Kein Ende in Sicht |
18.07.2018 10:29 Uhr |
Von Jennifer Evans, Berlin / Trotz der Bemühungen der Verteidigung wird das Verfahren gegen Ex-ABDA-Sprecher Thomas Bellartz und IT-Experte Christoph H. weder ausgesetzt noch eingestellt. Stattdessen will das Gericht im Strafprozess noch mehr Beweise erheben. Dem Zeugen spielte das Gedächtnis einen Streich.
In der vergangenen Woche fand der 21. und 22. Verhandlungstag vor dem Berliner Landgericht statt. Der Vorsitzende Richter verkündete einen lang erwarteten Beschluss: Es wird keine Aussetzung und auch keine Einstellung des Verfahrens geben. Das hatte die Verteidigung bereits vor Wochen beantragt, nachdem sich herausgestellte hatte, dass in der Verfahrensakte Dokumente fehlten und das Landeskriminalamt (LKA) daraufhin mehr als 1000 E-Mails nachreichen musste.
Nachlässigkeit der Polizei
Verfahrensakte zunächst unvollständig: Mehr als 1000 E-Mails musste das Landeskriminalamt nachreichen. Mittlerweile ist das neue Material laut Gericht gesichtet.
Foto: iStock/fatido
In ihrer Begründung gab die Strafkammer zu, dass die Akte an einigen Stellen lückenhaft gewesen sei sowie einige der E-Mails inhaltlich durchaus auffällig waren. Die Fehlerhaftigkeit der Akte führt der Vorsitzende Richter jedoch auf Nachlässigkeit der Polizei zurück. Und dieser Umstand reiche nicht aus, um das Verfahren auszusetzen oder einzustellen, betonte er. Die neu aufgetauchten Korrespondenzen stehen seiner Ansicht nach einer gerechten Beurteilung nicht entgegen. Zudem hält er die Pausen zwischen den vorangegangenen Verhandlungstagen für ausreichend lang, sodass das nachgereichte Material gesichtet werden konnte. Ähnlich hatte zuvor der Staatsanwalt argumentiert. Die Ermittlungsbehörden hätten das Verfahren in angemessener Weise dokumentiert und ihren Beurteilungsspielraum weder bewusst noch willkürlich überschritten. Ein schweres Verfahrenshindernis sah er im Gegensatz zu den Rechtsanwälten nicht.
Die Kammer lehnte zudem den Antrag von Bellartz' Verteidiger, Professor Carsten Wegner, ab. Er wollte das Verfahren gegen seinen Mandanten von dem gegen den mitangeklagten H. abtrennen. Die Richter bemerkten, dass sie es nicht wie die Verteidigung für abschlussreif erachten und noch weitere Beweise erheben wollen. Schon seit Januar 2018 müssen sich Bellartz und H. dafür verantworten, zwischen 2009 und 2012 gemeinsam Daten aus E-Mail-Postfächern aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) ausgespäht zu haben.
Am 22. Verhandlungstag musste dann der seinerzeit leitende Ermittler zum dritten Mal als Zeuge aussagen. Er gab zu, dass es Abweichungen zwischen seinen vorangegangenen Aussagen, der Ermittlungsakte und seiner Erinnerung gibt. Der Fall sei einfach zu lange her, sagte er. Während seiner Vernehmung versuchte er nun, diese Diskrepanzen aus dem Weg zu räumen. Zunächst stellte er klar, dass er erst relativ spät für die Aktenführung verantwortlich war. Da die Inhalte zuvor nicht einheitlich organisiert gewesen seien, tauchten darin Dokumente doppelt oder auch gar nicht auf.
Verfahren gegen die ABDA
Befragt wurde der Kriminaloberkommissar auch zum damals parallel laufenden Verfahren gegen die ABDA wegen des Verdachts auf Untreue. Früher hatte der Zeuge gesagt, dass die ABDA weder Teil seines Verfahrens war, noch dass er selbst gegen die Bundesvereinigung ermittelt habe. Auf Nachfrage ergänzte er nun doch noch ein Detail. Demnach hat er seinerzeit den Kollegen, die beim LKA mit dem ABDA-Fall befasst waren, Teile seiner Ermittlungen zur Ansicht gegeben. Seines Wissens nach ist auch eine Durchsuchung dort diskutiert worden. Ob es tatsächlich dazu kam, wisse er nicht.
Aus dem Weg räumte der Zeuge außerdem den vormals erweckten Eindruck, es hätte während der Ermittlungen Missstimmungen zwischen Ermittlern, BMG und Staatsanwaltschaft gegeben. Im Gegenteil: Klärende Gespräche hätten dazu beigetragen, dass die Zusammenarbeit rückblickend sogar gut gelaufen sei.
Am 27. Juli geht die Hauptverhandlung in die nächste Runde. Weitere Termine sind nun bis in den November festgesetzt. /