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Vitamin D

Mehr als gesunde Knochen

09.06.2015  15:27 Uhr

Die positive Wirkung von Vitamin D auf die Calcium- und Phosphat-Homöostase und damit auf den Knochen ist unumstritten. Ob ein Vitamin-D-Mangel im Zusammenhang mit Krankheiten wie Krebs oder kardiovaskulären Erkrankungen steht, wird unter Medizinern kontrovers diskutiert.

Vitamin D ist ein Sonderling unter den Vitaminen. Es kann nicht nur mit der Nahrung aufgenommen, sondern auch in der Haut unter dem Einfluss von Sonnenlicht gebildet werden. Beschrieben wird der Vitamin-D-Status durch den Serumspiegel von Calcidiol (25-Hydroxy­vitamin D3), einer inaktiven Vorstufe von Vitamin D, erläuterte Professor Dr. Burkhard Kleuser von der Universität Potsdam. Dieser soll einer Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) zufolge 50 nmol/l betragen. »Kinder und Erwachsene müssten für eine solche Serumkonzentration unter Annahme einer fehlenden Eigensynthese durch die Haut etwa 20 µg (800 I.E.) Vitamin D pro Tag zuführen«, so Kleuser.

 

Fetter Fisch, Leber und Pilze

 

Über die Ernährung ließen sich nur etwa 10 bis 20 Prozent des täglichen Vitamin-D-Bedarfs decken, sagte Kleuser. Denn nur wenige Lebensmittel enthalten bedeutende Mengen an Vitamin D, darunter Fettfische wie Hering oder Lachs, Leber und Pilze. Viel bedeutender sei daher die Eigen­synthese in der Haut. »Um 10 µg Vit­amin D zu bilden, muss sich ein Mensch je nach Hauttyp in den Sommermonaten mit einem Viertel unbedeckter Haut zur Mittagszeit drei bis fünfzehn Minuten in der Sonne aufhalten«, verdeutlichte Kleuser. Personen mit dunkler Hautfarbe, Menschen, die sich wenig im Freien aufhalten und Ältere bilden endogen weniger Vitamin D. Für diese Personen könne daher die Einnahme eines Vit­amin-D-Präparats sinnvoll sein.

 

Die Bedeutung von Vitamin D bei der Regulation des Calcium- und Phosphathaushalts und damit beim Knochenaufbau ist bereits lange bekannt. Ein guter Vitamin-D-Status vermindere bei Senioren das Risiko von Stürzen, Knochenbrüchen, eines Kraftverlusts sowie Mobilitäts- und Gleichgewichtseinbußen, führte Kleuser aus. Studien belegen für Senioren ebenso eine verringerte Mortalität. Neben dem Knochenaufbau ist Calcitriol, der aktive Metabolit von Vitamin D, zudem an vielen weiteren Stoffwechselfunktionen beteiligt. »Die Substanz reguliert die Funktion von schätzungsweise mehr als 6000 Genen«, so Kleuser.

 

So sei es nicht verwunderlich, dass Wissenschaftler bei vielen weiteren Erkrankungen einen Zusammenhang mit dem Vitamin-D-Status vermuten. In einer Metaanalyse korrelierte die Sterblichkeit an kardiovaskulären Erkrankungen mit einem niedrigen Vit­amin-D-Spiegel, und zwar unabhängig davon, ob die Probanden bereits zu Studienbeginn ein Herzleiden aufwiesen, oder ob sie erst im Laufe der Beobachtungszeit erkrankten, sagte Kleuser. Bei Tumorerkrankungen war die Mortalität bei Vitamin-D-Mangel hingegen nur bei Patienten erhöht, die bereits vor Studienbeginn an Krebs erkrankt waren. »Das könnte darauf hindeuten, dass Vitamin D zwar keinen Einfluss auf die Entstehung einer Krebserkrankung hat, aber eventuell die Tumorprogression hemmen kann«, sagte Kleuser.

 

Zurückhaltende Empfehlung

 

Die Frage der Kausalität sei jedoch noch nicht geklärt, betonte er. So könnte ein niedriger Vitamin-D-Spiegel auch einfach auf einen schlechten Gesundheitszustand hindeuten. Bisher hätten Studien keinen Nutzen einer Vitamin-D-Gabe bei Krebs, kardiovaskulären Erkrankungen oder Stoffwechselkrankheiten gezeigt. Die Empfehlungen der DGE fallen mit einer täglichen Zufuhr von 20 µg beziehungsweise einem Serumspiegel von 50 nmol/l daher ziemlich moderat aus. »Hier gibt es noch einen großen Spielraum nach oben«, sagte Kleuser. Wünschenswert seien Serumspiegel zwischen 50 und 150 nmol/l. Studien hätten gezeigt, dass beispielsweise das Sturzrisiko bei Senioren erst ab Konzentrationen von mindestens 60 nmol/l sinkt. Als optimaler Wert für die Knochengesundheit habe sich einer Studie zufolge 75 nmol/l erwiesen. Der von der DGE empfohlene Serumspiegel sei daher kritisch zu beurteilen.

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