Entlastung für säumige Zahler |
26.07.2013 10:37 Uhr |
Von Stephanie Schersch / Menschen ohne Versicherungsschutz können künftig leichter in eine Krankenkasse zurückkehren. Darüber hinaus soll der Strafzins für finanziell überforderte Kassenmitglieder deutlich fallen. Das hat der Bundestag vergangene Woche in Berlin beschlossen. SPD und Linkspartei halten die neuen Regelungen für ungerecht.
Der Bundestag hat das sogenannte Gesetz zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden vergangene Woche mit den Stimmen aus Union, FDP und Grünen auf den Weg gebracht. Wer nicht versichert ist und sich bis zum Ende des Jahres bei einer Kasse meldet, dem werden demnach die Beitragsschulden vollständig erlassen.
Raus aus der Schuldenfalle: Versicherte mit Beitragsrückständen sollen deutlich entlastet werden.
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Diese fielen bislang für den Zeitraum ab Beginn der Versicherungspflicht 2007 bis zum Eintritt in eine Krankenkasse an. Wer sich erst nach dem Stichtag 31. 12. zum Kasseneintritt entschließt, soll eine Ermäßigung auf die Nachzahlung bekommen. Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung soll bis zum 15. September einheitliche Regeln für den Schuldenerlass ausarbeiten, die dann für alle Kassen gelten.
Darüber hinaus müssen gesetzlich Versicherte, die ihre Beiträge zuletzt nicht mehr aufbringen konnten, künftig nur noch 1 statt wie bislang 5 Prozent Zinsen pro Monat auf ihre Schulden zahlen. Dieser reduziere Säumniszuschlag gilt auch rückwirkend, sodass sämtliche Forderungen aus dem erhöhten Zins entfallen. Das Gesetz sei für die betroffenen Menschen eine große Erleichterung, sagte Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP). Zwar könne man zu Recht erwarten, dass jeder seine Beiträge zur Krankenversicherung zahlt. Einige Menschen seien aber in eine Notlage geraten. »Wir helfen denjenigen, die aus den Beitragsschulden nicht mehr rauskamen.«
Basis-Schutz im Sondertarif
In der Privaten Krankenversicherung sollen Beitragsschuldner finanzielle Engpässe in einem sogenannten Notlagentarif überbrücken können. Dieser deckt als eine Art Basis-Schutz Behandlungen im akuten Krankheitsfall ab. Werden alle ausstehenden Beiträge gezahlt, soll der Versicherte wieder in seinen ursprünglichen Tarif zurückkehren können.
SPD und Linkspartei enthielten sich bei der Abstimmung im Bundestag. Die Linken-Gesundheitsexpertin Kathrin Vogler nannte die geplanten Regelungen »nicht wirklich gerecht«. So würden zwar Menschen, die trotz Versicherungspflicht seit 2007 bislang kein Mitglied in einer Krankenkasse seien, deutlich entlastet. Wer sich hingegen gesetzeskonform verhalten und rechtzeitig versichert habe, aber nicht zahlen konnte, müsse gegebenenfalls viel Geld nachzahlen, so Vogler. Die Linkspartei kritisierte auch den PKV-Notlagentarif, da dieser lediglich Akutbehandlungen abdecke.
Aus Sicht des gesundheitspolitischen Sprechers der SPD, Karl Lauterbach, greift das Gesetz insgesamt zu kurz. Viele Menschen könnten sich ihre Krankenversicherung schlichtweg nicht leisten und würden damit innerhalb kürzester Zeit abermals Schulden anhäufen. Das Gesetz muss am 5. Juli noch den Bundesrat passieren, das gilt aber als sicher. /