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AOK-Rabattausschreibung

Nach dem Vertrag ist vor dem Vertrag

28.06.2011  18:01 Uhr

Von Martina Janning, Berlin / Die Allgemeinen Ortkrankenkassen (AOK) bereiten die Ausschreibung für die nächste Rabattrunde vor. Sie sehen ihre Rabattverträge als Erfolgsmodell. Die Kassen sparten enorm und Patienten müssten weniger Wechsel bei ihren Medikamenten hinnehmen.

Die sechste Rabattrunde ist gerade erst im Juni gestartet, da arbeiten die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) schon an der nächsten Rabattausschreibung. Im März 2012 soll die siebte Rabattrunde an den Start gehen. Etwa 100 verschiedene Wirkstoffe werde sie umfassen, sagte AOK-Chefunterhändler Christopher Hermann in Berlin.

Die geplanten Rabattverträge werden dem AOK-System noch höhere Einsparungen bringen als die vierte Tranche, die sie ersetzen sollen, erklärte Hermann. Es kämen einige interessante Wirkstoffe neu im Generikamarkt hinzu, weil Patente auslaufen. Die vierte Tranche läuft seit April vergangenen Jahres und bringt der AOK nach eigenen Angaben ein Sparvolumen von insgesamt 199 Millionen Euro.

 

Die Einsparungen bei den Generika, betonte Hermann, trügen dazu bei, dass die AOK in diesem Jahr garantiert ohne Zusatzbeiträge auskomme. Das erste Quartal hatte die AOK mit einem Plus von 672 Millionen Euro abgeschlossen. Das eingesparte Geld könnte die AOK für neuartige Versorgungsformen wie etwa die hausarztzentrierte Versorgung investieren.

 

Hermann stellte heraus, dass die Rabattverträge einen enormen Wettbewerb in den Generikamarkt gebracht hätten. Das »Hochpreiskartell« sei gebrochen, sagte der Vizechef der AOK Baden-Württemberg. Für die sechste Rabattrunde, die am 1.Juni begonnen hat, haben die Ortskrankenkassen die Bedingungen für die Ausschreibungen geändert. Durch die »offene Gestaltung« wolle die AOK die Interessen mittelständischer und kleiner Pharmafirmen besser berücksichtigen, erklärte Hermann mit Blick auf den oft geäußerten Vorwurf, dass die Rabattverträge mittelstandfeindlich seien. »Wir haben die Zahl der Gebietslose pro Wirkstoff von fünf auf sieben erhöht.«

 

Außerdem hätten Pharmaunternehmen zum ersten Mal auch für Arzneimittel ein Rabattangebot abgeben können, das sie noch nicht am Markt haben. Die Hersteller, die einen Zuschlag bekommen, hätten »einen enormen Umsatz für zwei Jahre«, sagte Hermann. Um Preisdumping zu verhindern, prüfe die AOK jedes Rabattangebot auf seine Plausibilität. Hermann: »Dumpingangebote schließen wir aus.«

WIdO-Studie: Rabattverträge verbessern Therapietreue

PZ / Mit langfristig angelegten Rabattverträgen erspart die AOK ihren Versicherten unnötige Präparatewechsel – das ist zumindest das Ergebnis einer Analyse des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO). Die Versorgungsforscher werteten dazu nach eigener Aussage 32 Millionen Patientenprofile aus den Jahren 2006 und 2010 aus – also vor und nach Einführung der Rabattverträge im April 2007. »2006 musste noch nahezu jeder dritte chronisch kranke Patient mindestens einmal im Jahr das Medikament wechseln«, erläutert Helmut Schröder, stellvertretender Geschäftsführer des WIdO. »Nach der Einführung der AOK-Verträge mit nur einem Vertragspartner pro Wirkstoff waren knapp 80 Prozent der chronisch Kranken dauerhaft auf ein Produkt eingestellt.« Das ist allerdings kein Wunder: Das WIdO wertete nur Daten aus dem Jahr 2010 aus, das mitten in die dritte Rabattvertragsrunde fiel. Den möglichen Präparatewechsel beim Übergang von einem Rabattvertrag zum anderen hatten die Patienten da bereits hinter sich beziehungsweise den nächsten in 2011 noch vor sich. Daher kann die Aussage »dauerhaft« anhand der erhobenen Daten nur für 12 Monate getroffen werden. /

Nach Auffassung des AOK-Chefunterhändlers bringen die AOK-Rabattverträge eine hohe Kontinuität in der Arzneimittelversorgung. Früher hätte es ein »Hopping« zum jeweils preiswertesten Arzneimittel gegeben. Rabattverträge mit zwei Jahren Laufzeit hingegen vermieden einen häufigen Wechsel der Medikamente. Das zeige eine Analyse des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) (siehe Kasten).

 

Freude über Rohrkrepierer

 

Demnach führen Rabattverträge nicht zu einem häufigerem Medikationswechsel und haben daher keine Auswirkungen auf die Compliance oder die Nebenwirkungen einer Therapie. Vielmehr verhinderten Rabattverträge einen häufigen Wechsel der Arzneimittel, der sich durch zweiwöchentliche Preisanpassungen im Generikamarkt oder bei Non-Exklusivität der Rabattpartner ergeben könne. Zu der Mehrkostenregelung merkte Hermann an, dass Versicherte sie nicht annähmen. Bis zum Stichtag 10. Juni 2011 hätte diese Regelung nur 803 Rezepte von 15 Millionen Rezepten insgesamt in Baden-Württemberg betroffen. »Zum Glück ist die Mehrkostenregelung ein Rohrkrepierer«, erklärte Hermann. /

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