Schlagabtausch vor Gericht |
15.08.2018 10:03 Uhr |
Von Jennifer Evans, Berlin / Im Prozess um einen vermeintlichen Datenklau im Bundesgesundheitsministerium wollten die Richter am Montag über Anträge der Verteidigung entscheiden. Fast hätte die Zeit dazu nicht mehr gereicht, weil es in dem Verfahren gegen Ex-ABDA-Sprecher Thomas Bellartz und Systemadministrator Christoph H. zum Schlagabtausch kam.
Am 24. Verhandlungstag vor dem Berliner Landgericht wollte der Vorsitzende Richter damit beginnen, diverse Beschlüsse vorzutragen. Doch nachdem der Staatsanwalt seine Stellungnahme verlesen hatte, reagierte Bellartz' Rechtsanwalt Professor Carsten Wegner prompt darauf. Der Zeitplan geriet durcheinander und der Richter bat schließlich Verteidiger und Staatsanwalt, weitere Anmerkungen auf den nächsten Sitzungstermin am 24. August zu verschieben.
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Staatsanwalt Holger Brocke, der auch dieses Mal für seinen Kollegen Roland Hennicke einsprang, lehnte das »Auskunftsbegehren der Verteidigung« ab. Das Gericht habe vor Urteilsverkündung keine Hinweispflicht, solange sich nichts an den Vorwürfen ändere, betonte er. Die Verteidigung könne später von ihrem Recht auf Revision Gebrauch machen. Wegner hatte wissen wollen, um welche personenbezogenen Daten und E-Mails es bei den vermeintlich zwischen den beiden Angeklagten übergebenen Informationen konkret gehe. Bellartz und H. wird vorgeworfen, zwischen 2009 und 2012 Daten aus E-Mail-Postfächern von Mitarbeitern des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) ausgespäht zu haben.
Darüber hinaus lehnte Brocke die von Wegner beantragte Vernehmung von Hennicke sowie weiteren Beamten aus Ermittlerkreisen ab. Für ihn liege der Schluss nahe, die Verteidigung verfolge »prozessfremde Ziele«. Wegner feuerte zurück. Sein Mandant und er würden diskreditiert, um vom Fehlverhalten der Behörden abzulenken. Auch kritisierte der Anwalt, dass Brocke keine Anhaltspunkte ermittlungsbehördlichen Fehlverhaltens sehen wolle. Gemeint ist etwa, dass erst während des Prozesses bekannt geworden war, dass etliche E-Mails nicht in der Akte gelandet waren. Das Verfahren wäre längst vorbei, meinte Wegner, würden sich die Staatsanwälte mit den Inhalten des Falls richtig auskennen. Das trifft seiner Auffassung nach weder auf Brocke noch auf Hennicke zu. Schließlich regte der Verteidiger ein sogenanntes Rechtsgespräch an, um prozessuale Probleme zu diskutieren.
Zum Schluss verlas der Vorsitzende Richter doch noch die Beschlüsse und lehnte etwa Nachforderungen von BMG-Dokumenten, die Zuziehung eines IT-Sachverständigen sowie die Befragung neuer Zeugen, unter anderem vom Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels, ab. Mit Blick auf »Schuld oder gegebenenfalls für die Rechtsfolgenfrage« versprechen sich die Richter nichts davon. /