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ARMIN-Medikationsmanagement

Ablauf in der Praxis

Seit dem 1. Juli 2016 wird das dritte Modul und Herzstück von ARMIN umgesetzt: das Medikationsmanagement. Dabei wird die Medikation des Patienten gemeinsam von Arzt und Apotheker nach einem strukturierten Prozess analysiert. Zurzeit nehmen rund 7000 Patienten teil.
Dirk Klintworth
Uta Müller
Martin Schulz
11.12.2020  14:00 Uhr

Die Arzneimittelinitiative Sachsen-­Thüringen (ARMIN) ist ein Modellvorhaben auf der gesetzlichen Grundlage von § 63 SGB V, in dem das ABDA/KBV-Konzept mit den drei Modulen Wirkstoffverordnung, Medikationskatalog und Medikationsmanagement erstmalig umgesetzt wird. Vertragspartner sind die Kassenärztlichen Vereinigungen Sachsen und Thüringen, die Landesapothekerverbände Sachsen und Thüringen sowie die AOK PLUS. ABDA und KBV begleiten ARMIN beratend.

Das wichtigste Modul zur Erhöhung der Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) ist das Medikationsmanagement, bei dem, auf der Basis einer Medikationsanalyse, die gesamte Medikation eines Patienten, einschließlich der Selbstmedikation, wiederholt geprüft wird. Es kann seit dem 1. Juli 2015 von Versicherten der AOK PLUS in teilnehmenden Arzt­praxen und Apotheken in Sachsen und Thüringen in Anspruch genommen werden. Zurzeit nehmen rund 7000 Patienten am ARMIN-Medikationsmanagement teil.

Es richtet sich an Patienten, die dauerhaft fünf oder mehr systemisch wirkende Arzneimittel anwenden. Der Patient schreibt sich bei seiner betreuenden Apotheke und bei dem Arzt ein, der für die Koordination seiner Gesamt­medikation verantwortlich ist. In der Regel ist dies der Hausarzt. Die Ansprache des Patienten kann sowohl durch den Arzt als auch den Apotheker erfolgen. Die AOK PLUS stellt den ARMIN-Leistungserbringern eine Liste mit potenziellen Teilnehmern für das Medikationsmanagement zur Verfügung. Diese Liste versteht sich als Orientierungshilfe für die Ansprache; Ärzte und Apotheker haben die Möglichkeit, auch Patienten einzuschreiben, die nicht auf dieser Liste stehen.

Im Medikationsmanagement sind Arzt und Apotheker gleichberechtigte Partner mit definierten Aufgaben und klar voneinander abgegrenzten Verantwortlichkeiten. Dies soll Unklarheiten und potenzielle Konflikte sowie Ineffizienzen durch doppelt erbrachte Leistungen und Patientenirritation verhindern. Sämtliche Inhalte des Moduls wurden konsentiert und vertraglich geregelt.

Die Medikation des Patienten wird im Medikationsmanagement gemeinsam von Arzt und Apotheker nach einem strukturierten Prozess analysiert (siehe Abbildung) und auf dieser Basis ein Medikationsplan (MP) für den Patienten erstellt.

Der erste Schritt ist immer die Erfassung der Gesamtmedikation in der Apotheke. Der Apotheker vereinbart mit dem Patienten einen Termin und bittet ihn, seine gesamten Arzneimittel und, falls vorhanden, seinen aktuellen MP mitzubringen (»Brown Bag Review«). Vorbereitend erstellt der Apotheker eine Medikationsliste aus einer bereits bestehenden Medikationsdatei der Apotheke und den Abrechnungsdaten der Krankenkasse. Im Rahmen des Patientengespräches erfasst er sämtliche vom Patienten mitgebrachten Arzneimittel der Akut-, Dauer- und Bedarfsmedikation, unabhängig ob ärztlich verordnet oder selbst gekauft, und gleicht diese mit der vorbereiteten Medikationsliste ab. Sich ergebende Differenzen versucht der Apotheker zunächst mit dem Patienten zu klären. Auf Basis eines Gesprächsleitfadens werden die Arzneimittelanwendung ­inklusive der vom Patienten ange­ge­benen Dosierung, mögliche Anwendungsprobleme sowie Kenntnisse des Patienten zum Einnahmegrund angesprochen. Auch Hinweise auf Nebenwirkungen, Probleme der Einnahme- beziehungsweise Therapietreue und zur Zufriedenheit mit der Arzneimitteltherapie werden gesammelt.

Nach dem Patientengespräch wird eine pharmazeutische AMTS-Prüfung analog der Leitlinie »Medikationsana­lyse« der Bundesapothekerkammer durchgeführt. Diese umfasst die systematische Prüfung auf möglicherweise vorliegende arzneimittelbezogene Probleme (ABP).

Zeitkritische Interventionen erfolgen direkt mit dem behandelnden Arzt. Die relevanten Ergebnisse der pharmazeutischen AMTS-Prüfung werden gemeinsam mit dem vorläufigen MP elektronisch dem mitbetreuenden Arzt zur weiteren Bearbeitung zur Verfügung gestellt.

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