G-BA setzt sich vor Gericht durch |
02.06.2015 09:56 Uhr |
Von Stephanie Schersch / Krankenkassen sollen die Kosten für eine Behandlung mit Gliniden künftig nur noch in Ausnahmefällen übernehmen. Das hatte der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) bereits im Jahr 2010 entschieden. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hatte den Beschluss jedoch gestoppt – zu Unrecht, wie jetzt das Sozialgericht Berlin-Brandenburg entschied.
Der Streit um die Glinide reicht bereits mehrere Jahre zurück. Im Juni 2010 hatte der G-BA entschieden, die Antidiabetika Netaglinid und Repaglinid aus dem Leistungskatalog der Krankenkassen auszuschließen. Hintergrund waren Zweifel an der Wirksamkeit der Präparate gewesen. Der G-BA hatte keinen Beleg für den Nutzen der beiden Wirkstoffe in der Behandlung von Typ-2-Diabetikern gesehen. Einzige Ausnahme waren Patienten mit schweren Nierenfunktionsstörungen – für sie sollten die Kassen Repaglinid weiterhin bezahlen.
Der G-BA bezweifelt den Nutzen von Gliniden in der Diabetestherapie.
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Das BMG konnte die Zweifel des G-BA nicht nachvollziehen und hatte eine genauere Begründung für den Verordnungsausschluss verlangt. Im Februar 2011 hatte das Ministerium die Entscheidung beanstandet und bemängelt, es fehlten Belege dafür, dass die Behandlung mit Gliniden unwirtschaftlich oder nicht zweckmäßig sei. Der Beschluss des G-BA liegt seither auf Eis.
Gegen den Einspruch des BMG wehrte sich der Gemeinsame Bundesausschuss und zog vor Gericht. Vergangene Woche nun gab das Sozialgericht Berlin-Brandenburg dem G-BA Recht. Aus Sicht der Richter ist die Kritik des Ministeriums schon aus rein formellen Gründen rechtswidrig. Demnach hat das BMG seine Beanstandung schlichtweg zu spät vorgebracht und die geltende Frist von zwei Monaten nicht eingehalten. Das Ministerium habe versucht, den Einspruch bis nach Inkrafttreten des Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetzes im Januar 2011 hinauszuzögern, kritisierte das Gericht. Nun hat das BMG die Möglichkeit, Revision beim Bundesozialgericht einzulegen.
Die Glinide werden voraussichtlich bald nicht mehr regulär zulasten der Krankenkassen verordnet werden können. Bereits im Jahr 2013 hatte der G-BA angekündigt, Nateglinid und Repaglinid ein weiteres Mal ins Visier nehmen zu wollen. Anfang 2014 hatte er die Hersteller schließlich aufgefordert, ergänzende versorgungsrelevante Studien vorzulegen. Anhand dieser Daten wollte der G-BA erneut den Nutzen beider Wirkstoffe prüfen.
Frist verstrichen
Den Herstellern hatte der G-BA zunächst eine Frist von zwölf Monaten gesetzt, diese Zeit haben sie offenbar nicht genutzt: Kein Unternehmen habe innerhalb der Frist nachgewiesen, dass er mit entsprechenden Studien begonnen habe, heißt es beim G-BA. Aus Sicht des Gremiums sind damit die Voraussetzungen für einen weitgehenden Ausschluss der Glinide aus dem Leistungskatalog erfüllt. Eine Verordnung wäre dann nur noch in Ausnahmefällen möglich. Derzeit läuft ein entsprechendes Stellungnahmeverfahren. /