea Botermann und Martin Schulz / Ein aktueller und vollständiger Medikationsplan kann die Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) bei Polymedikation verbessern. Ein Merkblatt zum Medikationsplan soll Patienten dabei unterstützen.
Die Einführung eines patientenbezogenen, bundeseinheitlichen Medikationsplans wurde in Deutschland im Gesetz zur sicheren digitalen Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen, kurz E-Health-Gesetz, im § 31a (Medikationsplan) des 5. Sozialgesetzbuchs (SGB V) verankert. Dieses wurde am 4. Dezember 2015 vom Bundestag verabschiedet, und ist zum 1. Januar 2016 in Kraft getreten (1). Damit haben gesetzlich Krankenversicherte, die gleichzeitig drei oder mehr Arzneimittel verordnet bekommen, ab 1. Oktober 2016 einen Anspruch auf einen Medikationsplan, zunächst in Papierform.
Ab 2018 auch digital
Das E-Health-Gesetz verpflichtet Vertragsärzte, den Medikationsplan auszustellen. Bei Bedarf aktualisieren Apotheken den Medikationsplan auf Wunsch des Patienten bei der Abgabe von Arzneimitteln. Ab 2018 soll der Medikationsplan auch digital verfügbar und perspektivisch auf der elektronischen Gesundheitskarte gespeichert werden.
Ein Medikationsplan hilft Patienten mit Polymedikation nur, wenn sie ihn auch verstehen. Hier soll das Merkblatt Hilfe leisten.
Foto: Fotolia/ Tommaso Lizzul
Der bundeseinheitliche Medikationsplan ist ein Dokument für den Patienten, das seine gesamte Medikation inklusive Selbstmedikation übersichtlich auflistet (2,3). Er spezifiziert den Wirkstoff, Handelsnamen, Stärke, Darreichungsform, Dosierung/Einnahmeregime, Einheit, wichtige Hinweise zur Anwendung sowie den Grund der Einnahme. Damit soll dem Patienten die korrekte Einnahme der Arzneimittel erleichtert und somit die AMTS verbessert werden (1,3).
Die Bundesärztekammer, der Deutsche Apothekerverband (DAV) und die Kassenärztliche Bundesvereinigung haben laut Vorgabe des § 31a SGB V fristgerecht zum 30. April 2016 eine dreiseitige Vereinbarung unter anderem zu Inhalt und Struktur des Medikationsplans sowie Vorgaben und Empfehlungen zu seiner Aktualisierung getroffen (4). Der DAV hat dazu eine erste Fassung von Fragen und Antworten veröffentlicht (5).
Damit der Medikationsplan die AMTS (3,4) verbessern kann, muss er aktuell und vollständig sein. Zahlreiche Studien zeigen, dass Medikationspläne oder -listen in der Regel nicht mit der aktuellen Medikation des Patienten übereinstimmen (6 bis 8). In einer kürzlich veröffentlichten Studie, die in deutschen öffentlichen Apotheken durchgeführt wurde, gab es in nur 7 Prozent der Medikationspläne keine Abweichungen von der aktuellen Medikation des Patienten (6).
Der Medikationsplan muss nicht nur aktuell und vollständig sein, sondern auch von Patienten verstanden werden. In mehreren Untersuchungen wurde daher die Verständlichkeit des Medikationsplans bei inzwischen 180 erwachsenen Patienten mit Medikamentenerfahrung (mindestens fünf Arzneimittel in Dauermedikation) untersucht.
In einer Pilotuntersuchung wurde der Medikationsplan in der Version 2.0 an 40 Patienten getestet und ein Instrument zur objektiven Bewertung der Verständlichkeit entwickelt: Evaluation Tool to test the Handling of the Medication Plan (ET-MP) (9). In drei Hauptuntersuchungen wurde die Verständlichkeit des angepassten Medikationsplans inzwischen an weiteren 140 internistischen Patienten mittels des ET-MP untersucht und quantifiziert. Der Schwellenwert, ab der der Medikationsplan als verstanden gewertet wurde, betrug 90 Prozent (10). Die große Mehrheit der befragten Patienten befürwortet den bundeseinheitlichen Medikationsplan. Allerdings erreichten weniger als 50 Prozent einen Score >90 Prozent (10).
Heilberufliche Beratung
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass ein signifikanter Anteil der Patienten mit Polymedikation daher neben der Aushändigung eines vollständigen, aktuellen und einheitlich in Form und Inhalt gestalteten Medikationsplans einer intensivierten heilberuflichen Beratung und Betreuung bedarf. Um diese mündliche Beratung mit einem schriftlichen Dokument zu unterstützen, könnte ein Merkblatt für Patienten hilfreich sein. Wir haben einen Entwurf entwickelt, wie ein solches Merkblatt aussehen könnte. Er ist im Serviceteil der Druckausgabe auf Seite 63 abgedruckt.
Das Merkblatt stellt zunächst den Nutzen des Medikationsplans für den Patienten heraus. Desweiteren wird aufgeführt, wie der Patient helfen kann, den größtmöglichen Nutzen aus dem Medikationsplan zu ziehen. Abschließend werden Inhalte und Bedeutung der Medikationsplan-Felder erläutert, sodass der Patient sich besser auf diesem zunächst ungewohnten Dokument zurechtfindet. Wir schlagen vor, dieses Merkblatt in der Praxis einzusetzen und Akzeptanz sowie Nutzen für Patienten zu untersuchen. /
Literatur bei den Verfassern