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Freizeitsportler

Die Gefahren des Anabolikakonsums

22.06.2016  08:53 Uhr

PZ / Anabolika, die im Internet und zum Teil auch in Fitness­studios illegal angeboten werden, können dem Körper schwere Schäden zufügen. Den Anwendern drohen Thrombosen und Schlaganfälle sowie Störungen der Organfunktionen von Herz, Leber und Nieren, warnen Experten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE).

Doping mit Anabolika, genauer mit anabolen androgenen Steroiden (AAS), ist weitverbreitet. Nicht nur Leistungssportler greifen zu den illegalen Substanzen, um sich einen Vorteil zu verschaffen. Auch Freizeitsportler und Bodybuilder nutzen sie, um den Muskelaufbau im Fitnessstudio zu beschleunigen. Anabolika können gespritzt oder geschluckt werden, es gibt sie als Creme oder Gel für die Haut oder auch als Pflaster. Hormonexperten wie Professor Dr. Eberhard Nieschlag, ehemaliger Direktor des heutigen Centrums für Reproduktionsmedizin und Andrologie am Universitätsklinikum Münster, bezeichnen die Mittel auch als »Performance and appearance enhancing drugs«, kurz PEAD.

»Die Einnahme wird häufig bagatellisiert«, sagt Nieschlag. »Im Leistungssport wird Doping vor allem als Verstoß gegen die Fairness geahndet. Freizeitsportler haben also vermeintlich wenig zu befürchten.« Dass dies ein gefährlicher Irrtum ist, zeigen immer wieder Todesfälle von Freizeitsportlern, die nach der langjährigen und hoch dosierten Einnahme von Anabolika in jungen Jahren an Herzversagen gestorben sind. Todesursache war meistens eine Erkrankung des Herzmuskels, eine Herzrhythmusstörung oder ein Herzinfarkt. »Die Pathologen finden bei der Autopsie oft eine ausgedehnte Verkalkung der Blutgefäße«, berichtet Nieschlag. »In den Herzkranzgefäßen kann dies einen Herzinfarkt auslösen.«

 

Anabolika verschlechtern außerdem die Fließeigenschaften des Blutes. Sie steigern die Bildung von roten Blutzellen im Knochenmark. »Der gewünschte Effekt ist eine Verbesserung der Sauerstoffversorgung im Gewebe«, so der Hormonexperte. Es bestehe jedoch die Gefahr, dass der Blutfluss zum Stehen kommt und sich Blutgerinnsel bilden. »Im Gehirn hat das einen Schlaganfall, in den Lungen eine Lungenembolie und in den Beinen eine Thrombose zur Folge«, so Nieschlag. Die meisten Anabolika werden in der Leber abgebaut. Bei häufiger Einnahme begünstigen Anabolika eine Fettleber, bei einer Überdosis kann es zum Leberversagen kommen. Manche Substanzen sind lebertoxisch. Typische Folgen des Konsums sind Cholestase (Gallenstauung), hepatische Peliose, Leberadenom und -karzinom, heißt es in einem Review von Nieschlag aus 2015 (»Endocrine and Metabolic Disorders«, DOI: 10.1007/s11154-015-9320-5).

 

Depressionen als Folge

 

Die Psyche verändert sich ebenfalls. »Anabolika-Anwender sind häufig leicht erregbar und aggressiv. Sie neigen zur Selbstüberschätzung oder entwickeln sogar psychotische Symptome«, berichtet der Experte. Die Kehrseite dieser manischen Hochgefühle sind starke Depressionen, unter denen Anabolika-Anwender nach dem Absetzen über viele Jahre leiden können.

 

»Die meisten Menschen, die PEAD einnehmen, sind sich der gesundheitlichen Risiken nicht bewusst, die häufig noch durch die Kombination verschiedener Präparate gesteigert werden«, sagt Professor Dr. Matthias Weber, Leiter des Endokrinen und Neuroendokrinen Tumorzentrums der Johannes- Gutenberg-Universität Mainz. Der Mediensprecher der DGE sieht hier die Nationale Anti-Doping-Agentur NADA gefordert. Es reiche nicht aus, nur vor der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln im Sport zu warnen. »Die NADA sollte auch deutlich vor den gesundheitlichen Risiken von PEAD warnen«, sagt Weber. »Freizeitsportler sind hier stärker gefährdet, da sie keinen Kontrollen unterliegen und häufig sogar größere Mengen einnehmen als die Profis.« /

Anabolika

Anabole androgene Steroide sind die am häufigsten zur Leistungssteigerung verwendeten Substanzen überhaupt. Weltweit liegt die Lebens­­zeit-Prävalenz für den Konsum bei 6,4 Prozent für Männer und 1,6 Prozent für Frauen. Am häufigsten werden Nandrolon, Metandienon, Stanozolol und Metenolon verwendet.

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