Berliner Baustellen im Fokus |
10.06.2015 09:35 Uhr |
Von Verena Arzbach und Sven Siebenand, Meran / Der Kampf für eine bessere Vergütung ist bereits eine Großbaustelle der Apotheker, nun kommt mit dem E-Health-Gesetz eine zweite dazu. Das wurde im Rahmen der berufspolitischen Veranstaltung beim Pharmacon in Meran deutlich. Dort standen ABDA-Präsident Friedemann Schmidt, der Präsident der Bundesapothekerkammer (BAK), Andreas Kiefer, und Fritz Becker, Chef des Deutschen Apothekerverbands (DAV), Rede und Antwort.
»Gesundheitspolitisch ist in Berlin einiges los«, informierte Schmidt. Viele Gesetze seien in den vergangenen Jahren ohne viel öffentliches Aufsehen und relativ geräuschlos durchgesetzt oder auf den Weg gebracht worden. Der Koalitionsvertrag werde mehr oder weniger eins zu eins abgearbeitet. »Die Stimmverteilung in Bundestag und Bundesrat öffnet breites Umsetzungspotenzial«, erläuterte Schmidt. Nach Spargesetzen wie dem Arzneimittelmarkt-Neurordnungsgesetz gebe es zurzeit zum Glück keinen massiven Spardruck. »Das wird aber auch wieder kommen«, goss der ABDA-Präsident Wasser in den Wein.
Standen gemeinsam Rede und Antwort: Fritz Becker, Friedemann Schmidt und Andreas Kiefer (von links).
Foto: PZ/Müller
Wichtige Gesetze
Im Folgenden nannte Schmidt einige geplante Gesetze, die auch auf die Apotheken Auswirkungen haben werden. Dazu zählen allen voran das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG), das voraussichtlich am 1. Januar 2016 in Kraft treten wird und das E-Health-Gesetz, das ebenfalls voraussichtlich im kommenden Jahr wirksam werden wird. Bestandteil des GKV-VSG sind für Apotheker so wichtige Themen wie Krankenkassenabschlag, Entlassmanagement und Retaxationen.
DAV-Chef Becker rechnet endgültig nicht mehr damit, dass die regelmäßige Anpassung des Fixhonorars Einzug in das Versorgungsstärkungsgesetz hält. »Da wird nichts mehr passieren«, sagte er. Becker hob aber hervor, dass es immerhin gelungen sei, den Rabatt, den die Krankenkassen für verschreibungspflichtige Arzneimittel von den Apotheken erhalten, mit dem Gesetz dauerhaft auf 1,77 Euro festzuschreiben. »Dass das Fixum regelmäßig überprüft wird, ist das nächste dicke Brett, das wir bohren müssen«, betonte der DAV-Chef.
Schmidt gab zu verstehen, dass man bei der regelmäßigen Anpassung der Fixvergütung nicht stehenbleiben dürfe. Er schlug vor, über das apothekerliche Vergütungssystem als Ganzes nachzudenken. »Wir müssen die Gebührenordnung für Apotheker so gestalten, dass sie zukunftsfähig ist«, sagte Schmidt. Momentan sei das nicht der Fall. Den Wechsel zur Fixvergütung im Jahr 2004 hält Schmidt für richtig. Allerdings müsse überlegt werden, wie das Fixum dynamisiert werden könne und wie im Zuge dessen auch neue Dienstleistungen der Apotheker vergütet werden könnten.
BAK-Präsident Kiefer, betonte, dass auch das Honorar für die Rezepturherstellung zu gering sei. »Die Zuschläge müssen verändert werden.« Gleiches gelte zum Beispiel für den Dokumentations- und Aufbewahrungszuschlag bei Betäubungsmitteln. Viel Arbeit werde investiert, um auch bei diesen Forderungen der Apotheker voranzukommen.
Kritik am Medikationsplan
Harsche Kritik gab es von den Verbandsvorsitzenden für den Entwurf des E-Health-Gesetzes. »Der Entwurf ist für die Apotheker vollkommen unbefriedigend«, sagte Schmidt. Er schloss sich damit der Kritik von BAK-Präsident Kiefer an, der den Gesetzentwurf bereits in seiner Eröffnungsrede beim Pharmacon als »Gesetz zulasten Dritter« bezeichnet hatte.
Kernstück der Kritik ist der im Entwurf vorgesehene Medikationsplan, den Kiefer als »Etikettenschwindel« bezeichnet hatte. Der Arzt soll diesen Plan zunächst in Papierform auf Honorarbasis erstellen. Der Apotheker dürfe diesen zwar ergänzen, beispielsweise mit den Arzneimitteln aus der Selbstmedikation, eine Honorierung soll es dafür jedoch nicht geben, kritisierte Schmidt. Hier habe es sich der Gesetzgeber viel zu einfach gemacht.
Wenig durchdacht
Der Entwurf sei wenig durchdacht. »Der Hausarzt druckt einen Medikationszettel aus, er wird sich aber vermutlich nicht die Mühe machen, die Medikation von Fachärzten und OTC-Arzneimittel zusätzlich einzutragen«, sagte der ABDA-Präsident. Der Apotheker habe dann die undankbare Aufgabe, den Medikationsplan zu überprüfen und zu ergänzen. »Wenn man uns Apotheker dabei haben will – nur mit Honorierung«, stellte Schmidt klar. »Es muss deutlich sein, dass wir für diese Aufgabe sonst nicht zur Verfügung stehen.« Eine strukturierte Zuständigkeit müsse spätestens zur Einführung des elektronischen Medikationsplans geregelt sein, der mittelfristig auf der elektronischen Gesundheitskarte der Patienten hinterlegt werden soll, forderte Schmidt.
Prinzipiell begrüßte der ABDA-Präsident ebenso wie Kiefer, dass der Gesetzentwurf Vorgaben enthält, die die Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) verbessern sollen. »Positiv ist, dass der Medikationsplan überhaupt im Gesetzentwurf auftaucht«, sagte Kiefer. Die Aufstellung werde die Versorgungssituation verbessern. Aber ein Medikationsplan ohne eine Medikationsanalyse oder ein Medikationsmanagement sei wertlos. »Einen Medikationsplan schreiben kann jeder, Medikationsanalyse und -management aber nur der Apotheker«, so Kiefer. Man sollte es daher von Anfang an richtig machen. Ansonsten könne hier ein sehr wertvolles Instrument verbrannt werden.
Ende der Fahnenstange
Der BAK-Präsident zeigte sich aber davon überzeugt, dass das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht sei und der Gesetzentwurf noch einmal überarbeitet werden könnte. »Ich gehe davon aus, dass wir hinsichtlich des Medikationsplans Verantwortung tragen werden.« Auch der DAV-Vorsitzende Becker ist optimistisch. Im Rahmen der Arzneimittelinitiative Sachsen-Thüringen habe man schon viel erreicht. Die Apotheker seien auf dem richtigen Weg. »Wir müssen kämpfen, wir können sicherlich noch etwas bewegen«, so Becker. /